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Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Titel: Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Möge das unsere sich in so guten, treuen Händen befinden wie der Pachthof, den ich Ihnen, Felber, jetzt übergebe! Ja, Sie sind der neue Pächter! Mit Ihnen kommt Ihr Sonnenscheinchen mit durch dieses Tor. Sie sind gewöhnt, ›Im Sonnenschein‹ zu wohnen. Nennen wir das Gut also wieder so, wie es früher geheißen hat: ›Zum Sonnenschein‹, meinetwegen auch ›Der Sonnenscheinhof‹, ganz wie Sie wollen! Gott segne Ihren Eingang! Ich öffne Ihnen die Tür.«
    Er schob den Flügel auf und trat mit Felber ein, der vor freudiger Ueberraschung kein Wort zu sagen vermochte. Die Frauen wollten folgen. Er aber hinderte sie daran, indem er die Hand vorstreckte und, einen munteren Ton anschlagend, fortfuhr:
    »Bitte, ihr nicht mit! Es gilt nur, die Leute hier zu benachrichtigen. Dazu reichen wir beide aus. Ihr aber geht mit den Kindern voran zur Schwiegermutter, um nachzusehen, ob ihr der Schreck noch immer in den Gliedern liegt. Dann kommen wir nach. Sagt nur, das Sonnenscheinchen habe Hunger, dann wird sich alles machen!«
    »Auch die warmen Umschläge?« fragte das ›Majörle‹, indem es seine Mütze abnahm und seine Kopfblessur zeigte.
    »Sei unbesorgt, mein Junge!« antwortete der Vater. »Du wirst sie sicher bekommen. Wir wissen nun, daß dir auch noch ganz andere Umschläge nötig sind. Das Sonnenscheinchen hat uns die Augen geöffnet. Bedanke dich bei ihm!«

Das Geldmännle
I.
    Es war ein ganz, ganz, ganz kleines Bergle. An dem lag ein ganz, ganz, ganz kleines Gärtle. Und obendrauf stand ein ganz, ganz, ganz kleines Häusle. Aber das Kleinsein schadet nichts, denn vor dem Herrgott sind die Allerkleinsten oft die Allergrößten. Das Bergle, das Gärtle und das Häusle hießen das Damenbergle, das Damengärtle und das Damenhäusle, aber nicht etwa, weil Damen darin wohnten, sondern aus einem ganz anderen Grunde, den wir schon noch erfahren werden.
    Wie das Bergle entstanden war, das wußten alle Leute. Der Herr Pastor hatte es erzählt. Nämlich als die Erde noch keine Berge hatte, da lebten tief in ihrem Innern, wo das ewige Feuer brennt, zwei Götter, welche Pluto und Vulkan hießen. Wenn es ihnen einmal zu warm wurde, was bei der großen Hitze sehr häufig vorkam, so stiegen sie empor, um sich abzukühlen und frische Luft zu atmen. Das taten sie auch einmal an einem schönen, wolkenlosen Julitage. Sie saßen am niedrigen Strande des Weltmeeres und betrachteten die vorweltlichen Rieseneidechsen, welche sich im Schlamme sonnten und dabei vor Vergnügen die Mäuler aufsperrten und die Augen verdrehten. Das ärgerte den Vulkan.
    »Dumme Geschöpfe!« sagte er. »Die wissen noch nicht das geringste von Reaumur, Fahrenheit und Celsius! Sich in dieser Hitze wohlzufühlen! Das ist hier ja schlimmer als unten bei uns! Diese Sonnenglut! Kein Mensch bringt mich im Juli und August wieder in dieses Nordseebad! Die reinen Hundstage! Wollen wir vielleicht versuchen, ob es am Aequator kühler ist, Bruderherz?«
    Pluto zog sein Taschentuch, wischte sich den Schweiß von der Stirn und antwortete:
    »Aequator? Nein! In dieser Hitze gehe ich keinen Schritt. Ich bleibe einfach bis zum Dezember sitzen. Da wird es kühl. Ich lobe mir den Schnee!«
    Da horchte Vulkan auf.
    »Schnee!« rief er aus. »Höre auf den äußeren Planeten soll es sogar im Sommer schneien, nämlich oben auf den Bergen. Ich habe kürzlich zwei Halbgötter bei mir als Tagelöhner angestellt, für monatlich zwölf Taler fünfundzwanzig Silbergroschen, ohne Kaffee und Weihnachtsgeschenk. Der eine stammt vom Uranus und der andere vom Neptun. Ich selbst habe in den Dienstbüchern nachgeschlagen. Die erzählten mir, daß es da oben Berge gibt, auf denen sogar im Hochsommer das Eis nicht alle wird.«
    »Wirklich?« fragte Pluto etwas ungläubig.
    »Wirklich!« bestätigte Vulkan. »Diese Arbeiter flunkern nicht, denn sie sind nicht auf der Erde geboren.«
    »Aber da könnten wir uns doch sofort die allerschönste Kälte verschaffen!«
    »Wieso?«
    »Wenn wir Berge machten! Weißt du, entweder einzelne oder gleich so ein ganzes plutonisches oder vulkanisches Gebläse und Geschiebe, was man Gebirge nennt. Ich glaube, wenn wir es sechs-bis achttausend Meter hoch machen, so erreichen wir eine Abkühlung, um die man uns sogar auf dem Neptun und Uranus beneiden würde. Und bei neuntausend Metern bringen wir es ganz gewiß auf ein zwanzig Leipziger Ellen tiefes Gletschereis. Was meinst du dazu?«
    »Hm!« brummte Vulkan. »Der Gedanke ist gar nicht so übel. Wir haben

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