Aasgeier
Säuft wieder irgendwo. Wird nachher schon feststellen, dass er in der Scheiße sitzt. Ich hätte ihm das Feuer ja zu gern angehängt.
S: Lass gut sein. Reicht auch so.
W: Na ja. Also, bis dann.
S: Bis dann. Noch mal, vielen Dank.
W: Hängt ein, S: hängt ein. June 2, 8:52 am PST
Ignacio hatte über meiner Schulter mitgelesen. Er ging schweigend zurück zu seinem Stuhl. Ich schaute Winston an, dann Kofi. Der nahm den Ordner, drehte ihn um, entnahm ihm eine Seite und gab sie mir. Eine schlechte Fotokopie eines Kontoauszugs von einer Bank im belgischen Brügge. Kontoinhaberin war eine Anwältin in Brügge, deren handschriftliche Notiz auf dem Blatt „M: here is the account statement for our transaction. Original in my safe. Say Hi to R from me“ lautete.
Es war mein Geld. Sie hatten mein Geld geklaut, hatten es auf eines ihrer Konten in Belgien transferiert und eine Anwältin beauftragt, sich darum zu kümmern. Natürlich fehlte einiges, aber ich wusste ja, wie viel Provision bei solch einem Deal hängen bleibt. Eindeutig mein Geld.
„Darüber reden wir noch", sagte Kofi. Ich schob die Fotokopie zu Ignacio. Der schaute sie an, dann mich, dann Winston, stand auf, und verließ den Innenhof.
„Winston, ich muss mich entschuldigen. Ich habe ihr geglaubt, dass du mich ausgenommen hast. Dabei war sie´s selber.“ Jetzt, wo klar war, wer es gemacht hat, war ich total ruhig. Wenigstens nicht Winston. Misty war schlimm genug, aber ich hatte mich offenbar in Misty getäuscht. Wie wir alle.
Winston winkte ab. Schon gut. Nur, dass es nicht gut war. Weil jetzt alles mögliche denkbar schien. Steckte sie hinter Julies Entschluss, Ricky und mich sitzen zu lassen? Hatte sie mir die beiden Schießer im Delta auf den Hals gehetzt? Welche Spur hatte sie noch gelegt, die zu mir führen würde?
Kofi sah wohl, dass mich einiges beschäftigte. Er klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter und meinte, ich solle ruhig zuhören, was sich noch alles ergeben habe. Na, denn man.
Offenbar, erzählte der FBI-Agent, habe Misty das verabredete Treffen nicht eingehalten. Er habe Macmillan im Auge behalten, sei ihm seit dem Telefonat auf Schritt und Tritt gefolgt, und am verabredeten Tag habe Macmillan schon früh seine Mietwohnung in Pismo Beach verlassen, fuhr zum Essen ins Santa Maria Valley und habe in der mir ja auch gut bekannten Kneipe meines alten Freundes VanDeKamp den Tag verbracht. Die Lauscher hätten gemeldet, dass er jede Stunde von dort aus Mistys Nummer angerufen habe, sich aber niemand meldete. Erst gegen Mitternacht sei er wieder heimgefahren. Kofi habe “trotz Wollmantel, Bart und Schal wie ein Schneider gefroren,“ habe sich mehrmals in die Kneipe getraut, um sicherzugehen, dass der Macmillan noch dort war, bis ihn die beiden Theken-Athleten hinauswarfen.
„Seither überwachten wir die VanDeKamp-Telefone. Sicher ist, dass Macmillan und VanDeKamp miteinander mauschelten, aber wir haben noch keine Beweise. Der ex-Bulle kennt unsere Ermittlungsmethoden zu gut; der sagt am Telefon nichts Brauchbares. Aber sie haben sich mehrmals getroffen, sie haben auch bei mindestens einer Gelegenheit Koffer getauscht. Wir können dem VanDeKamp nichts beweisen, aber ich bin überzeugt, dass Macmillan redet, wenn wir ihm einen Deal anbieten. Straferleichterung, Fallenlassen der Mordanklage, es gibt da einiges, was man machen kann.“
Ich hatte zu Winston geschaut, als die Rede auf VanDeKamp kam. Der saß mit leerem Blick da. Dann würde ich lieber auch nichts sagen.
„Wir haben ihn also gegriffen,“ grinste der Gerechtigkeitsdiener, „haben ihn kurz verhört, lassen ihn jetzt erst mal vierundzwanzig Stunden schmoren und nehmen ihn dann rund um die Uhr ran. Dazu ist Winston noch da. Allein die Tatsache, dass er mithilft, macht auch dem Dümmsten klar, dass wir alles wissen. Dass wir beide Seiten abgecheckt haben.“
„Und wie kriege ich mein Geld wieder?“
Kofi schaute mich an. „Ist ein Problem, mein Lieber. Hast du es versteuert? War es auf einer ausländischen Bank? Hattest du die Genehmigung unserer Außen- und Finanzämter, ein ausländisches Konto zu führen?“
Ich konnte nur „blöde Fragen“ murmeln.
„Ja, eben", sagte der Beamte. „Wenn es dein Geld ist und du beweisen kannst, dass es dir zu Unrecht genommen wurde, bekommst du es wieder. Und hast am gleichen Tag eine Untersuchung am Hals, an deren Ende vier bis sechs Jahre stehen.“
„Und wenn´s doch nicht mein Geld war?“
„Dann wollen wir
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