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Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters

Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters

Titel: Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Rammstedt
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geehrter Herr Willis,
    Sie wissen selbst, wie alles nicht gewesen ist. Sie
wissen, dass Sie nicht nach ein paar Metern stehen geblieben sind. Sie wissen,
dass Sie sich nicht noch einmal umgedreht haben, langsam und schwerfällig, als
sei die Luft sehr zäh. Sie haben mich nicht angeblickt, nicht müde, nicht
lustlos, nicht ganz und gar widerwillig. Das wissen Sie genau.
    Sie haben nichts gemurmelt und dabei nicht den Kopf geschüttelt,
mehr über sich selbst als über mich. Sie sind dann nicht zurückgekommen, das
wissen Sie, Sie haben sich nicht auf den Boden gekniet, Sie haben nicht
geseufzt, Sie haben sich nicht schweigend wieder an die Arbeit gemacht, und ich
habe nicht versucht, möglichst heimlich zu lächeln.
    Wir haben nicht abwechselnd bis zum Abend weitergegraben, wortlos
und konzentriert. Wir standen keineswegs schon bis über die Hüften in der
Grube. Die Dämmerung hat sich nicht um uns gelegt. Wir haben nicht »Okay, zehn
Minuten noch« gesagt, und nach zehn Minuten haben wir es nicht noch einmal
gesagt und dann nicht noch einmal und nicht noch einmal.
    Es stimmt nicht, dass wir noch nie so wach waren, und ganz sicher
haben wir nicht alles um uns herum vergessen, wir haben nicht einfach
weitergegraben, Stück für Stück, Zentimeter für Zentimeter. Wir haben nicht
irgendwann Eimer gebraucht, keine Seile, wir haben das alles tatsächlich nicht
auf irgendeiner Baustelle gefunden, da war doch nirgendwo eine, und wir fanden
dort auch keine Latten, mit denen wir die Schachtwände sichern konnten, das
wissen Sie alles selbst, Herr Willis, das muss ich Ihnen nicht erzählen. Wir
sind nicht allmählich in der Grube verschwunden, es wurde nicht dunkel um uns,
wir schwitzten nicht, nichts tat uns weh. Wir waren nicht glücklich.
    Und es fühlte sich nicht geborgen an, so ganz von Erde umgeben. Wir fürchteten uns nicht vor
dem Moment, an dem wir wieder ans Tageslicht kommen würden. Wir wünschten
uns nicht, einfach weiterzugraben, immer weiter, immer weiter, bis zum Meer,
bis nach Kalifornien und wieder zurück hierher, das würde vielleicht reichen,
und wenn nicht, gäbe es noch genügend andere Richtungen. Nichts davon war so,
das wissen Sie.
    Sie wissen, dass wir diese Gedanken nicht verscheuchten, dass wir
uns nicht auf unsere Aufgabe konzentrierten, auf das, wofür wir schließlich
hier waren. Wir wühlten uns nicht durch die Erde, und irgendwann nickten wir
uns nicht gleichzeitig zu, schweigend und ernst, nach wer weiß wie vielen
Stunden, die zu zählen wir längst aufgegeben hatten. Sie wissen selbst, dass
wir nicht anfingen, aufwärts zu graben, stetig aufwärts, bis wir schon ganz nah
sein mussten, die Erde nicht schon weich, nicht fast warm. Und dann war da
plötzlich nichts Hartes, das wissen Sie, kein Widerstand, kein Beton. Wir
versuchten es nicht etwas weiter links, nicht etwas weiter rechts, aber
nirgendwo war uns der Weg eindeutig versperrt.
    Wir schauten uns nicht entsetzt an, das wissen Sie, das hätte man in
der Dunkelheit doch auch gar nicht sehen können. Wir fluchten nicht erst leise
und dann nicht laut, nicht heillos. Wir schlugen nicht wütend gegen den Beton.
Unsere Hände rissen nicht auf, bluteten nicht, und trotzdem schlugen wir nicht
weiter, bis der Schmerz endlich kam, der Überdruss, die Verzweiflung darüber,
wie verdammt solide alles immer war.
    Natürlich brach der Beton von unseren Schlägen nicht auf, das wäre
ja noch schöner gewesen. Und selbst wenn, hätten wir uns doch nicht durch die Bruchstellen
hindurchzwängen können, hätten wir nicht plötzlich blinzelnd und atemlos im
Gefängnishof gestanden, direkt neben der einsamen Tischtennisplatte. So war es
nicht, das wissen Sie, Herr Willis. Der ganze Hof war nicht hell beleuchtet,
und wir sind, den Hund am Schwanz hinter uns herschleifend, nicht schnell unter
die Tischtennisplatte gekrochen, das einzige Versteck weit und breit. Wir haben
dort nicht beraten, wie wir weiter vorgehen würden, weil es ja ohnehin
aussichtslos war, das wissen Sie, das wussten wir, alles voller Stahltüren,
Gitter, Alarmanlagen, überall Scheinwerfer, überall Wachen. Wir hätten ja nicht
einfach durchs Gebäude spazieren können, so mir nichts, dir nichts, wir konnten ja nicht unbehelligt Trakt für
Trakt absuchen, keinen verschlafenen Insassen durch die Türluke nach dem Weg
zur Krankenstation fragen. Das war leider ganz und gar unmöglich.
    Den Wachmann vor der Krankenstation haben wir nicht überwältigt. Wie
hätten wir das auch tun

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