Aber bitte fuer immer
Abendessen.
Von: Joan Langdon
An: Cal Langdon
Betreff: Mary
Hallo, Calvin!
Ich bin es, Mom. Ich weiß nicht, wo du dich zurzeit aufhältst – immer noch in Riad? Ich weiß aber, dass du einen Auftritt bei Charlie Rose hattest. Das hat mir einer der Nachbarn erzählt. Aber leider habe ich die Sendung verpasst, da ich, wie du weißt, keinen Fernseher besitze. Jedenfalls bedeutet das, dass du wieder in den USA gewesen sein musst.
Ich habe dein neues Buch gekauft. Es ist sehr dick.
Aber es steht im Schaufenster von Books-A-Million, darum wird es sich sicher gut verkaufen.
Jedenfalls hoffe ich, dass es dir gut geht und du nicht zu viel arbeitest … aber wie ich dich kenne, tust du das bestimmt. Du warst schon immer ein Workaholic. Weißt du noch, in der High School, als du wild entschlossen warst, an der Yale aufgenommen zu werden? Dein Vater und ich konnten das nicht verstehen. Was ist so falsch an einer staatlichen Universität? Wir haben eine besucht, und aus uns ist trotzdem was geworden.
Aber du hast am Ende deinen Kopf durchgesetzt. Wie immer. Du hast deinen Platz auf der Yale bekommen. Nur schade, dass wir keine finanzielle Unterstützung erhielten, um dein Studium zu finanzieren. Aber hey, aus dir ist
trotzdem etwas geworden! Sieht so aus, als hätte dir die Ohio State nicht allzu sehr geschadet.
Bei mir läuft es beruflich im Moment sehr gut. Nächsten Monat habe ich eine Ausstellung im Altenheim in Tucson mit meiner aktuellen Mullmännchenserie. Ich bin überzeugt, dass ich mir damit einen Namen in der Kunstwelt verschaffen werde. Ich sehe mich selbst als eine Art weiblichen Matthew Barney in fortgeschrittenem Alter. Du weißt schon, der Künstler, der mit Vaselineskulpturen bekannt geworden ist.
Cal, ich kann dir gar nicht sagen, wie gut sich das anfühlt, endlich seine kreative Seite auszuleben. Ich war wie erstickt in all den Jahren, in denen ich meine künstlerische Seele ignorierte. Ich hoffe wirklich, du findest einen Weg, deine eigene Kreativität fließen zu lassen, Cal. Ich weiß, manche Leute nennen Schreiben Kunst, aber deine Texte … nun, ich glaube nicht, dass Sachbücher dazu zählen. Ich weiß, du hast immer auf deine Schwester und mich herabgesehen und uns exzentrisch genannt.
Aber kreativer Ausdruck hat nichts mit Exzentrik zu tun, Cal. Nicht im Geringsten.
Da wir gerade von deiner Schwester sprechen, ich habe mich gefragt, ob du etwas von ihr gehört hast. Ich frage nur, weil ich letzte Nacht einen sehr seltsamen Traum hatte. Du, dein Vater, Mary und ich saßen auf einem gefrorenen See fest, und das Eis begann, immer mehr Risse zu bilden. Seltsamerweise warst du der Einzige, dem es gelang, sich in Sicherheit zu bringen.
Darum wollte ich nur fragen, ob du weißt, wie es Mary geht.
Das ist alles.
Mom
Von: Hank Langdon
An: Cal Langdon
Betreff: Hey
Hey, was sagst du? Ich bin online! Yeah! Ich weiß, es ist ein Wunder!
Wann kommst du mich mal besuchen? Ich habe einen zweiten Satz Schläger besorgt. Die Plätze hier sind nicht übel. Tja, sieht man mal von den Bohnenfressern ab. Aber mit denen muss man sich wohl abfinden in Mexico City!
Hey, ich hab gehört, du hast ein saftiges Buchhonorar eingestrichen. Meinst du, du könntest deinem alten Herrn vielleicht zehn Riesen leihen? Ich stehe ein bisschen in der Kreide bei diesem Buchmacher, weil ich auf den falschen Gaul gesetzt habe … Gut, gib mir einfach Bescheid. Und falls du mit deiner Mutter oder Schwester sprichst, sag ihnen, sie sollen mich in Ruhe lassen. Die beiden haben mich komplett ausgenommen. Ich habe nicht einmal mehr zwei Pesos, die ich aneinanderreiben kann.
Adiós
Dad
Von: Mary Langdon
An: Cal Langdon
Betreff: Du
Nachdem du meine Mail nicht beantwortet hast, schließe ich daraus, dass du null Interesse hast an mir und meinem Leben. Ich nehme an, der Begriff FAMILIE bedeutet dir überhaupt nichts.
Egal. Ich komme auch ohne dich zurecht – sonst hätte mich der Richter damals wohl kaum für geschäftsfähig erklärt, obwohl ich noch minderjährig war.
Ich bin zurzeit in Kanada, falls es dich interessiert. Nicht, dass MEINE Reisen einen Jetsetter wie dich beeindrucken könnten. Wo steckst du eigentlich? In Gstaad? Wagadugu? Bestimmt an einem exotischeren Ort als
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