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900 Großmütter Band 2

900 Großmütter Band 2

Titel: 900 Großmütter Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
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Gefühl, auf dem Boden des Ozeans zu schreiten.«
    Dem Pater kam es vor, als ob er unter Wasser gesprochen und niemand ihn gehört hätte.
    »Was bedeutet dieser Riesenkessel, dort mitten auf eurem großen Platz, Landmaster?« fragte er schließlich.
    »Ein Relikt unserer alten Rasse, wir bewahren es. Wir haben eine gewisse Verehrung für die Alter tümer unserer Vergangenheit. In einem Geist, der so groß ist wie der unsere, ist selbst für Relikte Platz.«
    »Dann ist er derzeit nicht im Gebrauch?«
    »Nein. Aber unter gewissen Bedingungen könnte es geschehen, daß wir ihn vorübergehend seiner altertümlichen Bedeutung wieder zuführen. Doch das braucht dich jetzt nicht zu kümmern.«
    Ein Kessel, ein Riesenkessel! Man kann sich nicht vorstellen, was für ein rundbäuchiges Ding das war!
    Doch der Pater wandte sich mit einem Gefühl der Ohnmacht wieder seinem Hauptthema zu.
    »Sünde muß sein, Landmaster! Wie könnte es sonst Erlösung geben?«
    »Wir haben Erlösung, Priesterlein. Du hast keine – wie könntest du sie uns da bringen?«
    Daraufhin verließ Pater Barnabas Landmasters Haus und ging auf die Straße. Er wollte sehen, ob er nicht irgendwo ›Sünde‹ entdecken könnte. Er fragte einen kleinen Jungen.
    »Söhnchen, weißt du, was Sünde ist? Ist dir sowas schon mal über den Weg gelaufen?«
    »Herr und Fremder, Sünde ist ein archaisches Wort für eine aus der Mode gekommene Sache. Der Begriff gehört zu einem unaufgeklärten Geisteszustand, der sich in den umnachteten Welten noch gehalten hat. Das Wort und die Konzeption, die dahintersteht, werden verlöschen, sobald das wahre Licht auch an diese dunklen Orte gebracht werden kann.«
    Verdammt! Ein sinnloses Wort auf dem Analos: selbst die Kinder dieser Chimären waren zu glattgeleckt, um menschlich zu sein!
    »Du kleines Monstrum, reden alle Kinder auf dem Analos so wie du?«
    »Alle, die keine Abweichler sind, sprechen notwendigerweise so wie ich. Und Monstrum, wie du mich nennst (und zwar anscheinend im abfälligen Sinne) bedeutet eigentlich ›Schaustück‹, also etwas, das öffentlich gezeigt wird, gewissermaßen ein Wunder. Die zusätzliche Bedeutung im Sinne eines grotesken Tieres ist eine spätere Variante. Ich akzeptiere mit Freuden den Namen Monstrum in seiner ursprünglichen Bedeutung. Wir sind die Schaustücke des Universums.«
    »Verdammt nochmal, ich glaube, das seid ihr tatsächlich«, sprach Pater Barnabas bei sich. »So ein polyglotter kleiner Zieraffe!« Er konnte also nicht einmal mit den Kindern dieser Lebewesen fertigwerden.
    »Söhnchen, hast du denn niemals ein bißchen Spaß?« fragte er schließlich.
    »Spaß ist ebenfalls ein archaisches Wort, aber ich bin mir nicht sicher über seine Bedeutung«, sag te der Knabe. »Hat es nicht irgendeine Beziehung zu der veralteten Konzeption von der Sünde?«
    »Nicht direkt, mein Junge. Spaß ist die dritte Sei te einer zweiseitigen Münze. Er schlüpft so mit unter. Oder wenigstens früher war das so.«
    »Herr und Fremder, vielleicht solltest du einen Kursus für korrektive Semantik besuchen.«
    »Vielleicht mache ich eben jetzt einen mit. Aber was ist mit denjenigen Kindern, die tatsächlich Abweichler sind? Wo sind sie? Und wie sind sie?«
    »Ich weiß es nicht. Wenn sie ihre Probezeit nicht bestehen, sieht man sie nicht mehr. Ich glaube, sie werden an einen anderen Ort geschickt.«
    »Ich muß irgendwo ein kleines bißchen Sünde finden«, murmelte der Pater vor sich hin. »Ein ordentlicher Mann müßte doch imstande sein, dergleichen irgendwo aufzutreiben. Auf der Erde heißt es, daß ein Taxifahrer immer weiß, wo es so etwas gibt.«
    Der Pater rief ein Taxi an. Ein Taxi ist ein Kreis. Das heißt, man klettert hinein und sitzt in dem einzigen runden Sitz mit dem Blick nach innen. Die Analoi sind gesellig und lieben es, ihren Mitgeschöpfen ins Gesicht zu sehen. Nur die Menschen (denn diese sind fähig, sich zu schämen) könnten das Bedürfnis haben, in Reihen hintereinander zu sitzen und ihren Mitgeschöpfen nicht ins Gesicht zu blicken. Der Fahrer sitzt in einem offenen Türmchen über dem Ganzen und neigt zum Sprechen den Kopf nach unten.
    »Wohin willst du, Fremder?« fragte der Chauffeur den Pater. Da war noch ein Passagier, ein nachdenk licher Mann in den frühen mittleren Jahren.
    »Ich suche Sünde«, sagte der Pater zum Fahrer, »es ist doch Tradition, daß ein Taxichauffeur immer weiß, wo dergleichen zu finden ist.«
    »Ist das ein Rätsel, Fremder? Laß mich erst

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