Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)
sein, dass es da Phantasien gibt, die hat schließlich jeder, auch wenn sie zumeist nicht von dieser Art sind, aber normalerweise, wenn ich in diesem Falle überhaupt von normal reden kann,...«
– blinkte –
» ...werden sie nicht zum Werk. Da wird ein mörderischer Trieb ausgelebt, ausgestaltet wird da nichts!«
– und blinkte, bis Magdalena sich endlich mit einem Tempo säuberte, so dass ich dergestalt aus meiner erotischen Abgelenktheit wieder auf den Teppich gebracht, den Magdalena mit einem anderen Tempo trocken tupfte, ihren weiteren Ausführungen wieder konzentrierter folgen konnte:
» Diese Mörder sind einfach Tiere! Auch wenn diese Metapher schon beinahe einer Beleidigung der Tiere gleichkommt«, meinte sie, »Wenn sie der Trieb packt, schlagen sie willkürlich und zufällig das Opfer, was sich ihnen gerade anbietet. Das hat aber rein gar nichts mit Kunst zu tun, das ist nun wirklich eine naive Romantisierung von Mordlust!«
Ich wollte zu einer Erwiderung ansetzen, aber Magdalena kam meinem Einspruch mit einem Positionswechsel auf dem Sofa zuvor. Hatte sie zuvor gesessen, so legte sie sich nun auf die Seite und stütze ihren Kopf auf eine Hand, was Magdalenas ausgeprägte Kurven noch betonte, vor allem da sie sich mit ihrem Bademantel vollständiger nur hätte bedecken können, wenn sie sich größere Mühe damit gegeben hätte. Jedenfalls veranlasste mich mein Rückenmark, den Mund zu halten, stattdessen hinzugucken und Magdalena – genüsslich an meinem Wein nippend – einfach nur zuzuhören:
» Verbrechen, bei denen zwischen Täter und Opfer eine Verbindung besteht, sind bekanntermaßen leichter aufzuklären«, sagte sie, »weil allein schon diese persönliche Verbindung eine gewisse Einzigartigkeit stiftet, die Hinweise auf den Täter liefert!«
Weiterhin meinte sie: »Und deswegen sind diese Mörder, die du hier mit Künstlern auf eine Stufe stellst, auch einfacher zu fassen als die viel zu vielen, die ohne erkennbares Konzept, ohne weitergehendes Motiv als der puren Mordlust zur Tat schreiten. Diese fassbare Verbindung zwischen Täter und Opfer – und da mag das Opfer auch nur reines Objekt sein – ist schließlich auch dann vorhanden, wenn einer deiner stilvollen Mörder zur Sache geht!«
Und sie sagte auch noch: »Auch wenn er sein Opfer nicht persönlich kennt, so ist es dennoch nicht willkürlich ausgewählt. Es mag zwar Zufall sein, dass es gerade diesen besonderen Menschen trifft, aber die Auswahl des Typus, den dieser Mensch verkörpert, ist nicht dem Zufall überlassen. Die Wahl des Opfers ist notwendiger Teil der Inszenierung, und so stellt er durch seine Handschrift, seinen Stil eine Verbindung zum Opfer her. Und diese inszenierte Verbindung zwischen Täter und Opfer stellt jene Einzigartigkeit dar, die es leichter macht, solchen Mördern auf die Spur zu kommen, hier hilft wirklich Einfühlung. Denn die Interpretation seiner speziellen Objektivierung von Menschen lässt Rückschlüsse auf den Urheber zu«
Dies seien aber, wie Magdalena erneut betonte, nur die Ausnahmen, und während sie weitersprach, setzte sie sich wieder hin und wickelte sich, da ihr anscheinend kalt geworden war, von ihren Knien bis zum Hals in eine Decke ein. Die große Masse an Serienmördern sei stillos, sagte sie also, bei ihnen fehle (leider müsse man sagen, sagte sie) diese Verbindung, sie seien konturlose, zutiefst gestörte Persönlichkeiten, die nichts an Einzigartigkeit an sich hätten, und deswegen liefen die meisten von ihnen auch noch frei herum.
Nun nicht mehr stumm gemacht durch ihr dahingeräkelte Pose, hatte ich bereits den Mund geöffnet, um ihr zu erwidern, dass ich die von ihr kritisierten Überlegungen ja gar nicht im Hinblick auf das, was in der Welt wirklich passiere, geäußert hätte, sondern in Gedanken an die zu schaffende Romanfigur, aber da lenkte Magdalena ihren Redefluss schon von selbst in diese Richtung:
» Aber klar«, gab Magdalena zu, »dass dir als Schriftsteller so konturlose Mördergestalten nicht zusagen. Mir als Leserin übrigens auch nicht. Solche Typen – fiktionalisiert – sind wohl einfach zu nah an der Realität dran, als dass man sie genussvoll rezipieren könnte. Nein, nein, literarische Mörder müssen zwar so realistisch sein, dass es sie geben könnte, aber nicht so real, dass man das Gefühl hat, sie bei nächster Gelegenheit zu treffen. Da gibt es eine schmale Grenze, die uns erlaubt, Spaß bei Lektüre oder beim Schauen von Filmen zu haben,
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