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Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Titel: Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unseren Bergen Bäche und Flüsse anzulegen, so ist das ein Geschäft für ihn, wie er es gar nicht besser machen kann. Ich werde mit ihm sprechen. Du kannst inzwischen wieder niederfahren und an die Arbeit gehen. Ich sage ihm gar nicht, daß wir sein Wasser zu den Gletschern brauchen. Du weißt es ja, man muß mit anderen Göttern stets so vorsichtig wie möglich sein, zumal wenn man selbst einer ist! Wenn du alle deine Untergötter scharf zusammennimmst und ich die meinen dazufüge, können wir schon morgen einen Berg bis über die Wolken heben, der allen Ansprüchen genügt, die wir zu machen haben.«
    »Und das Modell?«
    »Das hat seinen Zweck erfüllt. Wir lassen es hier liegen.«
    »Ja, als Merkstein oder als Standpunkt, von welchem aus wir morgen zusehen, wie der beabsichtigte Berg sich vor unseren Augen erheben wird.«
    »An welcher Stelle?«
    »Von hier aus grad im Süden, wenn du nichts dagegen hast. Er wird an seinem Fuße eine Breite von zwei geographischen Meilen haben. Es wird sogar für uns Götter ein großartiges Schauspiel werden, wenn er sich majestätisch aus der Erde erhebt und immer höher wächst, bis er den Himmel zu erreichen scheint. Beliebt es dir vielleicht, die Stunde anzugeben, in welcher dies geschehen soll?«
    »Ich bitte, punkt zwölf Uhr zu Mittag. Jetzt gehe ich zum Wassergott, und du steigst in die Tiefe. Sobald ich mit ihm gesprochen habe, komme ich dir nach.«
    Sie trennten sich, um dann den ganzen Nachmittag und die ganze Nacht hindurch an den Vorbereitungen zu dem beabsichtigten plutonisch-vulkanischen Werke zu arbeiten. Das geschah nicht, ohne daß die irdische Kreatur etwas davon merkte. Ein dumpfes Rollen ging zuweilen durch die Erde. Die See schlug kürzere Wellen als gewöhnlich. Die Winde wußten nicht genau, wohin. Das Licht hatte einen fahlgelben Schein. Die Wolken zogen sich ängstlich zusammen. Das Getier verkroch sich, als ob es fühle, daß etwas Ungewöhnliches im Anzuge sei. Die Sonne schien in ihrem Laufe zu zögern. Sie wäre am liebsten wieder umgekehrt; aber da sie sich kontraktlich verbindlich gemacht hatte, sich an jedem Mittage genau Punkt zwölf Uhr am Zenite einzustellen, so lief sie heute von elf Uhr an dann etwas schneller, um das Versäumte nachzuholen. So kam es, daß sie schon dreiviertel zwölf den Scheitelpunkt erreichte und eine ganze Viertelstunde warten mußte, bis Pluto und Vulkan bei dem Modell erschienen, um den erwarteten, imposanten Anblick zu genießen.
    Es war in der ganzen Natur eine tiefe Stille eingetreten, jene bekannte Stille, welche großen, noch unbekannten Ereignissen vorauszugehen pflegt. Dann aber rollte und grollte es in der Tiefe, erst leise, dann lauter und immer lauter. Zuweilen krachte es, oder es knatterte, worauf es klang wie ein gewaltiger Kanonenschuß.
    »Es beginnt,« sagte Pluto. »Paß auf! Da, grad im Süden muß er aufsteigen.«
    Sie wandten ihre ganze Aufmerksamkeit nach dieser Richtung hin und sahen also nicht, daß sich im Norden von ihnen eine ganz, ganz geringe Erhebung zu bilden begann. Aber als Vulkan sich doch einmal umschaute, bemerkte er diese kleine Bodenveränderung.
    »Was ist denn das?« fragte er. »Da unten scheint die Erde Blasen zu bekommen!«
    Da drehte sich auch Pluto um, schaute hin und rief erschrocken aus:
    »Was sehen meine Augen? Das sind ja die Rochlitzer Berge, nur hundertsiebzig Meter über dem Meere! Und ganz, ganz da draußen, das ist der Kreuzberg bei Berlin! Wo sind denn meine schönen Gase hingeflogen?!«

    »Was bewegt sich denn dort im Westnordwesten?«
    »Das sind ein paar Bodenwellen, die zwischen Altenburg und Reichenbach liegen.«
    »Und da drüben rechter Hand?«
    »Das ist die Freiberger Gegend. Da sind die Erze hingeflogen, denn es wackelt alles. Ich kenne das!«
    »Da scheint die Sache also schief gehen zu wollen?«
    »Wahrscheinlich. Sie geht in die Breite, anstatt in die Höhe!«
    »Schade, jammerschade! Wie steht es da mit unseren kühlen Gletschern?«
    »Warten wir es ab! Horch! Da hinter uns! Drehe dich um, schnell, schnell!«
    Sie wandten sich wieder nach Süden, wo sich die Erdoberfläche im höchsten Grade unregelmäßig hob und senkte.
    Sie gewann aber sofort Ruhe, wo sich ein fester Berg gebildet hatte. Götter wissen bekanntlich alles; darum konnten Pluto und Vulkan sofort die Namen dieser neuerstandenen Erhöhungen sagen.
    »Dort kommt der Pöhlberg bei Annaberg,« sagte Pluto. »Nicht weit davon der Scheibenberg. Ah, schau; da drüben arbeitet sich der

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