Absolute Power (Der Präsident)
jedenfalls nicht. Ich nehme an, daß Mr. und Mrs. Sullivan davon wußten. Richard, Mr. Sullivans Kammerdiener, dürfte es auch gewußt haben. Aber da bin ich nicht sicher.«
»Also haben Christine Sullivan oder ihr Mann Ihnen gegenüber nie erwähnt, daß sich hinter dem Spiegel ein Safe befand?«
»Nie im Leben! Ich war eine Art Freundin für sie, aber trotzdem war ich eine Angestellte. Und erst seit einem Jahr dort. Mr. Sullivan hat eigentlich nie richtig mit mir geredet. Und so was gehört auch nicht gerade zu den Dingen, die man jemandem wie mir anvertrauen würde, oder?«
»Ich schätze, nein.« Frank war sich ziemlich sicher, daß sie log, aber er konnte es nicht beweisen. Christine Sullivan war das Musterbeispiel eines Menschen, der seinen Reichtum für ihresgleichen zur Schau stellte, und sei es nur, um zu zeigen, in welche Höhen sie plötzlich aufgestiegen war.
»Also haben Sie auch nicht gewußt, daß man von hinten durch den Spiegel ins Schlafzimmer schauen konnte?«
Diesmal wirkte die Frau aufrichtig überrascht. Frank bemerkte Röte unter dem leichten Make-up aufsteigen.
»Wanda - darf ich Sie Wanda nennen - Wanda, Sie wissen doch, daß die Alarmanlage von den Einbrechern außer Betrieb gesetzt wurde, oder? Sie wurde ausgeschaltet, indem der richtige Code eingegeben wurde. Wer aktiviert die Alarmanlage abends?«
»Richard macht das«, antwortete sie wie aus der Pistole geschossen. »Manchmal auch Mr. Sullivan selbst.«
»Also kannte jeder im Haus den Code?«
»O nein, natürlich nicht. Nur Richard. Seit fast vierzig Jahren ist er bei Mr. Sullivan. Außer den Sullivans kennt nur er den Code, soweit ich weiß.«
»Haben Sie je gesehen, wie er den Alarm aktivierte?«
»Um diese Zeit war ich normalerweise schon im Bett.«
Frank musterte sie. Ich wette, das warst du, Wanda, ganz bestimmt sogar.
Wanda Broomes Augen weiteten sich. »Sie ... Sie glauben doch nicht, daß Richard etwas mit der Sache zu tun hat, oder?«
»Nun, Wanda, irgendwie konnte irgend jemand die Alarmanlage ausschalten, der dazu eigentlich nicht in der Lage sein durfte. Und selbstverständlich fällt der Verdacht auf jeden, der Zugang zum Code hatte.«
Wanda Broome sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen, doch dann faßte sie sich. »Richard ist fast siebzig Jahre alt.«
»Dann brauchte er vielleicht eine kleine Altersvorsorge. Es versteht sich doch von selbst, daß alles, was ich Ihnen erzähle, streng vertraulich bleiben muß?«
Sie nickte, gleichzeitig putzte sie sich die Nase. In hastigen Schlucken trank sie nun den Kaffee, den sie bisher nicht angerührt hatte.
Frank fuhr fort. »Und bis mir irgend jemand erklären kann, wie die Alarmanlage überlistet wurde, muß ich natürlich alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, die einen Sinn ergeben.«
Er nahm den Blick nicht von ihr. Den vergangenen Tag hatte er damit zugebracht, so viel wie möglich über Wanda Broome in Erfahrung zu bringen. Mit einer Ausnahme war ihr Leben ziemlich gewöhnlich verlaufen. Sie war vierundvierzig, zweifach geschieden, hatte zwei erwachsene Kinder. Sie wohnte im Hausdienerflügel bei den übrigen Angestellten. Etwa vier Meilen entfernt lebte ihre Mutter, einundachtzig Jahre alt, in einem recht bescheidenen, etwas verkommenen Haus und kam mit der Sozialhilfe und der Eisenbahnerpension ihres Mannes ganz gut über die Runden. Broome war von den Sullivans, wie sie erwähnt hatte, vor etwa einem Jahr eingestellt worden. Dieser Umstand hatte zunächst Franks Aufmerksamkeit erregt. Sie war mit Abstand das jüngste Mitglied der Dienerschaft. Das allein mußte noch nichts bedeuten, doch nach allem, was man hörte, behandelte Sullivan seine Angestellten sehr gut, und die Loyalität von dauerhaften, gutbezahlten Beschäftigten hatte schon etwas für sich. Auch Wanda Broome vermittelte den Eindruck, als könnte sie sehr loyal sein. Die Frage war nur: Wem gegenüber?
Die Ausnahme bestand darin, daß Wanda Broome im Gefängnis gewesen war. Das lag mehr als zwanzig Jahre zurück. Man hatte sie wegen Unterschlagung verurteilt, als sie bei einem Arzt in Pittsburgh als Buchhalterin arbeitete. Die anderen Hausangestellten waren blitzsauber. Sie war also fähig, das Gesetz zu brechen, und sie hatte bereits eingesessen. Damals war ihr Name Wanda Jackson gewesen. Nachdem sie wieder frei gewesen war, hatte sie sich von Jackson scheiden lassen; besser gesagt, er ließ sie sitzen. Seither gab es keine Aufzeichnungen über strafbare Handlungen ihrerseits.
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