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Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters

Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters

Titel: Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Rammstedt
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vor (Liebe,
Beruf, Sie), und wissen Sie was, Herr Willis, das war genau der richtige
Abstand.
    Es wird Sie aber sicherlich freuen, dass wir uns mit unserer
Geschichte auf einem guten Weg befinden, dass wir fast am Ziel sind, dass es
jetzt eigentlich nur noch um ein paar Details geht. Das habe ich auch allen
anderen geschrieben, und ich war dabei sehr überzeugend.
    Falls Sie anderer Ansicht sind, schreiben Sie es mir bitte nicht.
Ich will mir heute gerne mal über nichts Sorgen machen (über drohende Fragen,
über drohende Antworten, über drohende Polizeitaucher).
    Ich will hier in der Spätsommersonne sitzen. Und wenn ich Sie wäre,
würde ich das auch tun. Wir sitzen hier und freuen uns an all dem, was da ist
(Ruhe, Details, unsere Bekanntschaft) und auf all das, was noch kommt (der
nächste Schritt, der übernächste Schritt, ein glückliches Ende). Auf einem
guten Weg sollte man sich schließlich auch mal ausruhen, sonst kommt man
womöglich viel zu schnell an.
    Ihr
    Tilman Rammstedt
    PS: Nur eine kleine Bitte. Falls Sie auch der Ansicht
sind, dass wir uns auf einem guten Weg befinden, könnten Sie das dann nicht nur
an mich schreiben, sondern auch direkt an den Verlag: [email protected]?
Nur falls ich doch nicht überzeugend genug war. Und wenn Sie schon dabei sind,
bitte auch noch Kopien an: praxis@ zahnpraxis-hering.de,
[email protected], [email protected],
bohne @hausverwaltung-diamant.de. Vielen Dank.
    Dass mein ehemaliger Bankberater und ich uns irgendwann gar
nicht mehr in seinem Büro trafen, fiel mir erst sehr spät auf. Wenn wir uns
nicht ohnehin zu einer Exkursion verabredet hatten, fing er mich spätestens an
den Geldautomaten, noch häufiger schon auf dem Gehsteig ab. »Hier ist man viel
näher an den Menschen da draußen«, behauptete er, während er mir einen der
beiden Hartplastikklappstühle anbot, die er unterm Arm trug. Und nur um die
Menschen gehe es schließlich, sagte er, und als er merkte, dass das nicht ganz
stimmte, ergänzte er: »Und um Ihr Geld.« »Um Ihr Geld, um die Menschen da
draußen und um die Menschen drinnen«, fasste er zusammen. Das könne man ohnehin
nicht ganz trennen. »Alles hängt zusammen«, sagte er, verstummte dann und
reichte mir hektisch irgendwelche Prospekte von Sprachschulen oder einem neu
eröffneten Pizza-Lieferservice, die ich mir durchlesen sollte, was ich
auch tat, so gründlich wie möglich.

Sehr geehrter Herr Willis,
    vergessen Sie, was ich Ihnen heute Mittag geschrieben habe.
Wir sind auf keinem guten Weg. Das wurde mir mehr als deutlich gemacht. Im
Gegenteil, Herr Willis, wir sind auf dem besten Weg, alles zu vermasseln. Also
nichts da mit Spätsommersonne. Die
ist ohnehin mittlerweile hinter Wolken verschwunden, weil ja alles anscheinend verschwindet,
weil ja alles anscheinend dringend sein eigenes Leben leben will, weil ich noch
nicht einmal die verfluchte Parkbank wiederfinde.
    Und die Einzigen, die wirklich längst verschwunden sein sollten,
sind wir, Herr Willis. Fort von diesem See, fort von den Tauchern, denn
ausgerechnet die weigern sich ja zu verschwinden, ausgerechnet die kommen immer
näher, und Sie schweigen einfach weiter vor sich hin. Als ob jetzt nicht auch
eine Notlösung reichen würde, eine provisorische, eine undurchdachte, von mir
aus irgendeine Verzweiflungstat. Denn, ohne Sie beunruhigen zu wollen, Herr
Willis, da bewegt sich etwas im Wasser, direkt vor uns, da taucht etwas auf.
Und vielleicht ist es jetzt doch höchste Zeit, Sie zu beunruhigen. Wir müssen schleunigst
auf einen guten Weg gelangen, alles andere kommt nicht infrage. Hören Sie, Herr
Willis? Das kommt überhaupt nicht infrage.
    Ihr
    Tilman Rammstedt
    Er lerne jetzt Italienisch und Querflöte, sagte mein
ehemaliger Bankberater. Man wisse schließlich nie. »Oder?«, fragte er.
»Nein«, sagte ich.

Sehr geehrter Herr Willis,
    wie zum Teufel können Sie so ruhig bleiben? Glauben Sie
etwa, dass ich Ihnen schon wieder helfe? Da irren Sie sich gewaltig. Ich habe
alle Hände voll zu tun (dies, das, geht Sie überhaupt nichts an), und es ist
auch verdammt noch mal nicht meine Aufgabe. Wir hatten eine Abmachung. Und Sie
sind hier schließlich der Experte. Aber mit einem Experten wie Ihnen hätte ich
vielleicht besser einen Gedichtband geschrieben oder irgendetwas mit einem
verschwiegenen Eigenbrötler als Hauptfigur, »Das dumpfe Schweigen meines
fehlbesetzten Bankberaters« oder »Die Abenteuer von Bruce Willis, die

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