Wunder, dass die Eltern sich getrennt haben. Nicht einmal der Nordpol und die Antarktis sind weit genug weg von dieser Stimme: »Ich sage dir doch, Arthur, du bekommst den Entwurf, wenn ich wieder da bin. Nein, nicht sofort nach meiner Rückkehr. Ein paar Wochen später … ja, nein, ich weiß eben immer noch nicht genau, worüber ich schreiben werde. Nein, keine Blutdiamanten. Nein, ich gehe nicht nach Angola …«
Ich vermute, manche Frauen finden Cal Langdons Stimme sexy. Ist sie auch, tief und rau klingend, ähnlich der Stimme von Robert Redford.
Aber WAS diese Stimme äußert! Brr!
Na schön, er sieht gut aus. Ich meine, ich werde nicht das Gegenteil behaupten. Denn das wäre gelogen, wie ich selbst schnell feststellen kann, indem ich zum Anfang dieses Tagebuchs vorblättere und die Stelle lese, als ich ihm zum ersten Mal begegnete – Gott, ist das wirklich erst vier Tage her? Kommt mir vor wie Monate. Dort steht, dass ich Cal Langdon auf den ersten Blick scharf fand.
Und es ist wahr, dass er ab und zu auch gute Momente hat. Wie zum Beispiel, als er meinen Schuh befreite, der zwischen den Pflastersteinen stecken blieb, und mit einer Hand meinen Fußknöchel umfasste.
Und manchmal, wenn er mich ansieht mit diesen zu blauen Augen, kommt es mir vor, als würde ein Licht aus seinem Kopf scheinen – ein Licht, das nur ich sehen kann und das es mir sehr schwer macht, seinem Blick standzuhalten.
Trotzdem. Im Wagen auf der Rückfahrt von Castelfidardo wurde mir bewusst, wie absurd es ist, dass alles in diesem Land täglich zwischen eins und vier dichtmacht, manchmal sogar bis fünf, und dass man sich wirklich nicht wundern muss, dass Amerika eine Supermacht ist und Italien nicht. Schließlich dauert die Mittagspause bei uns in der Regel nur eine halbe Stunde.
Und Mr. »Ich weiß alles, was es im gesamten Universum zu wissen gibt« hatte doch glatt den Nerv, zu erwidern: »Glauben Sie mir, hätten wir in Amerika in den Sommermonaten eine Durchschnittstemperatur von vierzig Grad Celsius, würde bei uns auch alles dichtmachen zwischen eins und vier.«
Tut mir leid, aber das war pure Angeberei. CELSIUS? Welcher Amerikaner kennt sich mit Grad Celsius aus?
Okay, genug geschimpft über Cal Langdon. Vor allem,
wenn das Wetter so toll ist und man sich in der Sonne aalen kann. Wissen Sie, im Grunde ist es ziemlich schwer, sich über etwas aufzuregen, wenn die Sonne am Himmel lacht und die Palmblätter sanft in der Meeresbrise – die natürlich wie immer einen Hauch von Pferdeäpfeln herüberweht – schaukeln, und man nichts weiter hört als das Summen der Bienen und das sanfte Kräuseln des kristallblauen Wassers im Pool und Cal, der auf seinem BlackBerry herumhackt.
Die Sonne hat so viel Kraft, dass sie wie eine dickflüssige Lotion in die Haut zu sickern scheint. Wirklich schwer zu sagen, ob es an dem Frizzante Bianco (gemischt mit Orangina, absolut lecker!) liegt oder an der Sonne, aber ich fühle mich, keine Ahnung, als wäre im Moment alles egal… sogar was aus Dr. Kovac in Emergency Room wird. Ich habe das Gefühl, ich könnte hier liegen bis in alle Ewigkeit …
Von: Arthur Pendergast
An: Cal Langdon
Betreff: Das Buch
Würdest du dich wieder beruhigen? Ich will dir nicht auf die Nerven gehen. Ich weiß ja, dass du im Moment viel um die Ohren hast. Teufel, wenn ich nach zehnjähriger Abwesenheit in die Staaten zurückkehren würde und eine Wohnung finden müsste und Möbel und einen Wagen und so weiter, würde ich völlig durchdrehen.
Na ja, nicht wirklich, schließlich überlasse ich das alles meiner Frau. Aber du hast keine Frau. Also mach dir keine Gedanken.
Trotzdem wäre es schön, wenn du mir grob schildern könntest, worum es in deinem nächsten Buch geht.
Arthur Pendergast
Herausgeber
Rawlings Press
1418 Avenue of the Americas
New York, NY 10019
212-555-8764
Von: Holly Caputo
An: Jane Harris
Betreff: Hast du das gesehen?
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Holly
Von: Jane Harris
An: Holly Caputo
Betreff: AW: Hast du das gesehen?
Hallo, heiratest du nicht übermorgen? Warum starrst du dann auf eine fremde, nackte Männerbrust?
J
Von: Holly Caputo
An: Jane Harris
Betreff: AW: AW: Hast du das gesehen?
Ich bin zwar bald verheiratet, aber nicht tot. Meine Güte, wer