Abendfrieden
unterhalten. Vielleicht können Sie uns bei unseren Ermittlungen ein wenig helfen.«
»Ja?« Die alte Frau sah angestrengt zwischen den Kommissaren hin und her.
Danzik fragte wiederum nach den Familienangehörigen und nach Hauspersonal und erhielt die gleichen Auskünfte wie zuvor bei der Nichte. »Denken Sie noch einmal an den Brandtag. Ist Ihnen irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
»Eigentlich nicht. Nur die Küche – die Küche sah irgendwie verändert aus. Als wenn jemand Fremdes drin gewesen wäre. Ich könnte aber nicht sagen, was es war.«
»Aber eine Freundin von Frau Mewes sei noch im Haus gewesen, sagten Sie mir bei unserem ersten Gespräch. Wie heißt denn diese Freundin?«
»Das ist die Anja. Aber die weiß ja in der Küche Bescheid. Anja Holthusen.«
»Wie bitte?«, fragten die Kommissare gleichzeitig. »Anja Holthusen«, wiederholte Sophie Bäumer.
Danzik schaltete sofort. Er legte den Finger an die Lippen. »Nichts über unser Gespräch an Ihre Nichte«, flüsterte er. »Dass Sie uns diesen Namen genannt haben, erzählen Sie nicht Ihrer Nichte!«
»Sie schweigen über alles, was wir eben besprochen haben«, setzte Tügel nach. »Ja, natürlich, wie Sie wünschen.« Sophie Bäumer schaute verstört. Es war offensichtlich, dass sie nichts verstand. »Also, Anja Holthusen. Die aus der Tee-Familie. Ist das richtig?«
»Ja.«
»Wo wohnt sie?«
»Am Leinpfad.«
Danzik stieß die Luft aus. »Junge, Junge, das muss ich erst mal verdauen.«
»Ich auch«, bemerkte Tügel. »Gut, das war’s. Sie beide halten sich zu unserer Verfügung«, sagte Danzik. »Bitte holen Sie jetzt Ihre Nichte, wir möchten uns verabschieden.«
Regine Mewes drückte unablässig ihre Hände. Ein seltsamer Kontrast zu ihrem unbewegten Gesicht.
»Auf Wiedersehen«, sagte sie kraftlos.
Sie drehte sich mit einem Ruck zu ihrer Tante herum. »Was wollten die von dir? Was wollten sie wissen?«
»Nichts. Ich weiß doch auch nichts.« Sophie Bäumer flüchtete sich in ein Weinen.
* * *
Die Beamten stiegen in ihren Dienstwagen. »Gibt’s hier irgendwo ein Ding, wo wir uns niederlassen können?«, fragte Danzik.
»Musst du besser wissen als ich, du wohnst doch hier.«
»Ja.« Danzik schlug sich vor die Stirn. »Ich bin vollkommen von der Rolle. Geh’n wir ins ›Palazzo‹.«
Sie parkten an der Oberstraße und bogen ein in die Rothenbaumchaussee. »Ich brauch jetzt was.«
»Was denn, Chef?« Tügel lachte. »Alles. Eine gute Pasta und ein Wein werden mich beruhigen. Ich muss nachdenken, die Gedanken ordnen.«
»Ich auch.«
Sie nahmen Platz an einem der weiß betuchten Tische und bestellten sich ein Spaghetti-Gericht. »Torsten, du fährst nachher?«
»Mach ich.«
Danzik orderte einen Weißwein, Tügel ein Mineralwasser.
Der Ältere nahm durstig einen Schluck. »Ich fass es nicht. Regine Mewes und Anja Holthusen kennen sich. Sind sogar Freundinnen. Was sagst du?«
»Ich glaub’s nicht.« Tügel schüttelte den Kopf. »Eine Verbindung zwischen diesen beiden Frauen. Meine Intuition sagt mir: Das ist sensationell. Oder?«
»Kein Zweifel, das ist der Megahammer.« Tügel zupfte an seinem Ohrring. »Fragt sich nur, was es bedeutet.«
»Was es bedeutet? Beide sind befreundet. Beide haben Schwiegermütter, unter denen sie schrecklich leiden. Beide Schwiegermütter sind tot. Zwei alte Frauen – ermordet.«
»Hmm.« Tügel gabelte nachdenklich die Spaghetti auf. »Klar, der Zusammenhang liegt auf der Hand. Aber: Beide haben wasserdichte Alibis. Im einen Fall beeidbar, im andern sogar beweisbar. Die Holthusen war mit ihrer Freundin Isabel zusammen, die Mewes nachweislich in Italien.«
»Stellen wir uns vor, sie haben das gemeinsam ausgeheckt. Mit Plan.« Danzik suchte nach einem Stück Papier, gab es aber wieder auf. »Wie würden sie vorgehen?«
»Weiß ich nicht. Ich hab noch nicht gemordet.«
»Also, Torsten, jetzt reiß dich mal zusammen.«
»Jemanden anheuern? Einen Killer beauftragen?«
»Sich gegenseitig anheuern! Die Freundin mordet jeweils für die andere! Klickt’s jetzt bei dir?« Danzik hörte vor Erregung mit dem Essen auf.
»Ach, so. Ja, es klickt. Morde über Kreuz. So wie bei Hitchcock. Unerklärliche Morde, weil das Motiv zu fehlen scheint.«
»Genau. Moment.« Danzik spülte mit geschlossenen Augen einen Schluck Wein hinunter. »Wie war das jetzt bei Hitchcock, beziehungsweise bei Patricia Highsmith – du kennst den Roman? ›Zwei Fremde im Zug‹?«
»Nee, nur den Film.«
»Na, es war
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