Achat von Dor (Kampf um Dor) (German Edition)
Testament eröffnen zu lassen.
Sadsh spürte eine Ungeduld, die ihm selbst übertrieben vorkam, wenn er bedachte, wie lange dieses Testament irgendwo in einer Lade auf seine Eröffnung gewartet hatte. Doch genau das erzeugte ein Kribbeln in seinen Eingeweiden: Dass dieses Dokument vielleicht Licht in die Dinge bringen würde.
Sadsh rückte auf der harten Kiste hin und her.
Mit jedem weiteren Tag auf Dor wuchs sein Verdacht, dass er seine eigentliche Aufgabe nicht lösen würde. Zwar kannte er einige Leute, die in den Edelsteinschmuggel verwickelt waren, doch hatte er immer weniger Lust, sie ans Messer zu liefern. Andere würden die frei gewordenen Stellen sofort besetzen. Edelsteine brachten hohe Einkünfte. Und diese Einkünfte widerum brachten Macht.
Edelsteine von Gefangenen abbauen zu lassen, bedeutete, einfallsreiche und erfahrene Leute direkt dorthin zu bringen, wo sich ein Profit erwirtschaften ließ. Sie konnten schnell Hierarchien aufbauen und sie durch Gewalt und Drohung absichern. Alles, was benötigt wurde, um eine Organisation aufzubauen, fand man bereits vor: Werkzeuge und Sachkenntnis lieferte die Verwaltung. Arbeitskräfte gab es reichlich und sie konnten nicht einmal kündigen. Schmuggler und Wards arbeiteten gewollt oder ungewollt Hand in Hand, indem sie versuchten für Disziplin zu sorgen. Alle, die nicht freiwillig taten, was verlangt wurde, konnte man entweder einschüchtern oder bestechen.
Daraus entstand zwangsläufig schnell ein Netz aus Abhängigkeiten.
Entfernte man Teile des Netzes, würde es sich selbst reparieren. Die einzig sinnvolle Maßnahme würde darin bestehen, den Abbau durch Gefängnisinsassen zu beenden.
Sadsh hatte nur inzwischen den Verdacht, dass maßgebliche Leute auf Del kein Interesse daran hatten, etwas zu ändern. Aanegards Wunsch nach dem Securiminer-Programm war bestimmt nicht zurückgewiesen worden, weil dieses Programm Geld gekostet hätte! Immerhin ging es hier um Größenordnungen, bei denen sich Ausgaben für ein Sicherheitsprogramm nicht sonderlich aufregend ausnahmen.
Es wirkte eher, als hätten hohe Bestechungssummen längst auch im Parlament von Del für Kooperationsbereitschaft gesorgt.
Sadsh stand auf.
„Lasst uns etwas trinken gehen!“, sagte er. „Ich kann nicht mehr sitzen. Ein Bett gibt es nicht. Also können wir auch die Beine bewegen.“
„Trinken hört sich gut an“, sagte Stawosc sofort. „Auf all die Überraschungen der letzten Zeit könnte ich einen vertragen. Wenn es für deine frisch angetraute Gattin in Ordnung ist, zwei Männer zu begleiten, die sich eigentlich gern ein wenig besaufen würden…“
„Alkohol schränkt das Reaktionsvermögen ein und beeinträchtigt die Intelligenz“, sagte Niwa. „Deswegen dürfte es sogar besser sein, wenn ich mitgehe.“
„Erlaubst du deiner Frau nächtliche Exzesse?“, fragte Stawosc augenzwinkernd.
„Ich fürchte, der Ehevertrag sieht nicht vor, dass ich ihr etwas erlaube oder verbiete“, erwiderte Sadsh. „Weißt du, was drinsteht, Niwa?“
„Woher?“, fragte sie dagegen. „Wir lesen ihn bei einem netten, bunten Cocktail. Was hältst du davon?“
„Gute Idee!“
Stawosc musterte Niwa, als überlege er, was man ihr zumuten konnte.
„Gehen wir rüber zu Alec Firebird“, entschied er. „Alec bietet eine große Auswahl an Drinks.“
In Alec Firebirds gut besuchter Bar breiteten sie dann den Ausdruck des Ehevertrags auf einem dunkelroten Kunststofftisch aus. Niwa bestellte sich eine Weiße Wolke und belehrte den verwunderten Stawosc darüber, dass sie ja nun volljährig sei und außerdem doch wohl ein Glas auf ihre eigene Hochzeit trinken könne. Er lachte und orderte für Sadsh und sich einen Feuervogel . Als die Getränke gebracht worden waren, bot Niwa an, den Vertrag vorzulesen.
„Geht mich ja eigentlich nichts an“, sagte Stawosc und schielte neugierig auf die vorderste Seite.
„Vor dir habe ich keine Geheimnisse“, sagte Sadsh. „Nicht mehr.“
„Und der Notar wird sich bestimmt ein wenig Extrageld verdienen, indem er einiges aus dem Inhalt an die Medien weitergibt“, ergänzte Niwa. „Ab morgen wird sich ein ganzes Sonnensystem die Mäuler über uns zerreißen. Es kann nicht schaden, zu wissen, was sie sagen werden. Sie können uns ein erstes Bild von der Reaktion der Allgemeinheit geben, Securivisor.“
Sie nahm den Papierstapel und begann zu lesen. Anfangs gähnte Stawosc ein paarmal, aber je mehr es dem Ende zuging, desto weiter wurden seine Augen.
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