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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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feucht, wahrscheinlich von dem Tau. Wenn ich mir aus diesen Steinen Linien legte, so war es leicht, den ganzen Grundriß auf dem Boden zu bezeichnen. Ich begann mit dieser Arbeit, die schnell vorwärts ging. Der Haufen wurde kleiner, immer kleiner. Schon schaute die Erde darunter hervor. Da hörte ich es plötzlich klingen. Es war wie Silber oder ein anderes Metall. Ich schaute schärfer hin, und was sah ich liegen? Taler an Taler, ganz eng nebeneinander! Man hatte sie hierher getan und mit Steinen zugedeckt. Du kannst dir denken, daß ich die übrigen Steine nun schnell und sorgfältig entfernte, um keine Münze mit fortzuwerfen. Als ich damit fertig war, funkelte mir der Schatz im Mondschein silbern in die Augen. Ich zählte ihn. Es waren fünfhundert Taler, keiner mehr und keiner weniger. Ich suchte weiter nach. Ich grub sogar in den Boden. Aber ich fand weiter nichts. Da tat ich das Geld in mein Sacktuch und in die Taschen, um es heimzutragen. Ich stieg das Bergle hinab, ging über den Steg und dann über die Wiese, war aber noch nicht ganz hinüber, wer kam mir da entgegen? Der Musterwirt!
    ‚Wo kommst du her?‘ fragte er mich.
    ‚Vom Bergle‘, antwortete ich.
    ‚Was hast du dort so spät zu treiben?‘
    ‚Einen Schatz habe ich gegraben. Musterwirt, das Bergle war dein, von heut' abend aber ist es mein. Hast du dort Geld versteckt?‘
    Er antwortete nicht sogleich. Mir kam es vor, als ob er nicht erstaunt, sondern erschrocken sei. Dann fragte er mich:
    ‚Hast du dort welches gefunden?‘
    ‚Ja.‘
    ‚Wieviel?‘
    ‚Rate es!‘
    ‚Es werden die fünfhundert Taler sein, welche mein Oheim, der frühere Besitzer, während der Revolutionszeit dort versteckt hat, weil er sich vor den Freischärlern fürchtete. Es waren lauter neue Talerstücke, geprägt im Jahre 1846. Er starb noch während der Revolution. Später fand ich einen Zettel in der Bibel, worauf das versteckte Geld verzeichnet war, aber nicht der Ort, wo es lag. Nun kommst du jetzt mitten in der Nacht daher und sagst, du habest es gefunden. Komm zu mir! Es ist mein Eigentum!‘
    ‚Deines? Nein, sondern meines!‘
    ‚Wieso?‘
    ‚Auf dem Dokument steht, daß das Bergle mein volles, unbestrittenes Eigentum sei, so wie es liegt und steht.‘
    ‚Aber doch nicht das Geld!‘
    ‚Das gehört zum Bergle, auf dem es gelegen hat!‘
    Hierauf hat er angefangen zu streiten. Er hat absolut nicht nachgeben wollen, bis ich gesagt habe, daß ich das Geld in das Gericht tragen werde, welches entscheiden möge, wem es gehöre. Da ist er zu meinem Erstaunen plötzlich ganz klein geworden und hat mich um einen Vergleich gebeten. Ich hätte ihm gewiß und gern das ganze Geld gegeben; aber ich weiß nicht, wie es kommt, daß ich nicht an die Geschichte von seinem Oheim glauben kann, der doch gestorben ist, als die Revolution längst vorüber war. Die Sache hat einen Haken, den ich kennenlernen möchte. Das sagte ich ihm ganz offen und ganz ehrlich, worauf er mir den Vorschlag machte, das Geld mit ihm zu teilen. Ich ging einstweilen hierauf ein, sagte ihm aber, daß ich meinen Teil nicht als festes Eigentum, sondern als eine Hypothek auf mein Häusle betrachten werde. Sobald sich der richtige Eigentümer finde und mir beweise, daß er es sei, solle er das Geld zurückerhalten. Dann habe aber auch er seinen Teil herauszugeben. Er gab mir keine Antwort und forderte mich auf, mit zu ihm zu kommen, weil wir hier auf der Wiese doch nicht teilen könnten. Im Gasthof schlief schon alles. Wir waren ganz allein. Als ich ihm seine Hälfte vorzählen wollte, bat er mich um die sämtlichen Stücke. Sie seien noch wie ganz neu, und er liebe neues Geld. Er wolle mir anderes dafür geben. Ich war bereit dazu, und er ging, das andere zu holen. Als ich nun so allein dasaß, kam mir ein Gedanke. Ich traue dem Musterwirt nicht. Ich will den Haken entdecken, den es mit diesem Geld hat. Da darf ich es nicht ganz von mir geben. Ich muß wenigstens einen Teil davon behalten, um es aufzuheben. Darum gab ich ihm dann nur für die zwei Hunderttalerscheine Silber; die übrigen fünfzig Taler aber behielt ich für mich. Er wollte das absolut nicht zugeben, doch ich blieb fest. Er bot mir sogar zehn Taler mehr; ich ging aber nicht darauf ein, weil dieses Verhalten mich nur noch stutziger machte. Als er sah, daß er hieran nichts ändern könne, beruhigte er sich, doch mußte ich ihm Verschwiegenheit geloben. Ich sagte ihm, daß ich vor dir niemals ein Geheimnis haben möge, und er gab diese

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