Ein Vollidiot kommt selten allein! - Rick ; Bd. 4
Oh, du feurige Schamesröte, wo ist der nächste Maulwurfshügel,
in den ich meinen Kopf rammen kann?!
Die ganze Schulmensa lachte. ALLE! Selbst Vladi und
Tobi, die alten Verräterbacken.
Meine Birne begann, in den wildesten Feuerquallentönen
zu glühen, und dann kreischte Franzi alias Miss Zahnspange
auch noch quer durch den Raum: »Rick, du bist echt
ein Knirps!«
Knirps?! Geht’s noch?
Ich meine, sehe ich etwa aus wie ein Miniregenschirm,
oder was?
Im Leben nicht! Ich, Rick Michalski, der hammerharte
Eishockeystürmer der Hannover Young Indians war ganz
bestimmt kein Knirps. Und deshalb hatte ich es auch echt
nicht nötig, mich im Gegenzug über Franzis hellblaue Megabrackets
lustig zu machen. Oder darüber, dass ihr beim
Sprechen das halbe Mittagessen aus dem Mund flog. Aber
rechnete sie oder irgendeines der anderen Mädels mir das
vielleicht mal hoch an? Denkste! Die lachten sich halb
scheckig, und das nur, weil ich mich direkt auf einen mit
Marmelade gefüllten Krapfen gepflanzt hatte.
Mal ehrlich, was hatte das Teil denn auch mitten auf
dem Stuhl zu suchen?
»Verdammt«, fluchte ich, während ich mich wild verrenkte,
um das klebrige Zeug von meinem Hintern zu
pulen. »Wer war das?«
Streuselkuchengesicht Stella grinste mich entschuldigend
an. »Ups, der war eigentlich für Meike gedacht. Ich
sollte ihr nämlich den Platz frei halten.«
UPS! Hatte die eigentlich noch alle Latten im Zaun?
»Wie blöd bist du denn?!«, schnauzte ich sie an.
Doch anstatt vor Scham metertief im Erdboden zu versinken,
streckte die voll frech das picklige Kinn vor. »Blöd?
Wer von uns beiden hat denn bitte schön einen Marmeladenkrapfen
am Hintern kleben? Du oder ich?«
Jetzt gab’s kein Halten mehr. Die Jungs grölten und die
Mädchen kreischten dazu wie eine riesige Horde tollwütiger
Pinguine.
Alarmstufe dunkeldunkeldunkelrot! Gleich flog mir die
Schädeldecke weg.
Und da ich vor meinen Kollegen bestimmt nicht wie ein
knallroter Depp mit Marmeladenarsch dastehen wollte,
beschloss ich, dass es eindeutig an der Zeit war, mich vom
Acker zu machen. Und zwar SOFORT!
So würdevoll, wie das mit einem vollgeschmierten Glibberhintern
möglich war, schleppte ich mich quer durch die
Mensa. Vorbei an den anderen, die nun auch noch meinten,
meinen Abgang mit saublöden Sprüchen kommentieren zu
müssen. Aber ich tat einfach so, als würde ich sie gar nicht
hören.
Zielstrebig steuerte ich das Jungenklo an und war echt
mordsfroh, dass sich gerade keiner vorm Spiegel ’nen Pickel
ausdrückte oder was abzuseilen hatte.
Ich war allein! Ganz allein mit meiner Feuerbirne, der
Schnappatmung und dem Marmeladenhintern.
Hektisch zerrte ich einen Riesenberg Papiertücher aus
dem Spender beim Waschbecken, tränkte die Dinger ordentlich
mit Wasser und verzog mich damit in die erstbeste
Kabine. Dort kämpfte ich mich aus meiner Jeans
und rubbelte wie bekloppt mit den Papiertüchern an dem
Marmeladenfleck herum. Während ich so schrubbte (mit
dem Ergebnis, dass der Fleck immer größer wurde) und
ich langsam, aber sicher Eisbeine bekam (nur so in Boxershorts),
hallten mir die Worte von Miss Zahnspange im
Kopf wider.
Rick, du bist echt ein Knirps!
Natürlich hatte die den Schuss nicht mehr gehört, das
war ja wohl klar. Aber wenn ich genau darüber nachdachte,
dann musste ich schon zugeben … ähm … na ja … dass die
Mädchen aus meiner Klasse mir inzwischen locker auf den
Kopf spucken konnten.
Mann, ich hatte echt null Plan, was plötzlich mit denen
los war. Früher war ich für die Rick, der coole Typ, der mit
seinem Pa, dessen Topsecret-Geheimagenten-Kumpel Wutz
und Kater Gismo in einer hundertprozentigen Männer-WG
mitten in der Südstadt lebte. Und um meine Oma Mary mit
den knallrot gefärbten Haaren haben mich nicht nur die
Mädels beneidet. Aber seitdem Pas verwirrtes Herz für
Linda schlug, war alles gaaanz anders …
Na klar, DAS war die Erklärung: Ich war nur deshalb
nicht mitgewachsen, weil mir meine durchgeknallte Familie
in den letzten Wochen und Monaten so viel Kopfzerbrechen
und Zahnweh bereitet hatte. Aus Kummer, Verwirrung
und schrecklichem Schmerz hatte ich mich anscheinend
zurückentwickelt oder so.
Meine plötzliche bittere Erkenntnis wurde durch einen
schrillen Klingelton unterbrochen. Verdammt! Die Pause
war zu Ende – und mein Jeanshintern immer noch knallrot
und pitschnass.
Kurz spielte ich mit dem Gedanken, das Schulklo zu meiner
neuen Heimat zu machen und es nie, nie wieder zu verlassen.
Aber
Weitere Kostenlose Bücher