Abgehakt
Martin bettete Carstens Kopf in seinen Schoß und drückte seine Hand auf die Wunde.
Er fühlte sich absolut hilflos, als Carsten das Bewusstsein verlor, und Tränen der Trauer und der Wut bahnten sich ihren Weg.
58
Martin saß an seinem Schreibtisch und machte ein Gesicht, als wäre er überall lieber als hier. Ihm gegenüber saß Barbara Hansen. Kerzengerade und mit erhobenem Haupt blickte sie ihm unverwandt in die Augen. Er erwiderte ihren Blick, dabei lief ihm jedoch eine Gänsehaut über den Rücken. Nicht mal für ihn war es leicht nachzuvollziehen, was im Kopf dieser Frau vorging. Und eigentlich war es ihm auch egal. Er wollte dieses Gespräch, das nun schon zwei Stunden dauerte, so schnell wie möglich beenden, seinen Bericht schreiben und die Akte schließen.
Sie hatte ein umfassendes Geständnis abgelegt, hatte alle ihre Vermutungen bestätigt und Ungereimtheiten aufgeklärt. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass sie glaubte, durch die Morde gute Arbeit geleistet zu haben.
Von Nils Breitner und Marita Janz hatte sie durch Britta Kling erfahren. Sie kannten sich vom früheren gemeinsamen Training in der Judoschule und trafen sich mit etlichen anderen Mitgliedern alle paar Monate zum Quatschen, auch nachdem Barbara Hansen bereits ausgetreten war. Martin wunderte sich nicht sonderlich, dass Britta Kling doch von der Affäre gewusst hatte. Noch etwas, das sie der Polizei verschwiegen hatte. Dabei musste ihr klar gewesen sein, wie wichtig diese Information gewesen wäre. Aber alle Spekulationen über einen anderen Verlauf der Ermittlungen halfen jetzt auch nicht mehr.
»Wie ist das in dem Café gelaufen?«, wollte Martin abschließend wissen.
»Die Sache war besonders reizvoll, denn ich wusste, dass Sie Plan B ganz schön verwirren würde. Waren Sie nicht ziemlich am Rotieren, um uns zu finden?«
Ihr triumphierendes Lächeln war für Martin kaum zu ertragen. »Mich interessiert nicht, welchen Spaß Sie an der Sache hatten.«
»Na gut, die Fakten also. Noch zu Hause bei der Degener nahm ich die Batterie aus dem Funkmikrofon und klaute ihr das Handy aus der Tasche. Als Anne im Café zur Toilette musste, erzählte ich ihr, dass ich meinen Wagen umparken muss, weil er im Halteverbot steht. Dann tat ich so, als hätte ich sie aus den Augen verloren, und fragte die Bedienung nach ihr. Natürlich wusste ich, dass sie nicht auf uns geachtet hatte. Ich also raus zum Wagen, wo ich Sie ja dann anrief, um das Feuer anzufachen. Kurz darauf kam auch schon meine liebe Katja mit dem Mietwagen.«
»Warum haben Sie Frau Milster mit hineingezogen?«
»Ich brauchte sie, um den Wagen unter ihrem Namen anzumieten.«
»Zu dem Zeitpunkt muss Ihnen doch schon klar gewesen sein, dass die Sache auffliegen würde.«
»Aber nicht durch Katja.« Barbara Hansen winkte ab. »Sie dachte doch, sie täte mir einen Riesengefallen, damit ich meinen Termin wahrnehmen könnte. Sie war schon immer etwas leichtgläubig, die Gute.« Noch ehe Martin etwas erwidern konnte, fuhr sie fort: »Wir haben Anne aus dem Café geholt und sind gemeinsam losgefahren. Anne ist natürlich unbedenklich eingestiegen, nachdem sie gehört hat, dass sie es hier mit der Frau vom Kriminaldirektor höchstpersönlich zu tun hat. Allerdings haben wir Katja schon an der nächsten Ecke an einem Taxistand rausgelassen, damit die Damen sich nicht allzu lange unterhalten konnten.«
Martin schüttelte den Kopf und dachte an Katja Milster. Es ging ihr zurzeit nicht besonders gut. Dass ihre Freundin eine Serienmörderin war, hatte sie zutiefst schockiert. Außerdem war sie, die Frau des Kriminaldirektors, zur Handlangerin der Mörderin geworden. Sicher kein gutes Gefühl.
Als die Sprache auf Daniela Böhmer kam, die heute aus der Haft entlassen wurde, berichtete Barbara, wie sie ihr all die Indizien untergeschoben hatte. »Die Böhmer hatte genug Haare in ihrer Bürste hinterlassen, die ich dann in meine Perücke gesteckt habe. Und in dem Moment, als ich mein gutes Stück für Sie geopfert habe, kam mir die Idee, aus Annes Haaren eine wunderschöne neue machen zu lassen. So konnte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.« Stolz blickte sie von Martin zu Paul. »In meinem Berufsleben gibt es Kriminelle wie Sand am Meer. Ich hatte also die Wahl, in jeder Beziehung. Es ist wie das Schöpfen aus einem nie versiegenden Brunnen«, erklärte sie fast schwärmerisch. »Also nutzte ich das Angebot und ließ mir von Wehmeyer und Willig die Haare besorgen, ließ mir von
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