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Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sich gewisse Fähigkeiten so gründlich angeeignet, dass sie ihm in Fleisch und Blut übergegangen waren. Er hatte gelernt, sympathisch zu sein, doch etwas in seinen Genen bewirkte, dass man sich nicht an ihn erinnerte. Er verfügte über das Talent, nicht aufzufallen, nur ein Gesicht in der Menge zu sein. Anderen Leuten fiel es schwer, ihn zu beschreiben. Er war… »ungefähr«. Er war ungefähr zwanzig oder ungefähr dreißig. In Berichten der Wache überall auf dem Kontinent war er zwischen ungefähr eins siebzig bis ungefähr eins achtzig groß, und der Farbton seiner Haare reichte von mittelbraun bis blond, und der Mangel an besonderen Merkmalen betraf sein ganzes Gesicht. Er war ungefähr… Durchschnitt. An was sich die Leute erinnerten, war die Ausstattung, Dinge wie Brille und Bart, deshalb trug er immer einiges davon bei sich. Sie erinnerten sich an Namen und Manieriertheiten, und davon hatte er hunderte.
    Und sie erinnerten sich daran, dass sie vor der Begegnung mit ihm reicher gewesen waren.
    Um drei Uhr morgens platzte die Tür auf. Sie platzte wirklich – Holzteile rasselten von der Wand. Aber Feucht war bereits aus dem Bett und sprang zum Fenster, noch bevor der erste Holzsplitter auf den Boden fiel. Es war eine automatische Reaktion, die keine Gedanken erforderte. Außerdem hatte er nachgesehen, bevor er zu Bett gegangen war: Draußen stand ein großes Wasserfass, das eine weiche Landung ermöglichen würde.
    Jetzt war es nicht mehr da.
    Wer auch immer es gestohlen hatte: Den Boden hatte er zurückgelassen, und die Landung war nicht weich, sondern so hart, dass sich Feucht den Fuß verstauchte.
    Er stöhnte leise, als er wieder auf die Beine kam, durch die Gasse humpelte und sich dabei an der Wand abstützte. Der Stall lag hinter dem Gasthaus. Er brauchte sich nur auf ein Pferd zu ziehen, irgendein Pferd…
    »Herr Lipwig?«, donnerte eine große Stimme.
    Bei den Göttern, es war ein Troll, es hörte sich nach einem Troll an, und nach einem ziemlich großen noch dazu, er hatte nicht gewusst, dass es sie auch außerhalb der Städte gab…
    »Du Kannst Nicht Weglaufen, Und Du Kannst Dich Nicht Verstecken, Herr Lipwig!«
    Moment mal, in diesem Ort hatte er niemandem seinen wahren Namen genannt. Doch diese Überlegungen regten sich im Hintergrund. Jemand war hinter ihm her, und deshalb lief er. Oder humpelte.
    Als er das Stalltor erreichte, riskierte er einen Blick zurück. Ein rotes Glühen zeigte sich in seinem Zimmer. Sie würden doch nicht alles niederbrennen, nur wegen ein paar Dollar? Wie dumm! Wenn man auf eine Fälschung hereingefallen war, drehte man sie bei nächster Gelegenheit einem anderen Trottel an, das wusste jeder. Einigen Leuten konnte man wirklich nicht helfen.
    Sein Pferd stand allein im Stall und schien unbeeindruckt davon zu sein, ihn wiederzusehen. Er legte ihm das Zaumzeug an und hüpfte dabei auf einem Bein. Auf den Sattel verzichtete er. Er wusste, wie man ohne Sattel ritt. Einmal war er sogar ohne Hose geritten, aber all der Teer und die Federn hatten ihn glücklicherweise am Pferd festgeklebt. Er war der Weltmeister des schnellen Verlassens von Orten.
    Feucht wollte das Pferd aus dem Stall führen, als er ein Klirren hörte.
    Er blickte nach unten und trat etwas Stroh beiseite.
    Sein Blick fiel auf eine gelbe Stange, mit kurzen Ketten an beiden Enden, jede davon mit einer gelben Schelle für einen Vorderlauf ausgestattet. Sein Pferd konnte den Stall nur hüpfend verlassen, wie er selbst.
    Sie hatten dem Pferden Schellen angelegt. Dem Pferd…
    »Oh, Herr Lipppppwig!« Die Stimme donnerte über den Stallhof. »Möchtest Du Die Regeln Kennen Lernen, Herr Lipwig?«
    Feucht sah sich verzweifelt um. Der Stall enthielt nichts, das sich als Waffe verwenden ließ, außerdem machten ihn Waffen nervös, weshalb er nie eine bei sich trug. Waffen trieben den Einsatz zu sehr in die Höhe. Viel besser war es, seiner Fähigkeit zu vertrauen, sich herauszureden und Verwirrung zu stiften, oder, wenn das nicht funktionierte, sich auf Schuhe mit guten Sohlen und den Ruf »He, was ist das dort?« zu verlassen.
    Diesmal hatte er jedoch das Gefühl, dass er so viel reden konnte, wie er wollte – niemand würde ihm zuhören. Und was schnelles Laufen betraf… Mehr als Hoppeln kam nicht infrage.
    In einer Ecke entdeckte er einen Besen und einen hölzernen Futtereimer. Er schob sich das borstige Ende des Besens unter den Arm, um ihn als Krücke zu benutzen, und schloss die Hand um den Henkel des

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