Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
Vom Netzwerk:
Sammy Sheerstein denken, unser aller guter Freund, der Misty, Rick und mich so furchtbar verarscht hatte. Zu seinem eigenen Nachteil, zwar, aber immerhin. Sammy wird mir eine ewige Lehre sein. Sowas konnte ich mir nicht wieder leisten. Wobei natürlich einzuwenden wäre, dass ich dem Ignacio blind vertraute. Aber das war was anderes. Der hatte mir das Leben gerettet. Dem konnte ich vertrauen. Hat mit katholisch nichts zu tun.
     
    Auf alle Fälle dösten wir beide einen ordentlichen Teil des Nachmittags vor uns hin. Mich weckte eine Fliege, die unbedingt auf meiner Nase landen wollte - wie ein ungeschickter Navypilot setzte sie mehrmals zur Landung an, und jedes Mal wurde sie wieder abgewunken. Bis es mir zu blöd wurde. Ich klatschte ihr eine, als sie sich auf meinem Flugdeck niederließ, und war sofort hellwach. Ignacio schnarchte leise vor sich hin. Ich stand auf und spazierte mit schmerzendem Zinken in der Spätnachmittagssonne den Feldrain entlang, bis ich gerade noch die Ranchgebäude sehen konnte.
    Am Abhang unter mir trottete ein Kojote über die Weide, ließ den Kopf hängen, hatte den buschigen graubraunen Schweif zwischen die langen, dürren Beine geklemmt und hoffte vermutlich auf eine Feldmaus, oder, wenn er Glück hatte, einen fetten Präriehund.
    Vom Meer her blies eine steife Nachmittagsbrise den Staub übers Feld, der von den beiden Autos aufgewirbelt wurde, die mit ziemlichem Dampf das Sträßchen zur Rancho Gonzales entlangfuhren. Vorneweg ein schwarzer Mercedes, knapp dahinter ein dunkler Van mit rauchgrauen Scheiben. Die Sonne glänzte auf dem Lack der Limousine, während sich der Neunsitzer durch den Staub kämpfte. Mir wurde mulmig. Bei der Geschwindigkeit war sicher, dass sich die beiden Fahrer nicht verirrt hatten und dass sie nicht nur zum Barbacoa hier waren. Ich trabte zurück zum schlafenden Ignacio.
    Der saß wach und vergnügt an den Baumstamm gelehnt und sah mir zu, wie ich keuchend stehen blieb. War auch schon mal in besserer Kondition. Ich ging langsam weiter.
    "Habe ich auch gesehen," beruhigte der Priester. "Das vordere Auto kenne ich - das ist der Typ, der dir damals das geklaute Handy verkauft hat. Der ist inzwischen ein wohlhabender Mann. Handelt, soweit ich informiert bin, mit allem Möglichen, dessen Verschwinden teilweise noch nicht mal der Polizei gemeldet wurde. Lässt Autos klauen und ohne Unterbrechung nach Mexiko bringen - sechs Stunden braucht er, und das Auto ist auf immer unauffindbar in Tijuana. Ganze Lastwagen voller Zigaretten sollen seine Spezialität sein, besonders, seit der Staat Kalifornien die Tabaksteuer um fast tausend Prozent erhöhte. Schnaps, Damenoberbekleidung, Vieh, es gibt nichts, was er nicht verscherbelt." Schien ihn nicht weiter zu stören, merkte ich etwas bissig an.
    "Wieso stören? Der tut doch nur, was man ihn tun lässt. Als Illegaler hat er kaum Gelegenheit, hier einen Laden aufzumachen. Denen bleibt doch nur die Arbeit auf dem Feld, für Farmer, die nichtmal den Mindestlohn zahlen, weil sie wissen, dass sie von einem illegal Eingewanderten nie im Leben angezeigt oder verklagt werden. Jede andere Berufsausübung ist doch unmöglich. Also klaut er und handelt mit der Sore. Er ist nun mal der geborene Unternehmer, und so einer wird handeln, ob er´s nun darf oder nicht."
    So gesehen, hatte er natürlich recht. Trotzdem. Irgendwas in mir sträubte sich. Bis ich daran dachte, wie ich mein Geld zusammengeklaut habe. Geld, das mir nun geklaut wurde, und das ich unbedingt wieder zurückstehlen wollte, komme da, was mag. Als mir bewusst wurde, wie sehr sich die Erwerbsquellen doch glichen, lachte ich laut los.
    "Hast du gemerkt, was? Dass zwischen euch kein großer Unterschied besteht?"
    "Zwangsläufig. Aber streiten wir uns nicht um Unterschiede. Ich habe Hunger".
    Wir hingen unseren Gedanken nach, als wir die paar hundert Fuß am Feldrain entlang zur Ranch spazierten.
     
     
     

 
     
     
    06 Delta
     
     
    Die Herren aus den beiden Autos hatten den großen, runden Tisch unter der gewaltigen Palme am Bunkhouse besetzt und waren hörbar ausgelassen. Was sich schlagartig änderte, als wir beide um die Ecke des Gesindehauses bogen. Die Gentlemen schauten finster zu uns hinüber, und erst als einer der Herren aufstand und "Hola, Padre!" rief, taute die Gruppe wieder auf. Ich hatte inzwischen allerdings schon wieder die Hose voll, sozusagen. Die Burschen sahen einen Augenblick lang ausgesprochen humorlos aus.
    Ignacio winkte fröhlich und schlug

Weitere Kostenlose Bücher