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Absender unbekannt

Absender unbekannt

Titel: Absender unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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sprach ihn Bolton an, „die werden Sie nicht brauchen. Wir passen auf Sie auf.“
„Klar“, sagte Phil ganz leise.
Wir beobachteten ihn, wie er einen kurzen Blick aufs Foto warf, das er auf der Küchentheke hatte liegenlassen, dann auf die Waffe in seiner Hand, und wie sich die Angst
langsam in ihm ausbreitete. Kurz schaute er Angie an, dann wieder auf den Boden, und ich merkte, dass er versuchte, diese Geschichte zu verarbeiten. Er war von der Arbeit nach Hause gekommen und vor seiner Wohnung von Agenten des FBI abgefangen worden, die ihn hierherbrachten, wo ihm mitgeteilt wurde, dass jemand, der ihm völlig unbekannt war, es darauf abgesehen hatte, sein Herz innerhalb der nächsten Woche in Rente zu schicken.
Schließlich blickte Phil auf; seine sonst olivbraune Haut hatte die Farbe entrahmter Milch. Er bemerkte meinen Blick und warf mir sein jungenhaftes Grinsen zu, dann schüttelte er den Kopf, als steckten wir irgendwie zusammen in der Patsche.
„Gut“, sagte er schließlich, „vielleicht habe ich ein bisschen Angst.“ Die Anspannung, die sich in der Küche aufgebaut hatte, löste sich auf.
Phil legte die Waffe auf den Herd, hievte sich auf die Küchentheke und sah Bolton mit belustigt hochgezogener Augenbraue an. „Also, erzählen Sie mir von dem Kerl!“
Ein Beamter steckte den Kopf in die Küche. „Agent Bolton? Keine Anzeichen, dass sich jemand an den Schlössern oder anderen Zugängen zum Haus zu schaffen gemacht hat. Wir haben alles auf Wanzen untersucht, alles sauber. Das Gras hinter dem Haus steht so hoch, dass mindestens seit einem Monat niemand mehr hindurchgelaufen ist.“
Bolton nickte, und der Beamte verschwand.
„Agent Bolton“, sprach Phil ihn an.
Bolton wandte sich ihm wieder zu.
„Könnten Sie mir bitte von diesem Kerl erzählen, der mich und meine Frau umbringen will?“
„Ex, Phil“, verbesserte Angie, „Exfrau.“
„Sorry.“ Er sah Bolton an. „Mich und meine Exfrau also.“ Bolton lehnte sich gegen den Kühlschrank, Devin und Oscar setzten sich hin, und ich hievte mich auf die Küchentheke auf der anderen Seite des Herdes.
„Dieser Mann heißt Evandro Arujo“, begann Bolton. „Er ist des Mordes verdächtig in mindestens vier Fällen im letzten Monat. In all diesen Fällen hat er den Opfern oder ihren Angehörigen vorher Fotos geschickt.“
„Solche Fotos?“ Phil wies auf das mit Staub zur Abnahme von Fingerabdrücken bedeckte Bild von ihm und Angie, das auf dem Küchentisch lag.
„Ja.“
Es war vor kurzem gemacht worden. Im Vordergrund lag buntes Laub auf dem Boden. Angie schien Phil etwas zu erzählen, sie hatte ihm den Kopf zugewandt, er hörte mit gesenktem Kopf zu. Sie liefen über den Grasstreifen, der die Commonwealth Avenue in zwei Hälften teilt.
„Aber an dem Bild ist doch nichts Gefährliches.“
Bolton nickte. „Ausser dass es überhaupt gemacht und dann Ms. Gennaro zugeschickt wurde. Haben Sie den Namen Evandro Arujo schon mal gehört?“
„Nein.“
„Alec Hardiman?“
„Nee.“
„Peter Stimovich oder Pamela Stokes?“
Phil dachte darüber nach. „Hört sich irgendwie bekannt an.“ Bolton schlug den Ordner in seiner Hand auf und reichte Phil Fotos von Stimovich und Stokes.
Phils Gesicht wurde dunkelrot. „Wurde dieser Typ nicht letzte Woche erstochen?“
„Viel schlimmer als erstochen“, erwiderte Bolton.
„In der Zeitung stand erstochen“, beharrte Phil. „Irgendwas über den Exfreund seiner Freundin, das der verdächtigt wurde.“ Bolton schüttelte den Kopf. „Die Geschichte haben wir lanciert. Stimovichs Freundin hatte keinen Exfreund, der in Frage käme.“ Phil hielt das Foto von Pamela Stokes hoch. „Ist sie auch tot?“ „Ja.“
Phil rieb sich die Augen. „Scheiße“, stieß er hervor, und es kam ein wenig unsicher heraus, als werde es von einem Lachen oder Schaudern begleitet.
„Haben Sie einen von den beiden schon mal gesehen?“ Phil schüttelte den Kopf.
„Was ist mit Jason Warren?“
Phil sah Angie an. „Der Junge, den ihr beschattet habt? Der umgebracht wurde?“
Sie nickte. Seitdem wir angekommen waren, hatte sie nicht viel gesagt. Sie rauchte eine Zigarette nach der anderen und starrte aus dem Fenster auf den Hinterhof.
„Kara Rider?“ fragte Bolton.
„Die hat das Arschloch auch umgebracht?“
Bolton nickte.
„O Gott.“ Phil rutschte vorsichtig von der Theke, als sei er nicht sicher, ob der Boden ihn tragen würde. Mit steifen Schritten ging er zu Angie hinüber, nahm sich eine von ihren Zigaretten, zündete sie

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