80 Tage - Neun Faden - Mary Celeste
, dachte er noch. Ich mache mich hier vor allen Leuten zum Affen.
An dieser Stelle brach sein Gedankenstrom ab. Er kam nicht mehr dazu, sich die schmerzende Stelle an der Schläfe zu reiben, obwohl ihm noch genügend Zeit blieb, den Schmerz zu spüren. Sein Bewusstsein fiel einfach in sich zusammen, und jemand dimmte das Licht ab, bis völlige Dunkelheit herrschte.
Beinahe übergangslos kam er wieder zu sich.
Er war sich bewusst, für einige Zeit weggetreten zu sein, doch sein Gefühl gaukelte ihm vor, es könne sich nur um Sekunden, höchstens um Minuten gehandelt haben. Was ihn wunderte, war, dass die Umgebung sich verändert hatte. Er konnte sich genau erinnern, was ihm zugestoßen war, und war darauf eingestellt, noch immer am Boden zu liegen. Er erwartete, herumstehende Schaulustige aus einer ungewöhnlichen und peinlichen Perspektive sehen zu müssen.
Stattdessen ruhte er auf einer Liege in einem winzigen, länglichen Zimmer, das eine Art Miniatur-Krankenstation sein musste.
„Englisch?“, fragte eine grauhaarige Ärztin oder Schwester. „Holländisch? Französisch?“
„Das kommt ganz darauf an, ob Sie mir einen Whisky, einen Käse oder einen Wein anbieten wollen …“ Sir Darren konnte durchaus witzig sein, vor allem in Situationen wie dieser, wo es niemand von ihm erwartete.
„Also Englisch“, sagte die Weißgekleidete, und der Brite schloss daraus, dass er in seiner Muttersprache geantwortet hatte. Im ersten Moment war ihm das nicht bewusst gewesen.
„Ich fürchte, ich hatte einen Filmriss.“ Er schüttelte sich und ließ die Schultern kreisen, um die Kopfschmerzen zu vertreiben. Dabei fiel ihm auf, dass er ein kleines Pflaster an der linken Schläfe trug, dort, wo der umkippende Bücherständer ihn getroffen hatte. Er befühlte es und drückte darauf herum. Gut – die Schmerzen hielten sich in Grenzen. „Ich bin erfreut, dass ich Ihnen nicht länger zur Last fallen musste. Haben Sie vielen Dank für Ihre schnelle Hilfe. Jetzt muss ich allerdings zu meinem Gate …“
Die Frau sah ihn mit einem Blick an, der ihm nicht gefiel. So blickten Leute regelmäßig in schnulzigen Arztserien, und zwar kurz bevor sie sagten: „Es tut mir leid, aber Sie sind eben erst aus einem dreißigjährigen Koma erwacht. Ihre Jugendliebe ist jetzt eine reife Dame und zum zweiten Mal verheiratet. Ihre Eltern sind beide tot und Ihr jüngerer Bruder auf Drogen. Sie hätten vermutlich verhindern können, dass es so weit mit ihm kam, wenn Sie in der schwierigen Zeit für ihn da gewesen wären, aber … tja … Sie haben es vorgezogen, einfach hier in diesem sauber bezogenen Bett zu liegen und zu schlafen. Immer nur zu schlafen.“
Natürlich sagte sie nichts dergleichen, deshalb fragte er: „Wie lange befand ich mich … in Morpheus’ Armen?“ Gleichzeitig schob er seinen Ärmel zurück und sah auf seine Armbanduhr.
Die Grauhaarige, die einen Blick auf die Wanduhr hinter ihm warf, antwortete: „Eine Stunde, ziemlich genau.“
„Mein Flug nach London!“ Sir Darren richtete sich auf und schwang die Beine herum. Die Bahre war so hoch, dass seine Füße gerade den Boden berührten.
„… hat leider vor zehn Minuten abgehoben.“
„Das ist Pech. Großes Pech.“ Er atmete tief durch und stand auf. Nach dem ersten Schrecken hatte er sich wieder unter Kontrolle. Er ging ein paar Schritte und stellte erleichtert fest, dass sich kein Schwindelgefühl einstellte. Die Frau verfolgte jede seiner Bewegungen, als erwarte sie, ihn gleich wieder zusammenbrechen zu sehen. „Ich brauche den nächsten Flug nach London Heathrow.“
„Das Personal wird dafür sorgen, dass Sie den auch bekommen.“ Sie lächelte ein dienstliches Lächeln, nicht mehr und nicht weniger. „Hier, vergessen Sie Ihr Ticket nicht. Bei Ihrem Sturz ist es Ihnen aus der Tasche gefallen.“
Er nahm die Flugkarte entgegen, die sie ihm reichte, und seine Skepsis zwang ihn dazu, sie genau zu prüfen. Sie war in Ordnung. Man hatte sie nicht ausgetauscht. Vielleicht wünschte er sich, man hätte es getan. Das Ticket war jetzt, wo die Maschine in der Luft war, nur noch ein wertloser Fetzen Papier.
„Moment“, sagte er und verharrte in der Tür. Er war bereits im Begriff gewesen, das kleine Behandlungszimmer zu verlassen. „Wer hat mich gestoßen? Die Person muss für den Schaden aufkommen, der mir entstanden ist.“
Im Gesicht der Frau regte sich nichts, als sie erwiderte: „Mir ist nichts bekannt.“
„Gibt es denn keine Zeugen? Die
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