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Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren.

Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren.

Titel: Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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der Kabinettchef.
    Der Minister hob mit zittriger Hand den Telefonhörer ab. »Hallo, Handelsministerium? Was ist mit den Zigaretten?«
    »Wir bedauern«, wurde ihm bedeutet, »die Erhöhungen kommen immer am Wochenende.«
    »Was ist mit dem Salz?«
    »Morgen.«
    »Kartoffeln?«
    »Wurden vorgestern erhöht.«
    »Hühneraugenpflaster?«
    »Vor fünf Tagen.«
    »Schwimmunterricht?«
    Der Minister wartete die Antwort gar nicht mehr ab. In panischem Schrecken sah er auf die Uhr und schrie: »Nur noch eine halbe Stunde Zeit!« Er stürzte aus dem Haus, warf sich in seinen Dienstwagen und raste mit Blaulicht und Folgetonhorn ins Postministerium.
    »Ich flehe euch an, erhöht mir irgend etwas. Telefongespräche, Briefporto, was immer euch einfällt. Es geht um Leben und Tod.«
    »Gerne«, sagte man ihm, »aber für heute ist es leider schon zu spät.«
    Der Minister raste zum Elektrizitätswerk.
    »Heute leider nicht«, lautete das Urteil. »Der Ölpreis wurde eben um 8 Cent gesenkt.«
    Er raste ins Textilmuseum, wo man einhellig die Köpfe schüttelte:
    »Nichts zu machen, Exzellenz. Aber wenn Sie nach dem nächsten Monatsersten kommen, werden wir weitersehen.«
    Der Minister war in dieser halben Stunde um Wochen gealtert. Er fuhr zurück in sein Büro und ließ den Kabinettchef antreten:
    »Melden Sie sofort der Presse«, befahl er, »daß in Anbetracht der steigenden Rohstoffpreise einerseits und infolge der Auswirkungen auf die Produktionskosten andererseits wir uns gezwungen sehen, die Preise irgendeines Produktes um 14½ Prozent zu erhöhen. Näheres wird in Kürze bekanntgegeben.«
    Der Kabinettchef eilte in sein Büro, um die Presse zu verständigen, während der Minister sich erleichtert in seinem Sessel zurücklehnte: »Geschafft«, atmete er erleichtert auf. »Wenigstens haben wir eine Panik in der Bevölkerung verhindert.«

Profi

    Menschen, die den alten Lustig nicht näher kennen, halten ihn für einen Taxifahrer. Er ist prinzipiell schlecht rasiert, seine Augen sind demonstrativ rot und geschwollen, weil er absichtlich zu wenig schläft. Beim Gehen klirren in seiner Tasche zahllose Autoschlüssel, und wenn er sitzt, dann nur hinter dem Lenkrad seines schwarzen Taxis. Genaugenommen ist Lustig ein Taxifahrer. Diese lapidare Definition jedoch wird den Tatsachen nicht annähernd gerecht.
    De facto managt Lustig den internationalen Flughafen von Tel Aviv.
    Das habe ich selbst herausgefunden, als vorige Woche mein Wagen streikte und ich ausgerechnet in sein Taxi stieg, um zum Flughafen zu fahren. Ich sollte einen entfernten Onkel abholen, dessen Ankunft für 7 Uhr 30 morgens angekündigt war.
    »Regen Sie sich nicht auf«, beruhigte mich Lustig, als wir uns dem Flughafen näherten. »Lustig weiß Bescheid. Mit was fliegt er denn, Ihr Onkel?«
    »Soviel ich weiß mit der Sabena.«
    »Und deswegen habe ich mich so beeilen müssen?« Lustig nahm seinen Fuß vom Gaspedal. »Die Maschine kommt erst um 8 Uhr 40 an. An Donnerstagen hat Sabena immer 1 Stunde 10 Minuten Verspätung, Air France 25 Minuten und TWA 1 Stunde 12 Minuten. Paß- und Zollkontrolle werden nicht zu lang dauern, weil zu diesem Zeitpunkt das Zollgewerkschaftskomitee seine allmorgendliche Sitzung abhält. Ihr Onkel wird ein bißchen erschöpft sein nach dem Sturm über Griechenland, aber ansonsten munter und fröhlich, wenn auch verärgert wegen des säuerlichen Rotweins, den ihm die schlampige Stewardess serviert hat.«
    »Wieso wissen Sie das alles?«
    »Wieso Lustig das weiß, fragt er! Werter Herr, ich fahre seit über vierzig Jahren zum Flughafen und zurück. Ich bin heute soweit, daß ich einem Menschen nur ins Gesicht schaue, und schon weiß ich, wo er herkommt, wieviel Geld er bei sich hat und was er schmuggelt. Ein Blick, und ich weiß: fünf Koffer und eine Hutschachtel. Ich habe mich noch nie um mehr als ein Stück Handgepäck geirrt. Bedenken Sie, vierzig Jahre .. .«
    Wir erreichten den Flughafen. Ein Wachposten verlangte meine Identitätskarte. Vor Lustig hingegen salutierte er.
    »Im Moment tut sich ziemlich viel hier«, bemerkte Lustig, »wegen der vielen Emigranten aus Osteuropa. Sachen kann man hier erleben – manchmal gehen die einem wirklich nahe. Vorigen Montag zum Beispiel kam eine alte Frau an, die ihre Tochter fünfundzwanzig Jahre lang nicht gesehen hat. Fünfundzwanzig Jahre, Herr! Die sind einander um den Hals gefallen und haben geschlagene zehn Minuten lang abwechselnd geweint und gelacht . . .«
    In diesem Augenblick

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