Abgeferkelt: Roman (German Edition)
er über sie hergefallen und hatte sie nachhaltig vom Gegenteil überzeugt. Zumindest hoffte er das.
Vor ihrem Büro angekommen, klopfte Jonas an die Tür und trat ein. Kati saß am Schreibtisch, ihre Füße in Wollsocken auf der Tischplatte und den Telefonhörer am Ohr. »Sie müssen uns mit der Marge schon ein bisschen entgegenkommen«, sagte sie geschäftsmäßig. »Schließlich verschaffen wir Ihrem Produkt auf unserem Portal ein mehr als attraktives Umfeld, das bei der Kalkulation berücksichtigt werden muss …«
Lautlos schälte Jonas sich aus seinem Wintermantel, wartete, bis sie das Gespräch beendet hatte, und setzte sich dann zu ihr auf die Tischkante.
»Sieh an – Conan, der Barbar höchstpersönlich.« Sie lächelte. »Was verschafft mir die Ehre?«
»Ich dachte, es ist mal wieder an der Zeit, dich in meine Höhle zu schleifen.«
»Hast du das nicht gestern erst getan?«
»Manches verfestigt sich nur dann, wenn man es häufig genug wiederholt.« Er umfasste die Armlehnen ihres Schreibtischstuhls und zog sie zu sich heran. »Du riechst gut«, flüsterte er in ihr Haar. »Hab ich schon mal erwähnt, dass Büros außerordentlich animierend auf mich wirken?«
»Stimmt, da war was.« Sie küsste ihn. »Allerdings frage ich mich …«
»Ja?« Er ließ seine Hand unter ihr Sweatshirt gleiten.
»Wie gesagt, ich frage mich …«, wiederholte Kati. »Nicht kitzeln! Also, ob du die Folgen dieser … dieser Animation genauso reizvoll findest wie das Animieren selbst …«
»Solange du dabei bist, finde ich alles reizvoll.« Jonas beugte sich vor und küsste sie auf die Nasenspitze. »Unglaublich reizvoll sogar.«
Da schob sie ihn ein Stück zur Seite, öffnete eine Schublade und nahm eine Schachtel heraus. »Für dich.«
»Was ist das?«
»Ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk – mach’s auf.«
Neugierig hob Jonas den Deckel hoch und stutzte: Ein klitzekleines Paar Turnschuhe lag darin, gerade groß genug für ein Neugeborenes. »Moment mal!« Die Wucht der Erkenntnis ließ seinen Herzschlag aussetzen. »Heißt das, du bist …?«
Kati nickte. »Im Frühsommer. Ich hoffe, dass es ein Junge wird – Benny braucht dringend moralische Unterstützung …« Weiter kam sie nicht, denn Jonas sprang auf und riss sie in seine Arme. »Das ist wunderbar«, rief er. »Ich freu mich riesig!«
»Wirklich?«, fragte Kati leise.
»Was hast du denn gedacht?«
»Ich war mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher, ob du noch mehr Nachwuchs haben willst …«
»Natürlich. Die Welt muss bevölkert werden – warum denn nicht von mir?«
»Wird es dir nicht langsam zu viel mit all den Kindern, Frauen und Großeltern um dich herum?«, wollte sie wissen.
»Das müsste ich dich eigentlich fragen. Der Großteil der Bagage stammt schließlich von mir.«
Kati sah ihn an. »Ich möchte auf keinen von euch verzichten. Nie wieder.«
Krach.
Ein ohrenbetäubendes Scheppern ertönte aus dem Erdgeschoss, begleitet vom Geräusch zersplitternden Glases und einem heftigen Fluchen.
Jonas trat auf den Gang hinaus. »Was ist passiert?«
»Diese verdammte Tanne ist in die Porzellanvitrine gekippt«, schimpfte sein Vater entnervt. »Ich fürchte, wir müssen den Glaser kommen lassen!«
»Kein Problem, Winfried«, rief Kati nach unten. »Ich wollte das Ding sowieso auf den Sperrmüll bringen.«
Skeptisch sah Jonas sie an. »Bist du sicher?«
»Natürlich. Die Vitrine stand total im Weg.«
»Ich meinte, ob du uns auf Dauer wirklich alle um dich haben willst – immerhin zerlegen wir dein Haus gerade in Schutt und Asche …«
»Ich konnte die geschmacklosen Sammeltassen meiner Stiefmutter sowieso nie leiden.«
Jonas überlegte einen Moment. »Sag mal – was hältst du eigentlich von der Ehe?«
»Kommt drauf an, mit wem.«
»Stimmt natürlich. Und wer sollte uns schon fragen? Wobei …«
»Ja?«
»Erinnerst du dich noch an diese kleine Feldsteinkirche in Eimke?«
Sie neigte den Kopf und schien angestrengt nachzudenken. »Die mit dem Flügelaltar?«
»Genau die. Da könnte ich mir eine Trauungszeremonie sehr hübsch vorstellen. Rein theoretisch.«
»Aber nur, wenn sich einer unter die 400 Jahre alte Eiche stellt und das Löns-Lied singt.«
Jonas zog Kati näher zu sich heran und lächelte. »Ich glaube, das lässt sich einrichten.«
Ich bedanke mich …
… bei Dirk R. Meynecke, Christine Steffen-Reimann und Alexandra Baisch für die hervorragende Betreuung sowie für das konstruktive und behutsame
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