Absolute Power (Der Präsident)
und ging ans Fenster. Sie starrte hinaus.
»Genau darum geht es, Jack. Ich werfe gar nichts weg. Die Erinnerung an die letzten vier Jahre gleicht einem endlosen Horrorfilm. So habe ich mir das nicht vorgestellt, als ich im ersten Studienjahr im Seminar für Strafrecht saß und Rechtsgrundsätze diskutierte.«
»Setz dich doch nicht so herab. Die Straßen sind durch deine Arbeit um einiges sicherer geworden.«
Kate wandte sich zu ihm um. »Ich kann den Fluß längst nicht mehr eindämmen. Schon vor langem bin ich weit hinaus aufs Meer getrieben worden. Ich kann noch nicht einmal mehr das Ufer erkennen.«
»Aber was willst du sonst tun? Du bist Anwältin.«
»Nein. Falsch. Nur kurze Zeit meines Lebens war ich Anwältin. Die Zeit davor hat mir bei weitem besser gefallen.« Sie hielt inne und blickte ihn mit vor der Brust verschränkten Armen an. »Du hast mir das klar gemacht, Jack. Ich bin Anwältin geworden, um es meinem Vater heimzuzahlen. Drei Jahre Pauken und vier Jahre ohne ein Leben außerhalb des Gerichtssaals sind ein stolzer Preis dafür.« Ein tiefer Seufzer entrang sich ihrer Kehle; einen Augenblick schwankte sie, ehe sie das Gleichgewicht wiederfand. »Außerdem glaube ich, mittlerweile habe ich es ihm doppelt und dreifach heimgezahlt.«
»Kate, es war nicht deine Schuld, nichts war deine Schuld.« Als sie sich von ihm abkehrte, verstummte er.
Die nächsten Worte trafen ihn wie ein Hammerschlag.
»Ich gehe fort, Jack. Wohin weiß ich noch nicht genau. Ich habe etwas Geld gespart. Der Südwesten könnte mir ganz gut gefallen. Vielleicht auch Colorado. Ich will die größtmögliche Veränderung. Vielleicht ist das ein neuer Anfang.«
»Du gehst fort?« Jack sprach mehr mit sich selbst als mit ihn »Du gehst fort«, wiederholte er, als versuchte er einerseits, den Satz verschwinden zu lassen, andererseits, ihn so zu begreifen und aufzufassen, daß es nicht ganz so sehr schmerzte wie im Augenblick.
Kate starrte auf ihre Hände hinab. »Hier hält mich nichts, Jack.«
Er sah sie an; die wütende Erwiderung fühlte er bereits, bevor sie über seine Lippen drang.
»Gottverdammt! Wie kannst du so etwas nur sagen?«
Endlich sah sie ihn an. Der Klumpen im Hals war beinahe sichtbar, als sie sprach. »Ich denke, du gehst jetzt besser.«
Jack saß am Schreibtisch und verspürte keine Lust, sich dem Haufen Arbeit zu widmen, dem kleinen Berg rosaroter Mitteilungen, der sich vor ihm auftürmte. Er überlegte, ob sein Leben wohl noch schlimmer werden konnte. Da trat Dan Kirksen ein. Jack seufzte innerlich.
»Dan, ich habe wirklich keine -«
»Sie waren heute morgen nicht bei der Teilhaberversammlung.«
»Niemand hat mir gesagt, daß eine anberaumt war.«
»Wir haben ein Memo verschickt, aber in letzter Zeit sind Ihre Dienstzeiten etwas unregelmäßig.« Mißbilligend betrachtete er das heillose Durcheinander auf Jacks Schreibtisch. Sein eigener war zweifelsfrei in makellosem Zustand und gab vor allem Zeugnis davon, wie wenig juristische Arbeit er tatsächlich leistete.
»Jetzt bin ich hier.«
»Ich hörte, Sie haben sich mit Sandy in seinem Haus getroffen.«
Jack warf ihm einen scharfen Blick zu. »Es gibt wohl überhaupt keine Privatsphäre mehr.«
Kirksen lief vor Zorn rot an. »Teilhaberangelegenheiten sollten von der versammelten Teilhaberschaft diskutiert werden. Wir können keine Splittergruppen brauchen, die das Unternehmen noch weiter dezimieren, als es ohnehin schon der Fall ist.«
Beinahe hätte Jack lauthals aufgelacht. Dan Kirksen war der unangefochtene König der Splittergruppen.
»Ich glaube, das Schlimmste ist überstanden.«
»Ach? Das glauben Sie, Jack?« Kirksen lächelte spöttisch. »Ich wußte gar nicht, daß Sie über derartige Erfahrung in solchen Dingen verfügen.«
»Nun, wenn Sie anderer Meinung sind, warum verlassen Sie die Firma dann nicht, Dan?«
Das höhnische Grinsen im Gesicht des kleinen Mannes verpuffte. »Seit fast zwanzig Jahren bin ich bei dieser Firma.«
»Dann ist es vielleicht Zeit für eine Veränderung. Könnte Ihnen nur gut tun.«
Kirksen setzte sich und entfernte einen Fleck von seiner Brille. »Ein gut gemeinter Rat, Jack: Lassen Sie sich nicht mit Sandy ein. Das wäre ein großer Fehler. Er ist am Ende.«
»Danke für den Rat.«
»Ich meine es ernst, Jack. Gefährden Sie nicht Ihre eigene Position durch den nutzlosen, wenn auch gutgemeinten Versuch, ihn zu retten.«
»Meine Position gefährden? Sie meinen Baldwins Position, oder nicht?«
»Das
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