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Abgrund der Lust

Abgrund der Lust

Titel: Abgrund der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Schone
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er Victoria in die kleine Diele des Backsteinhauses.
    Drei Gestalten spiegelten sich in der glatt polierten Eichentäfelung: der braunhaarige Butler, dessen schwarzer Rock in Frackschößen endete; ein Mann, größer als der Butler, mit einem doppelreihigen grauen Wollmantel und schwarzem Bowler; und eine Frau von gleicher Größe wie der Butler, das Haar unter einem schwarzen Windsor-Hut versteckt, den Körper in einen dunkelblauen Umhang gehüllt.
    Victoria schlug den schwarzen Halbschleier ihres Windsor-Hutes zurück. Ihre Haut strahlte.
    Gabriels Eingeweide zuckten.
    Er hatte dieses Strahlen bei Victoria bewirkt, ein Mann, der ihre Liebe forderte, aber nicht versprechen wollte, sie zu erwidern. Und nun sah er die Vergangenheit mit ihren Augen.
    Die kleine Diele hatte sich in den sieben Monaten, seit er sie zuletzt gesehen hatte, nicht verändert. Eine in allen Blauschattierungen blühende Hyazinthe und ein kleines Silbertablettleuchteten auf der polierten Platte eines kleinen Tischchens. Ein spiegelglatter Eichenboden reichte bis über die Diele hinaus. Eine Marmortreppe mit schmiedeeisernem Geländer führte nach oben.
    »Sie erwarten Sie, Monsieur , Madame .« Der Butler streckte eine weiß behandschuhte Hand aus. »Darf ich bitte Ihren Stock nehmen, Sir …«
    Gabriels linke Hand umklammerte unwillkürlich den silbernen Griff des Gehstocks. Er wusste nicht, was ihn erwartete … von den Menschen, die ihn erwarteten.
    Victoria schaute ihn an. Ihr Blick war klar und ruhig. Es war seine Entscheidung, sagte ihr Blick.
    Er konnte weiter im Dunkel der Vergangenheit leben oder er konnte in eine strahlende Zukunft treten.
    Gabriel gab dem Butler den Stock mit dem silbernen Griff, der kein Gehstock war. Er hielt Victorias dicken, blauen Wollmantel, während sie erst aus einem, dann aus dem anderen Ärmel schlüpfte. Der Butler nahm den Mantel und vermied geschickt, Gabriel mit seinen behandschuhten Fingern zu berühren.
    Gabriel zog seine Lederhandschuhe aus; Victoria hob die Arme, dass ihre kupferrotes Seidenmieder sich über ihren Brüsten spannte – sie hatte empfindsame Brüste, schöne Brüste, nach denen er selbst jetzt hungerte – und zog die Hutnadel heraus, mit der ihr Hut festgesteckt war. Ihr braunes Haar mit leichtem Kupferton war zu einem französischen Zopf aufgesteckt; er würde es befreien, wenn sie nach Hause kamen. Ihr Kleid schmiegte sich an ihre Taille; er würde es ihr in der Zurückgezogenheit seiner Suite ausziehen.
    Vielleicht würde er aber auch nicht so lange warten.
    Vielleicht würde er sie mit der Lust bekannt machen, die auf seinem Schoß in einer fahrenden Kutsche zu finden war, wenn das Holpern und Rumpeln der Räder sie beide zum Höhepunkt führte.
    Gabriel nahm seinen Bowler ab und steckte seine schwarzen Lederhandschuhe in den satingefütterten Filz. Schweigend nahmder Butler den Hut, wobei seine Finger Gabriel mieden. Gabriel wartete nicht, bis der Butler ihm aus dem Mantel half; das erwartete der Butler auch nicht.
    Gabriel reichte Victoria die linke Hand.
    Je mehr sie ihn berührte, um so mehr sehnte er sich nach ihrer Berührung.
    Victoria zog ihre Handschuhe aus und steckte sie in die Tasche, die an ihrem Handgelenk hing. Heiß schoss es ihm durch seine Hoden: Die Lust von nacktem Fleisch an nacktem Fleisch.
    Antoine brauchte Gabriel den Weg nicht zu zeigen. Das scharfe Klicken von Victorias Absätzen hallte durch den Flur; begleitet vom leiseren Tappen seiner eigenen Lederstiefel.
    »Monsieur Gabriel.«
    Gabriel stockte, den linken Fuß auf der Marmortreppe. Victoria blieb an seiner Seite stehen. »Ja?«
    » Je suis heureux que vous soyez venus .«
    Ich freue mich, dass Sie gekommen sind.
    Es war nicht der Butler, der das sagte, sondern der Mann, der in Gabriels vorigem Haus Gäste am Tisch und im Bett bedient hatte; vor sieben Monaten hatte er begierig die Gelegenheit beim Schopf ergriffen, Butler zu werden.
    Seine Hand krampfte sich um Victorias Finger. » Moi aussi , Antoine.«
    Gabriel log. Er wusste nicht, ob er sich freute oder nicht.
    Hallende Treppenstufen wendelten sich nach oben, der Vergangenheit entgegen, die Zukunft an seiner Seite.
    Der Flur im Obergeschoss hatte einen Eichenboden. Schweigend überquerte Gabriel die Distanz … erinnerte sich … versuchte sich nicht zu erinnern ….
    Die Tür am Ende des Flures stand offen, gab den Blick frei auf Wände, bespannt mit Seide, … Eichenboden … die durchdringende Süße von Rosen.
    Ich kenne meine Blume

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