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Absender unbekannt

Absender unbekannt

Titel: Absender unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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und schob ein paar Dosen zur Seite.
Heute morgen hatte ich mit Mae gefrühstückt, aber mit Lyle hatte ich schon vorher geredet. Nachdem Kevin vor der Tür gestanden hatte. Dann war ich zurück in die Küche gegangen, hatte Bubba angerufen…
„Was hab ich euch gesagt?“ Angie öffnete den mittleren Schrank. „Hier sind auch keine Chips.“
„Ihr zwei kommt bestimmt toll miteinander aus“, frohlockte Devin. Nachdem ich mit Bubba gesprochen hatte, hatte ich Lyle gebeten, die Musik leiser zu stellen, weil Mae noch schlief. Und er sagte… „Letzter Versuch.“ Angie griff nach der Tür des rechten Schranks. … es sei ihm egal, weil er einen Termin beim Zahnarzt habe und eh nur bis mittags arbeite.
Ich stand auf und sah aus dem Fenster in den Hof hinunter, als Angie aufschrie und einen Satz nach hinten machte.
Im Hof war niemand. Lyle war weg.
Ich sah in den Schrank und erkannte als erstes ein Augenpaar, das mich anstarrte. Es waren blaue Menschenaugen, die einfach so dalagen.
Oscar griff nach dem Funkgerät. „Ich will Bolton sprechen. Sofort.“ Angie stolperte rückwärts am Tisch entlang. „Oh, Scheiße!“ „Devin“, keuchte ich, „dieser Anstreicher…“
„Lyle Dimmick“, erwiderte Devin, „wir haben ihn überprüfen lassen.“ „Das war nicht Lyle“, gab ich zurück.
Oscar hörte uns zu, während er am Funkgerät mit Bolton sprach. „Bolton“, sagte Oscar, „lassen Sie Ihre Leute ausschwärmen! Arujo ist in der Gegend, er ist als Cowboy-Anstreicher verkleidet. Er ist gerade verschwunden.“
„In welche Richtung?“
„Keine Ahnung. Schicken Sie Ihre Leute los!“
„Wir sind unterwegs.“
Angie und ich nahmen drei Stufen auf einmal und sprangen mit gezückter Waffe über das Geländer der rückseitigen Veranda in den Hinterhof. Arujo hatte drei Möglichkeiten: Wenn er nach Westen durch die Hinterhöfe gelaufen war, wäre er noch nicht raus, weil auf dieser Straßenseite vier Häuserblocks lang keine Querstrasse kreuzte. Wenn er nach Norden in Richtung Schule geflohen war, hätte ihn das FBI aufgehalten. Blieb also nur noch der Häuserblock südlich von uns oder östlich Richtung Dorchester Avenue. Ich ging nach Süden, Angie nach Osten.
Wir fanden ihn beide nicht.
Das FBI hatte auch kein Glück.
Um neun Uhr flog ein Hubschrauber über unseren Stadtteil, und Hunde durchforsteten die Strassen, Beamte gingen
von Haus zu Haus. Meine Nachbarn waren seit letztem Jahr nicht allzu gut auf mich zu sprechen, als ich ihnen fast einen Bandenkrieg vor die Haustür geliefert hatte; ich konnte mir entfernt vorstellen, mit welch uralten keltischen Flüchen sie heute nacht meine Seele verdammten.
Evandro Arujo war als Lyle Dimmick verkleidet durchs Sicherheitsnetz geschlüpft. Wenn ein Nachbar nach draußen blickte und eine Leiter gegen mein Fenster im zweiten Stock gelehnt sah, würde er einfach annehmen, Ed Donnegan habe nun auch mein Haus gekauft und Lyle beauftragt, es zu streichen.
Das Schwein war in meiner Wohnung gewesen.
Man nahm an, die Augen gehörten Peter Stimovich. Bolton hatte mir nicht erzählt, dass die Leiche ohne Augen gefunden worden war.
„Vielen Dank, dass sie mir das gesagt haben“ murrte ich. „Kenzie“, seufzte er wie immer, „ich werde nicht dafür bezahlt, Sie auf dem laufenden zu halten, sondern Sie dann hinzuzuziehen, wenn es erforderlich ist.“
Unter den Augen, die ein Mediziner des FBI mit Hilfe von Gelatine aus dem Schrank holte und in zwei Plastikbeutelchen legte, lag eine weitere Nachricht für mich, ein weißer Umschlag und ein Stapel Flugblätter. Auf dem Zettel stand in der gleichen Schrift wie auf den anderen beiden: „schöndichzusehen“.
Bolton nahm den Briefumschlag, bevor ich ihn öffnen konnte, und betrachtete dann die beiden Nachrichten, die ich innerhalb des letzten Monats erhalten hatte. „Wieso haben Sie uns die nie gezeigt?“
„Ich wusste nicht, dass die von ihm waren.“
Er übergab sie einem Laboranten. „Agent Erdham hat Kenzies und Gennaros Fingerabdrücke registriert. Nehmen Sie auch die Aufkleber mit.“
„Was machen Sie mit den Flugblättern?“ erkundigte sich Devin. Es waren über tausend, mit Gummibändern säuberlich zu zwei Stapeln zusammengebunden, manche schon vergilbt, andere zerknittert, einige erst zehn Tage alt. Immer befand sich in der oberen linken Ecke das Foto eines vermissten Kindes, darunter die Angaben zur Person und am Fuße des Blattes immer der gleiche Satz: „Haben Sie mich gesehen?“
Nein, hatte ich nicht. Im Laufe

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