Accidental Witch 02 - Hexen sind auch nur Menschen
nicht fahren musst“, beschwatzte er sie weiter, „kannst du ausschlafen.“ Er bettelte, und sie wusste es. Verdammt, er wollte Thanksgiving unbedingt mit ihr zusammen verbringen. „Keine Kocherei“, fügte er hinzu. „Kein Aufräumen. Kein Streit mit deiner Schwester. Nur gutes Essen und nette Leute.“
„Um wie viel Uhr esst ihr normalerweise?“
„Gram isst gern gegen zwei“, erwiderte er.
„Gut! Morgen werde ich bis mittags schlafen!“ Triumphierend stieß sie die Faust in die Luft. Dann schob sie ihren Arm durch seinen, und gemeinsam gingen sie weiter.
„Das schmeckt so unglaublich gut“, meinte Kira und spießte ein weiteres Stück Truthahn auf ihre Gabel. Jason sah heute umwerfend aus. Selbst sein Gesicht war völlig entspannt. Er lächelte, lachte und verzog das Gesicht, während seine Großmutter all jene Geschichten aus seiner Kindheit erzählte, wie sie eigentlich jeder fürchtet.
Kira verschlang jede einzelne.
Als das Telefon klingelte, schien die Stimmung im Raum schlagartig anders zu werden. Jason und Bessie wirkten plötzlich sehr angespannt, und Kira war klar, dass ein unangenehmes Gespräch bevorstand.
Zuerst sprach Bessie mit ihrer Tochter, Jasons Mutter. Es klang sehr formal und ausgesprochen gestelzt. Als Jason den Hörer übernahm, wurde seine Miene gleichgültig und unbewegt, als sei sie zu Eis erstarrt. Er lauschte, sagte ja, er plane wieder Hockey zu spielen, tauschte ein paar belanglose Freundlichkeiten aus, wünschte schönes Thanksgiving und legte wieder auf.
Jasons Vater hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, ans Telefon zu kommen. Und Kira brauchte gar nicht erst nach dem Grund zu fragen.
Als Jason an den Tisch zurückkam, erinnerte sie seine betont unbekümmerte Art, die er wie eine Schutzmauer um sich errichtet hatte, an Travis, wie sie ihn das erste Mal erlebt hatte. Dass Jasons Eltern nicht an seinem Leben teilnahmen, erklärte vielleicht sein Mitgefühl und sein Verständnis für die Jungen von St. Anthony's.
Jasons lächelte erst wieder, als seine Großmutter tröstend ihre Hand auf seine legte.
Dann wandte sich Bessie an Kira. „Jasons Mutter kommt ganz nach meinem Mann. Immer auf der Suche nach der nächsten Party.“
„Und ich komme nach beiden“, sagte Jason und warf seine Servierte auf den Tisch.
„Das tust du nicht“, erklärten Kira und seine Großmutter wie aus einem Mund.
„Ich bin mir da nicht so sicher“, erwiderte er.
„Wie viel hat Ihr Mann denn für die Jungen von St. Anthony’s getan?“, erkundigte sich Kira bei Bessie.
„Er hat das Haus nie betreten.“
„Aber er hat doch sicher viel gestiftet, wie Jason es tut.“
„Für unsere Spenden war ich immer zuständig“, entgegnete Bessie. „So wie Jason für seine eigenen aufkommt.“
„Aber wenn Ihr Mann noch leben würde, hätte er sich sicher um die Stiftung gekümmert, so wie Jason es jetzt tut.“
„Das zählt nicht“, sagte Jason. „Sie hat mich erpresst, und ich werde nicht bleiben. Ich fange wieder mit Hockey an, wie ich vorhin zu meiner Mutter gesagt habe. Also bin auch ich auf der Suche nach der nächsten Party.“
Seine Großmutter versetzte ihm einen spielerischen Klaps auf die Schulter. „Du bist nicht im Entferntesten wie deine Mutter oder wie dein Großvater, und ich begreife nicht, wie du auf die Idee kommst.“
Er schüttelte den Kopf. „Inwiefern soll ich denn anders sein?“ „Du bist jetzt zum Beispiel hier und feierst mit uns Thanksgiving, so wie letztes Jahr und alle Jahre zuvor. Selbst wenn du dafür um die halbe Welt hast fliegen müssen.“
Jason beruhigte sich sichtlich. „Aber das ist doch „Wann ist mein Geburtstag?“
„Am 23. Juni. Warum?“
„Weder dein Großvater noch deine Mutter konnten sich das Datum merken, und du hast den Tag niemals verstreichen lassen ohne ein Geschenk, einen Anruf, einen Besuch oder alles zusammen.“
„Du findest nicht, dass ich so bin wie sie? Im Ernst nicht?“ „Nein, natürlich nicht. Das habe ich niemals gedacht. Und wenn ich gewusst hätte, dass du das glaubst, hätte ich dich schon viel eher eines Besseren belehrt.“
Jason breitete die Serviette wieder über seinen Schoß. „Und was gibt's zum Nachtisch?“
Als Jason am Freitagmorgen unter die Dusche ging, wurde ihm auf einmal bewusst, dass dieses Thanksgiving eins seiner besten gewesen war. Seine Großmutter hatte sie mit ihren Geschichten in Bann geschlagen, einschließlich einiger, auf die er gut hätte verzichten können.
Er hatte
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