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Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Titel: Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Boscher
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ansehen, da käme fast jede Woche irgendwas mit einem Serialkiller drin, und je abstruser dessen Konzept (»immer wieder gerne aus der Bibel genommen«), umso besser. Vielleicht, so mutmaßte Magdalena, fänden diese Figuren ja deswegen ihr Publikum (»Mich ja schließlich auch!«, sagte sie), da sie an einen Nerv der heutigen Zeit rühren, vielleicht das Bedürfnis, das Böse nicht einfach als banal hinzunehmen.
    So kamen wir also über besagtes Buch, und alles, was uns an Romanen und Filmen, in denen Serienmörder eine Rolle spielen, einfiel – natürlich auch meinen Roman und meine noch nichtexistente Hauptfigur –, gut ins Plaudern. So gut, dass Magdalena mir anbot, dieses Gespräch doch an selbem Abend bei einem Glas Wein fortzusetzen, was ich leider ablehnen musste, weil ich an jenem Abend Dienst in der Kneipe hatte, und ich mir sicher war, so kurzfristig keinen Ersatz für mich zu finden.
    » Macht nichts!«, sagte Magdalena da, ohne lange zu überlegen, »Komm doch einfach nach der Arbeit bei mir vorbei, ich bin ein Nachtmensch!«, und ich nahm ihr Angebot natürlich begeistert an.
    Was mich begeisterte, war natürlich nicht nur die Aussicht, dieses sehr anregende Gespräch in anregenderer Umgebung fortsetzen zu können, sondern auch jener Gedanke, der sich aufgrund von Magdalenas Verhalten in mir herausgebildet hatte: nämlich, dass sie keinen Freund hatte, haben konnte. Warum sollte sie sich auch so aufreizend kleiden, wenn sie einen Freund gehabt hätte? Wenn sie dem Markt nicht mehr zur Verfügung gestanden hätte? Allein aus dem Reiz heraus, anders als normal zu sein? Nein, wenn sie einen Freund gehabt hätte, dann hätte sie sich nicht – ohne zu überlegen, ohne dies mit ihm abzuklären – nachts mit einem Mann zum Wein verabredet. In ihrer Wohnung. Mit einem fremden Mann. Zum Wein.
    Ich fand mich nach meiner Arbeit bei Magdalena ein. Und sie ging, als ich in ihrem Wohnzimmer auf einem Sessel Platz genommen hatte, gleich in medias res:
    » Ich hab’ mir das noch mal durch den Kopf gehen lassen. Was du da heute Mittag gesagt hast, hat mit der schmutzigen Realität wirklich nichts zu tun!«
    Mir gegenüber auf dem Sofa sitzend, äußerst schnuckelig anzuschauen in ihrem viel zu engen, viel zu kurzen, alten, verwaschenen rosa Frotteebademantel, öffnete sie eine Flasche Rotwein, –
    » Es mag ja sein«, so gab sie zu, »dass es auf manche Mörder zutrifft, bei ihnen von Stil und Handschrift zu sprechen, und da führt die hermeneutische Methode der Täterprofilerstellung ja anscheinend auch zu Erfolgen...«
    – wobei ihr ein guter Schluck aus der Flasche über eines ihrer vom Bademantel nicht bedeckten Knie und einen ihrer ebenfalls nackten Oberschenkel schwappte –,
    » Aber denk doch nur mal an die Zahlen! Einer Minderheit von aufgeklärten Fällen steht eine Masse an nicht gelösten Taten von Serienmördern gegenüber.«
    – was es mir ein wenig schwer machte, mich auf ihre Worte zu konzentrieren, vor allem, da sie den Wein einfach über ihre Haut und auf den Teppich laufen ließ, während sie weiter redete –
    » Und nicht deswegen«, betonte sie, »weil nicht genügend Personal zur Verfügung steht, welches sich durch interpretatorisches Geschick auszeichnet, sondern schlicht und einfach aus dem Grund, dass die nicht gefassten Serienmörder unsystematisch, konzeptlos sind, und ihnen mit Methoden, die mit Kategorien wie Werk und Handschrift und Stil arbeiten, nicht beizukommen ist!«
    Mir fiel daraufhin nichts Kluges als Erwiderung ein. War zu abgelenkt. Sah nur den Rotwein rinnen und rinnen, was sich recht negativ auf meinen Gedankenfluss ausübte, derweil Magdalena von Gedanken nur so überzufließen schien:
    Sie gab zu, dass es auf der Ebene der Methoden Ähnlichkeiten geben mag zwischen der Aufklärung von Gewaltverbrechen und der von Kunst, man brauche ja nur an Foucaults Gedanken der Epistéme zu erinnern, um solche strukturellen Gleichförmigkeiten nicht verwunderlich zu finden. Aber von dieser Ähnlichkeit auf der Metaebene auf eine ebensolche auf der Objektebene zu schließen, sei schlicht unzulässig.
    » Serienmörder sind in der Regel keine Künstler!«, stellte Magdalena kategorisch fest, während vor meinem inneren Auge der Satz: Leck ihr den Rotwein vom Bein! Leck ihr...! blinkte und –
    » Nicht künstlerisches Kalkül, so pervers und abstrus es auch sein mag, zeichnet ihre Taten aus«, sagte Magdalena, »sondern grauenhafte Belanglosigkeit...«
    – blinkte –
    » Es mag ja

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