Absolute Power (Der Präsident)
Sie haben Verständnis, aber es handelt sich um eine noch nicht abgeschlossene polizeiliche Untersuchung.«
»Schon gut, Lieutenant, ich will Ihnen nicht zu nahe treten. Aber Sie können mir glauben, für mich ist das eine reichlich harte Zeit. Ist nicht einfach, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, daß Walter Sullivan sich das Leben genommen hat. Einer der brillantesten und einfallsreichsten Männer seiner Zeit, überhaupt aller Zeiten.«
»Das habe ich schon von unglaublich vielen Leuten gehört.«
»Aber ganz unter uns: Ich kannte Walter recht gut und halte nicht für ausgeschlossen, daß er konkrete Schritte eingeleitet hat, damit sich jemand um den Mörder seiner Frau ... kümmerte.«
»Den mutmaßlichen Mörder, Mr. President. Unschuldig, bis die Schuld bewiesen ist.«
Der Präsident blickte zu Burton. »Nun, mir wurde gesagt, der Fall war so sicher wie ein Stahlsafe.«
Seth Frank kratzte sich am Ohr. »Einige Verteidiger lieben solche Fälle, Sir. Sie wissen ja, läßt man Stahl lange genug im Wasser, beginnt er zu rosten. Und ehe man sich versieht, hat man überall Löcher.«
»Und dieser Verteidiger war ein solcher Typ?«
»Und ob. Ich wette nicht gern, aber ich hätte uns höchstens eine vierzigprozentige Chance eingeräumt, eine saubere Verurteilung durchzubringen. Uns hätte ein echter Kampf bevorgestanden.«
Der Präsident lehnte sich zurück, während er darüber nachdachte. Dann schaute er wieder zu Frank.
Endlich erkannte Frank den erwartungsvollen Gesichtsausdruck und schlug sein Notizbuch auf. Allmählich beruhigte sich sein Puls, als er das vertraute Gekritzel überflog.
»Ist Ihnen bewußt, daß Walter Sullivan kurz vor seinem Tod hier angerufen hat?«
»Ich kann mich erinnern, mit ihm telefoniert zu haben. Damals wußte ich aber nicht, daß sein Tod unmittelbar bevorstand. Nein.«
»Mich überrascht ein wenig, daß Sie mir das nicht schon früher mitgeteilt haben.«
Der Präsident setzte eine betretene Miene auf. »Kann ich verstehen. Ich wundere mich selbst ein bißchen. Ich glaube, ich wollte Walter, oder zumindest sein Andenken, vor weiteren Verunglimpfungen schützen. Obwohl ich natürlich wußte, daß die Polizei den Anruf früher oder später entdecken mußte. Es tut mir leid, Lieutenant.«
»Ich brauche alle Einzelheiten des Telefongesprächs.«
»Möchten Sie etwas zu trinken, Seth?«
»Eine Tasse Kaffee wäre fein, danke.«
Wie auf ein Stichwort griff Burton zu einem Telefon in der Ecke. Nur eine Minute später wurde auf einem silbernen Tablett Kaffee serviert.
Die Männer nippten an dem dampfend heißen Gebräu; der Präsident warf einen Blick auf die Uhr und bemerkte, daß Frank ihn dabei beobachtete.
»Tut mir leid, Seth, ich nehme Ihren Besuch durchaus ernst. Aber in ein paar Minuten kommt eine Kongreßdelegation zum Mittagessen. Ehrlich gesagt, freue ich mich nicht gerade darauf. So merkwürdig das klingen mag, ich hege keine spezielle Sympathie für Politiker.«
»Ich verstehe. Dauert nur ein paar Minuten. Weshalb hat er angerufen?«
Im Stuhl zurückgelehnt, gab der Präsident vor nachzudenken. »Ich würde den Anruf als Verzweiflungsakt beschreiben. Eindeutig war er nicht ganz bei sich. Er wirkte unausgeglichen, außer Kontrolle. Oft sagte er längere Zeit überhaupt nichts. Ganz anders als der Walter Sullivan, den ich kannte.«
»Worüber hat er gesprochen.«
»Über alles und nichts. Manches ergab gar keinen richtigen Sinn. Auch über Christines Tod hat er geredet. Und über den Mann, den Sie wegen des Mordes verhaftet hatten. Wie sehr er ihn haßte, weil er sein Leben zerstört hatte. Es war schrecklich anzuhören.«
»Was haben Sie erwidert?«
»Nun, ich habe ihn ständig gefragt, wo er war. Ich wollte ihn finden und ihm Hilfe schicken. Aber er hat es mir nicht gesagt. Ich bin gar nicht sicher, ob er überhaupt mitbekommen hat, was ich sagte. Er war völlig durcheinander.«
»Also würden Sie sagen, er klang selbstmordgefährdet?«
»Ich bin zwar kein Psychiater, Lieutenant, aber müßte ich als Laie ein Urteil über seine geistige Verfassung abgeben, ja, dann würde ich sagen, Walter Sullivan hörte sich in jener Nacht zweifellos wie ein Selbstmordkandidat an. Es war einer der wenigen Augenblicke meiner Präsidentschaft, in denen ich völlige Hoffnungslosigkeit empfand. Offen gestanden, nach der Unterhaltung, die ich mit ihm führte, war ich nicht besonders überrascht, als ich erfuhr, daß er tot war.« Richmond warf einen Blick auf Burtons
Weitere Kostenlose Bücher