Aasgeier
immer, wenn er nicht wusste, ob er blechen oder verdienen würde. Bobby umarmte die Gattin, wobei er mit einer geschickt als Griff kaschierten Daumenbewegung am Prachtbusen zeigte, dass er offenbar ein alter Freund des Hauses war, ich bekam von ihr einen flüchtigen Wangenkuss. Ignacio ging zur Hausbar und schenkte sich Wein ein. Nicht uns, sich.
Wir standen nun da und lächelten uns gegenseitig an. Frau Gonzales fragte, wo der Herr Zorbian sei, und in dem Moment kam er durch die Flurtür. Großes Hallo, freudige Begrüßung. Der Künstler war hier wohlbekannt.
„Wusste ich gar nicht", sagte ich leise zu Bobby. Der lächelte und nickte. „Wir kennen uns schon ewig – sicher gute fünfzehn Jahre.“ Frau Gonzales hatte wohl mit einem Ohr hingehört, denn sie drehte sich um und drückte Bobbys Arm. Auch heimlich. Der Gatte Gonzales schien gedankenverloren. Der schnallte nichts von dem, was unter seiner Nase vorging.
„Unsere Freunde stecken ja meist in einer unangenehmen Geschichte, wenn ich mit ihnen herkomme", sagte Ignacio, „aber heute stecken alle drei in der gleichen Sache, und wir wissen nicht, in welcher.“ Beide Gonzales machten große Augen. „Weshalb wir von euch aus etwas telefonieren wollen, uns informieren, was nun los ist, und in aller Ruhe überlegen, was wir dagegen tun können.“
„Wie immer,“ wurde Herr G. Plötzlich spanisch-höflich, „ist unser Haus euer Haus.“ Mi casa es su casa. Vielen Dank.
Er schleppte Mobiltelefone an und stellte das Konferenztelefon auf den runden Tisch, sie brachte Kekse, Kaffee und Wein aus der Küche, und als er einen Anruf entgegengenommen hatte, meldete er stolz, sein Freund Raimundo wäre in einen halben Stunde hier, um dafür zu sorgen, dass wir alle ungestört blieben. Ignacio bedankte sich.
Wir aßen die Kekse, tranken den Wein und ließen den Kaffee kalt werden. Komisch, aber der vom Vorabend war erheblich besser. Ich schwelgte plötzlich wieder in der Erinnerung an das außerordentliche Mahl. Mein lieber Mann! So was Feines.
Ein muskulöser, kurzbeiniger Raimundo trat ein und meldete, dass er nun da sei und seine Leute verteilt habe. Die beiden Gonzales hatten sich in Schale geworfen und verabschiedeten sich. „Wir hoffen ja, dass ihr alle noch da seid, wenn wir zurückkommen. Aber wir haben uns lange vorgenommen, den Tag in King City zu verbringen und sind sicher nicht vor Mitternacht wieder hier.“ Ignacio dankte für uns alle, bestätigte, dass er die Handynummer der Gonzales habe, und schloss hinter ihnen die Wohnzimmertür ab.
„Jetzt,“ setzte er sich mit einem Seufzer. „Jetzt steigen wir in die Höhle des Löwen. Warum immer um den heißen Brei?“ Er schaltete den Konferenzapparat ein, nahm eines der Handys und wählte. Eine mir gut bekannte Stimme brummte leise aus dem Lautsprecher. „Ja?“
„Macmillan, hier ist Brother Ignacio. Wie geht´s?“ war Ignacio ausgesprochen jovial.
Macmillan hörte sich nicht gerade erfreut an. Er überging die Frage nach dem Befinden und wollte wissen, was es gebe.
„Ich muss wissen, was du von Jon Gutman willst.“
„Du kannst mich am Arsch lecken,“ sprach FBI-Agent Macmillan.
„Gern. Aber erst sagst du mir, was läuft. Denn Jon hat mir erzählt, wie er dich und deinen Kollegen kürzlich wiedergesehen hat, und das hat in mir alte Erinnerungen geweckt.“
Ich weiß ja nun wirklich nicht, was die beiden miteinander verband, aber der Stimmungsumschwung war sagenhaft. Der patzige Macmillan antwortete fürsorglich, höflich, mit fast flehendem Unterton. „Ignacio, ich habe doch nichts gegen ihn. Wir haben uns um die beiden Fälscher gekümmert, nicht um Gutman. Der stand nur im Weg herum. Im Gegenteil – der hat mir kürzlich sehr geholfen, oben im Delta.“ Sprach´s und war so devot dabei, wie ich ihn noch nie gehört hatte.
Zorbian und Bobby schauten sich an, Bobby machte Ignacio ein Zeichen und der fragte auch prompt, was die beiden denn ausgefressen hatten. „Die zwei direkt nichts, aber wir haben da einen, der behauptet, von ihnen Papiere gekauft zu haben. Deshalb sind wir hin, und haben zufällig Gutman getroffen. Du weißt doch, wie man sich in solchen Situationen verhält. Angriff ist die beste Verteidigung. Das weißt du doch noch.“
Ignacio bestätigte, dass er das noch wisse. Sie unterhielten sich noch ein paar Minuten über Belangloses, und dann legten beide auf.
„Der ahnte natürlich, dass ihr dabei saßt. Zumindest Jon. Sonst hätte der nicht so eine plausible
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