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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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wird aber seither mit Unbehagen an seine Kriminellenkarriere denkt. Und dann erfährt man so was. Ich bin wirklich naiv. War ich schon immer.
    Hin und her rätselten sie, drehten und wendeten ihre Lage in aller Offenheit und kamen noch immer zu keinem Ergebnis. Mir wurde allerdings beim Zuhören klar, was für mich die besten nächsten Schritte waren. Ich konnte drauf bauen, dass Macmillan und sein Freund jetzt Himmel und Hölle in Bewegung setzten, um mich am Kragen zu packen. Sie würden Ignacio genauso anspitzen wie alle anderen meiner Freunde. Und dazu gehörte neben Gonzales auch Marisol. Ich würde mich jetzt um beide kümmern.
     
    Zum Glück stand mein Auto sicher bei Bobby in der Garage. Ich hätte mir nur schwerlich ein anderes kaufen können. Langsam ging die Kohle zur Neige. Mein verbuddeltes Geld wollte ich in dieser Situation lieber ruhen lassen; nachher führe ich noch einen der Geier hin, die mir vielleicht auf der Spur waren. Was eine Katastrophe wäre. Ich hatte nicht mehr allzu viel Altersversorgung. Das bisschen, das noch sicher war, sollte es auch bleiben.
    Und mein Trawler lag an der Kette in irgendeinem kalifornischen Hafen. Vielleicht war´s Zeit, den wieder vorzuholen. Natürlich kannte den inzwischen jeder, vor dem ich Muffe hatte. Aber ich könnte auf ihm wohnen, könnte mich überall verstecken, in jeder Bucht dieser tausend Meilen langen Küste, und ich hätte wenigstens Ruhe an Bord.
    Ich sollte doch den Ignacio anrufen, sehen, was der dazu meint. Als ich das dachte, kam mir die Spitzenidee. „Bobby, du kennst doch Ignacio gut. Würdest du ihn mal für mich anrufen?“
    Bobby sagte klar, das mache er. Ich sagte ihm, was ich befürchtete, aber das tat er kurzerhand ab. „Wenn einer meint, den Ignacio gegen dich oder mich oder irgendeinen seiner Freunde aufhetzen zu können, dann täuscht er sich. Das macht er niemals. Lieber löst er sich von allen, als dass er einen in die Pfanne haut.“
    Er hatte vermutlich recht. Hoffentlich.
    Wir unterhielten uns noch ein ganzes Weilchen, bis die Sonne recht tief stand und die Reben von orangefarbener Aura umgeben waren. Dann gingen wir in die Pension zum Essen.
     
    Ignacio freute sich, von Bobby zu hören. Ich war am anderen Hörer, hatte Bobby gebeten, nicht zu sagen, dass ich dran war, und ihm gesteckt, was ich gern wissen wollte. „Unser Freund würde sich gern mit dir unterhalten", sagte Bobby also, und Ignacio kapierte sofort. „Sage ihm, ich treffe ihn am Bahnhof.“ Bahnhof war gut. Das Kaff hatte keinen, aber dafür einen derart primitiven Flugplatz, dass wir den immer Bahnhof nannten. War nur einen Kilometer oder so von der Mission entfernt. Ich nickte Bobby zu. „Sage ich ihm. Und wann?“
    „Morgen früh?“
    Bobby schaute mich an. Ich nickte wieder. „Morgen früh. Um sechs?“ Ich hatte meine Finger hochgehalten. Gar nicht so einfach, wenn man einen Telefonhörer balancieren muss.
    „Um sechs. Prima.“ Logisch, dass der Mönch wusste, wo ich mich zurzeit aufhielt. Gut so.
    Wir beschlossen, zusammen loszufahren. Bobby meinte, es könne nicht schaden, wenn er auch Ignacio Guten Tag sagt. Vielleicht konnte der bei der Leichensache behilflich sein. „Immer besser, wenn so einer wie Ignacio eingeweiht ist. Man weiß nie, was den Bullen alles einfällt.“
    Auch wahr. War ein schlauer Mann, unser Bobby. Die heutige Gesellschaft wäre ohne Knäste sicher viel besser dran, aber das eine musste man dem archaischen Menschenlagersystem doch lassen; wer das mitgemacht hat, der wird umsichtig. Der überlegt erstmal alle Varianten, ehe er handelt. Die paar, jedenfalls, die schlauer aus dem Loch kommen, als sie hineingingen.
     
    Welche Freude der kleine, auf Nordfranzösisch getrimmte Betrieb doch war. Nicht nur, dass die Zimmer wirklich hübsch waren, dass die Weinfelder supergepflegt und sauber, dass die Lage einwandfrei war, sondern deren Küche setzte dem ganzen Erlebnis ein nicht zu überbietendes Tüpfelchen auf. Warum soll es in der kalifornischen Prärie nicht auch französische Küche geben? Warum muss es immer Steak, Kartoffeln und Salat sein? Was diese Küche leistete, gehörte unbedingt zur Weltspitze. Dazu noch ein Sommelier, der sein Fach verstand, und wir waren im siebten Himmel. Alle drei.
    Zorbian stellte sich als Vielfraß heraus, trotz seiner Statur, Bobby haute rein, dass die Schwarte krachte, und ich erlebte völlig Neues. An diesem Abend gingen meine kulinarischen Vorlieben über Bord, die mexikanischen

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