73 - Der Dukatenhof
genannt. Sie war dem Musteranton schon seit langer Zeit gewogen, aber daß ihr heimlicher Wunsch in der Weise, wie es heute geschehen war, in Erfüllung gehen könne, das hatte sie nicht für möglich gehalten. Sie war mit einem Mal nicht nur Braut, sondern sogar Grundeigentümerin geworden. Konnte man es da für verwunderlich halten, daß der Traum, als sie endlich einschlief, zu ihr trat und ihr die Schublade, von welcher sie gesprochen hatte, mit lauter, lauter, lauter blanken, funkelnagelneuen Talern füllte? Als sie früh erwachte, erinnerte sie sich sogar, daß auch einige sehr, sehr große Papiergelder dabeigewesen seien.
Als sie das während des frugalen Frühstückes erzählte, meinte die Witwe, daß es Träume gebe, welche keine Schäume seien. Und da ging auch schon die Tür auf, und der Anton trat herein.
„So früh?“ fragte Marie staunend. „Es ist erst sieben Uhr!“
„Ja, erst sieben“, nickte er vergnügt. „Am liebsten wäre ich aber schon um zwei oder drei gekommen.“
„Weshalb?“
„Ich wollte gern deine Schublade sehen.“
„Brauchst schon Geld? Ich gebe dir's gern. Wieviel?“
„Mach' nur erst auf. Dann sag ich's dir!“
Sie holte den Schlüssel und öffnete die Kommode, um die Lade aufzuziehen. Da lagen an die fünfzig Taler; sie war davon fast halb voll! Er nahm aber keinen einzigen heraus, sondern er tat das gerade Gegenteil, indem er in seine eigenen Taschen langte und eine Hand voll Silbergeld nach der anderen hervorzog und in die Schublade legte, die fast ganz voll wurde.
„Da hast auch von mir noch fünfzig“, sagte er. „Lauter frische, blanke, funkelnagelneue Taler! Und da sind auch noch zwei Hunderttalerscheine dazu. Deshalb komme ich so früh. Schau her!“
Er zeigte sie ihr und sah ihr dabei mit strahlenden Augen in das erstaunte Angesicht.
„Aber – Anton – das – das – das habe ich – das habe ich ja heute nacht geträumt!“ rief sie aus.
„Ja, das hat sie geträumt“, bestätigte die Witwe, welche sich mit ihren Kindern froh herbeigedrängt hatte. „Und ich habe ihr gesagt, daß derartige Träume in Erfüllung gehen.“
„Den Traum mußt du mir später erzählen, denn jetzt habe ich keine Zeit“, sagte er. „Ich muß mit dem Musterwirt in die Stadt, wo wir den Kauf des Bergle auf dem Amt fertig machen.“
„Er weigert sich also nicht?“ fragte Marie.
„Vielleicht war er es gewillt, aber die Geschichte mit den fünfhundert Talern hat ihn anders gestimmt.“
„Fünfhundert –?“
„Ja. Ich habe ihm versprechen müssen, höchstens dir davon zu erzählen. Gegen andere soll ich schweigen. Komm mit heraus! Da will ich es dir berichten.“
Sie folgte ihm aus der Stube in das Freie, wo er mit ihr einen weichrasigen Feldweg einschlug. Indem sie da nebeneinander hergingen, erzählte er ihr folgendes:
„Als du fort warst, gestern abend, tat ich, was du gesagt hattest: Ich schaute mir das Bergle an und dachte über das Häusle nach. Ich hatte mich grad auf der Stelle niedergesetzt, wo du standest, als du sagtest, daß du mein sein willst. An dieser Stelle wollte ich bleiben. Es stand ein Kräutlein Augentrost da; das pflückte ich mir ab und tat es an die Brust. Hier ist es noch.“
„Und noch nicht verwelkt?“ bemerkte sie errötend.
„Ich habe es dann zu Hause in das Wasser gestellt“, erklärte er. „Als ich so dasaß, lag das Bergle grad vor mir. Wenn ich die Augen öffnete, zeigte es sich mir im klaren Mondschein. Wenn ich sie zumachte, um nachzusinnen, dann sah ich das Häusle. Erst undeutlich. Aber je mehr ich nachdachte, desto deutlicher stand es vor meiner Seele. Endlich sah ich alles ganz bestimmt, das Dach mit dem Schornstein, vorn weit hervorragend, wegen der Sonne und des Regens, das Kämmerle oben und das Stüble unten, daneben der Ziegenstall mit dem Boden für das Winterfutter darüber. Da habe ich gerechnet und gemessen, wie lang und wie breit alles werden soll. Ich bin aufgestanden, um die Front und die Tiefe abzuschreiten, und als ich richtig gewußt habe, da hat es mir keine Ruhe gelassen; es hat mich förmlich gezogen und gestoßen; ich habe über den Steg hinübergemußt und das Bergle hinauf, um zu sehen, ob es nicht wohl gar zu klein ist für die Maße, die ich mir ausgesonnen hatte. Es war ganz hell. Ich konnte jeden Stein und jede Pflanze sehen. Aber ich hatte keinen Pflock und keine Schnur, um richtig auszumessen. Indem ich sann, wie dem abzuhelfen sei, sah ich einen Haufen kleiner Steine. Sie waren
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