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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kwei Quartey
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zog. »Ich habe keinen Schimmer, was das bedeutet.«
    »Ich auch nicht«, sagte Dr. Biney. »Sonst noch etwas, George?«
    »Ja, Doctor.« Er hob die geschwollene Oberlippe der Leiche an.
    »Fehlender rechter Eckzahn«, murmelte Dr. Biney und bückte sich. »Sieht aus, als würde der ganze Zahn fehlen, wurde also nicht bloß abgebrochen. Wie lange er schon fehlt, kann ich allerdings nicht sagen. Ich werde es in meinem Bericht notieren. War das alles, George?«
    »Ja, Doctor, Sir.«
    »Na, dann machen Sie weiter.«
    Während George den Längsschnitt vornahm, wandte sich Dr. Biney zu dem Tisch neben dem Waschbecken. »Wir haben seine Kleidung hier drüben, Inspector. Ach übrigens, seien Sie darauf gefasst, dass Gase aus dem Körper austreten. Das wird nicht schön.«
    Die Kleidung war inzwischen trocken: ein zerschlissenes T-Shirt und eine lange Shorts mit einer Sicherheitsnadel am Bund, wo einmal Knöpfe gewesen waren.
    »Sehen Sie sich das an.« Biney breitete vorsichtig das T-Shirt aus, mit dem Rücken nach vorn. »Da rechts ist ein Loch, fast rechteckig, und an den Rändern zeichnet sich ein Fleck ab – vermutlich Blut.«
    »Eine Stichwunde?«, fragte Dawson.
    »Scharfsinnig wie immer, Inspector! Ja, ich tippe auf eine Stichwunde.«
    Dawson hustete und würgte, denn besagte Gase, vor denen Biney ihn gewarnt hatte, wurden nun freigesetzt. Selbst der hartgesottene George murmelte einen Fluch.
    »Nichts für zarte Gemüter«, sagte Biney und kehrte zum Autopsietisch zurück. Dawson zögerte kurz, ehe er ihm folgte.
    »Also, was ich Ihnen sofort erzählen kann«, begann Biney,während George die Brustplatte abhob, »ist, dass er zwischen fünfzehn und siebzehn Jahre alt war.«
    »Zwischen fünfzehn und siebzehn?«, wiederholte Dawson erschüttert. »Na, das ändert doch einiges. Wir haben eigentlich noch einen Jungen vor uns. Dabei hatte ich ihn viel älter geschätzt.«
    »Die Zersetzung verfälscht das Bild, aber eine Aufnahme mit unserem brandneuen Röntgengerät aus zweiter Hand, ein Geschenk der dänischen Regierung, zeigt uns die Knochenstruktur eines jungen Menschen. Die Epiphysen sind noch offen, demnach wäre er noch ein ganzes Stück gewachsen.«
    »Doctor«, sagte George, der in den Brustkorb blickte. »Sehen Sie sich das an.«
    Biney ging zu ihm. »Meine Güte! Ein massiver Hämothorax. Der rechte Lungenflügel schwimmt praktisch in Blut. Saugen Sie das bitte ab, George. Inspector, das dürfte Sie interessieren.«
    Dawson beobachtete, wie Biney den rechten Lungenflügel aus dem Brustkorb hob.
    »Ein Riss in der rückseitigen Lungenoberfläche sowie stark beschädigtes Lungengewebe«, sagte er. Dann untersuchte Biney weiter, und die anderen Assistenten sahen ihm aufmerksam dabei zu.
    Nach etwa einer Minute erklärte Biney: »Das ist ein tiefer Riss, der weit ins Gewebe hineingeht. Schauen wir mal, wie es auf der rechten Lungenrückseite aussieht. George, würden Sie das bitte spülen?«
    Nachdem George die rechte Brustkorbhälfte gespült hatte, konnte Biney mehr erkennen.
    »Die Muskeln im fünften Interkostalraum sind beschädigt. Und hier sieht man eine Absplitterung an der sechsten Rippe, wo die Waffe mit beachtlicher Wucht hineingestoßen wurde. Drehen Sie den Körper bitte auf die linke Seite.«
    Die Assistenten drehten den Toten und hielten ihn in der Position, damit Biney den Rücken untersuchen konnte.
    »Wegen der Schwellung und der Zersetzung ist es auf den ersten Blick nicht leicht zu erkennen, aber wir haben eindeutig eine Wunde, die zu den inneren Verletzungen passt. Sehen Sie das, Inspector?«
    »Ja, sehe ich.«
    »Und die Wunde wiederum passt zum Riss im T-Shirt des Opfers, wo das Messer eindrang. Ich schätze, die Klinge war fünfzehn bis zwanzig Zentimeter lang.«
    »Brutal«, murmelte Dawson.
    »Oh ja. Eine Stichwunde im Rücken, die zur Lungenperforation, einem massiven Hämothorax und schließlich zum Tod führte.«
    »Todeszeit?«
    »Ich scheue mich vor einer Festlegung. Aber wenn wir bedenken, dass der Körper in warmer, feuchter, bakterienverseuchter Umgebung lag, kann es binnen Stunden zu einer Fäulnisbildung wie dieser hier kommen.«
    Dawson blickte in das Gesicht des ermordeten Jungen. »Ich habe keinen Schimmer, wie wir ihn identifizieren sollen. Selbst Leute, die ihn gekannt haben, würden ihn in diesem Zustand nicht wiedererkennen. Eventuell hilft uns der fehlende Zahn weiter.«
    »Oder ein forensischer Künstler«, sagte Dr. Biney und lachte leise. »Man wird ja noch träumen

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