Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren.
einzige Weg, der uns offensteht, ist der, den Sie eben gegangen sind. Aber als Entschädigung darf ich Ihnen mitteilen, verehrter Herr, daß wir eine sensationelle Werbekampagne für hebräische Literatur gestartet haben. Danach erhält jeder Käufer eines unserer Bücher ein Dutzend frischer, hartgekochter Eier mit den besten Wünschen des Hauses als Draufgabe. Hätten Sie vielleicht jetzt die Güte, mein Herr, in unserem Laden ein Buch zu erwerben?«
»Also gut«, sagte ich und zog ein Notizbuch hervor, das ich ständig in meiner Gesäßtasche trage. »Ich hätte gerne ›Fanny Hill‹ und ›Freude an der Diät‹, sowie einen historischen Roman, dessen Titel ich vergessen habe, aber auf dem Umschlag ist ein tolles, rothaariges Weib auf einem Scheiterhaufen.«
»Aber entschuldigen Sie, mein Herr«, krümmte sich der Ladenbesitzer, »das ist doch alles billiger, amerikanischer Schund.«
»Ich weiß«, erklärte ich, »aber ich lese sowieso keine Bücher. Ich brauche nur einige, die ich unter das kürzere Bein unseres Küchentisches legen kann.«
»In diesem Fall darf ich Ihnen einen anderen Vorschlag unterbreiten, mein Herr. Wenn Sie ein hebräisches Buch kaufen, bekommen Sie als Prämie ein kostenloses Wochenende in Eilat.«
»Ich war schon in Eilat. Aber wenn Sie mir zu jedem hebräischen Buch, das ich kaufe, einen Asterix geben würden ...«
»Nein«, schrie der Fanatiker und zog seine Pistole. »Sie kaufen augenblicklich ein hebräisches Buch in zwölf bescheidenen Monatsraten oder Sie sind ein toter Mann.«
Ich kniete mich hin und wartete auf die erlösende Kugel. In diesem Augenblick ertönte eine Glocke, der nächste Passant war in die Grube gefallen und rettete so mein Leben. Ich ging heim und mußte entdecken, daß der hartnäckige Buchhändler mir hinterrücks zwei hebräische Bücher in die Manteltasche geschmuggelt hatte. Unter dem Bein meines Küchentisches hat aber nur ein Buch Platz.
Wie peinlich. Jetzt muß ich auch noch eine Säge kaufen.
Kleingedrucktes
Vorigen Mittwoch wurde ich durch heftiges Klopfen an meiner Wohnungstür geweckt, das von noch heftigeren Fußtritten begleitet war. Von Neugier gepackt, öffnete ich die Tür und fand ein bebrilltes Individuum, in dessen Windschatten zwei kräftige Möbelpacker herumlungerten.
»Guten Morgen«, sagte der Bebrillte, »wir kommen von der Immobilien-Bank, um Ihr Mobiliar wegzuschaffen.«
Ich fragte naturgemäß warum, worauf der Bebrillte mir ein Dutzend bedruckter Blätter unter die Nase hielt und mich fragte, ob die Unterschrift auf der gestrichelten Linie die meine wäre?
Ich erkannte sofort die Formulare, die ich vor zwei Monaten als Bürge für meinen Nachbarn Felix Selig unterschrieben hatte, weil er einen Kredit aufnehmen wollte. Leugnen half nichts, ich gestand.
»Na also«, verkündete der Bebrillte. »Hier auf Seite neun, unter der Klausel B5, Ziffer 138 steht, ich zitiere: ›Ich, der Unterzeichnete, im folgenden Bürge genannt, verpflichte mich, meinen gesamten Hausrat der Immobilien-Bank zu überlassen, wann immer die Direktion der oberwähnten Bank den geeigneten Zeitpunkt dafür bestimmt.«
Mir brach der kalte Schweiß aus. Ich versuchte, die Vorgänge zu rekonstruieren. Ja, ich war zu irgendeinem Beamten in Felix Seligs Hausbank gegangen, um ihm zu sagen, daß es mein Wunsch wäre – Wunsch? –, für Seligs Kredit zu bürgen, worauf der Beamte etwa ein Kilogramm eng bedruckter Formulare auf den Tisch legte und befahl: »Unterschreiben Sie hier bitte . . . und hier . . . und jetzt da . . . und da und dankeschön.«
Ob ich den Text gelesen habe?
Haben Sie, verehrter Leser, schon jemals an einem Bankschalter »Krieg und Frieden« gelesen?
»Also tun Sie Ihre Pflicht«, sagte ich dem Bebrillten mit belegter Stimme. Die beiden Gewalttäter stürzten sich auf meine Möbel, und wenige Minuten später war meine Wohnung völlig leer. Sie waren gerade dabei, meinen allerletzten Lehnstuhl hinauszutragen, als ein hakennasiger Mensch mit einem Polizisten im Schlepptau des Weges kam.
»Ist das Ihre Unterschrift?« fragte mich der Ordnungshüter, während er auf ein seriös wirkendes Papier hinwies, das ich nach einer Überquerung des Rothschild-Boulevards bei Rotlicht unterschrieben hatte.
Ich identifizierte meine Unterschrift.
»Dann muß ich Sie bitten, mich zum Gerichtshof zu begleiten«, sagte der Polizist, »damit Ihr Todesurteil verkündet werden kann.«
Ich blickte noch einmal auf das Papier. Er hatte vollkommen
Weitere Kostenlose Bücher