Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen
ja alles, was dazu gehört: Granit, Gneis, Porphyr und wie die Steine alle heißen. Nur den Sand hat uns das Meer weggeschwemmt. Zum Spaße können wir ein bißchen Steinkohle mit dazutun, oder Erz, wenn es nicht gar zu teuer wird!«
»Zu teuer? Mir kommt es auf einige Zentner Silber oder Kupfer nicht an, wenn es mir nur gelingt, mich abzukühlen. Wollen wir eine Probe machen, Kollege?«
»Ganz recht, eine Probe! Bei solchen Dingen ist es nicht geraten, gleich hoch hinauszugehen, weil es dann Jahrhunderttausende dauert, ehe man das Zeug wieder zurückgespült bekommt. Ich schlage vor, wir machen zunächst ein Modell.«
»Gut, ein Modell. Wie hoch?«
»Nun, sagen wir tausend Quadratfuß ins Geviert, bei einer Höhe von höchstens vierzig Brabanter Ellen.«
»Einverstanden! Wann fangen wir an? Morgen oder übermorgen?«
»Warum nicht gleich? Morgen, morgen, nur nicht heute, sagen alle faulen Leute. Ich aber pflege so etwas nicht aufzuschieben. Also komm! Machen wir uns ans Werk!«
Sie nahmen sich bei der Hand und fuhren in das Erdinnere hinab, wo sie sich den Oberarchitekten, den Hochbaumeister und den Materialienverwalter kommen ließen, um ihnen ihren Plan mitzuteilen und sich die vorhandenen Vorräte zeigen zu lassen. Diese sind rund um das ewige Feuer aufgestapelt, in welches die Stoffe geworfen werden, um sich in der Weißglühhitze in Gase zu verwandeln. Diese werden emporgeblasen und auf dem Wege nach oben in der Weise zurückverwandelt, daß sie mit der emporgehobenen Erdrinde die beabsichtigte Form und Masse bilden.
Als Pluto und Vulkan sich mit dem Architekten und dem Baumeister über die Gestalt und Größe des Modells verständigt hatten, mußte der Verwalter die Vorratsräume aufschließen. Die Mischung stand ganz im Belieben der beiden hohen Götter. Sie nahmen Gneis, Granit, Glimmerschiefer, Tonschiefer, Porphyr, Basalt und verschiedene Quarzite.
»Tu’ auch ein bißchen Serpentin hinein,« bat Vulkan. »Der ist gut zu Gräberplatten für unberühmte Menschen. Wer ihn findet, der findet ihn!«
»Sehr gern!« antwortete Pluto. »Hast du noch einen Wunsch?«
»Nur, wenn du bei guter Laune bist!«
»Beim Modellieren allemal. Das kostet wenig und macht doch viel Vergnügen.«
»Bon!
Da drüben liegen die Erze. Ich sehe Zinn, Nickel, Kobalt, Zink, Wismut, Kupfer und Blei. Wie wäre es, wenn wir eine Probe von jedem mit hinunterschaufeln ließen?«
»Einverstanden! Ich will sogar auch Silber dazu geben und eine Prise Gold. Weißt du, Vulkan, wenn wir es bis zu Gletschern bringen können, ist mir bei der heutigen Hitze wirklich nichts zu teuer.«
Die Halbgötter machten die Form des Modells. Die Viertelgötter füllten sie mit Erz und Stein. Das ging so schnell, daß man in zehn Minuten fertig war. Dann kamen die Achtel-und Sechzehntelgötter, um den Probeberg in das ewige Feuer zu werfen. Er wurde sofort von der Glut gepackt und aufgelöst. Ein zischender Blitz fuhr nach oben; dann war das Werk geschehen.
»Jetzt komm,« sagte Pluto. »Wir wollen sehen, ob es uns gelungen ist, die Erdrinde zu durchbrechen.«
Sie fuhren wieder nach oben. Die Erde ist groß, und das Modell war klein. Menschen hätten es gewiß niemals gefunden. Götteraugen aber sind bekanntlich scharf. Und weil die Erde damals noch nicht die allergeringste Erhöhung hatte, sahen Pluto und Neptun das zurückverwandelte Modell sehr bald genau auf dem dreizehnten Grad östlich von Greenwich liegen, und zwar fünfzig Grad und zwanzig Minuten nördlicher Breite. Das war sehr leicht zu bestimmen, weil damals die Längen-und Breitengrade noch nicht verwischt und mit sehr deutlichen Nummern versehen waren.
Welch eine Freude, als die beiden Götter nach einer sehr eingehenden Untersuchung erkannten, daß der kleine Probeberg ihren Erwartungen vollständig entsprach. Vulkan lachte vergnügt und sagte:
»Du, Pluto, die Sache kann sich machen! Wir multiplizieren das Modell sovielmal, wie es nötig ist, um achttausend Meter Höhe herauszubekommen. Die Rechnung ist sehr leicht. Meinst du nicht auch?«
»Allerdings,« nickte der Gefragte. »Aber der Wassergott wird sich beleidigt fühlen.«
»Warum?«
»Wenn wir die Erde heben, drängen wir sein Wasser zurück. Siehst du das nicht ein? Er wird über diesen Gebietsverlust gewaltig räsonieren.«
»Das glaube ich nicht. Laß mich die Sache machen! Ich fange das ganz schlauerweise an. Er will doch auch einmal aufs Trockne. Wenn wir ihm erlauben, in den Wolken zu uns zu kommen und auf
Weitere Kostenlose Bücher