Acht Tage im August
nach dem anderen ging er ins Bad, das er in seiner Praxis hatte einbauen lassen, weil er manchmal hier übernachtete, wenn es spät geworden war. Er drehte die Dusche auf, ließ sich eiskaltes Wasser über den Kopf laufen. Nach einer ganzen Weile erst drehte er das Wasser ab, griff sich ein Handtuch und rieb sich trocken.
»Was nun?«, fragte er das Gesicht im Spiegel. Erst mal nach Hause, beschloss er.
Dass er in seinem Zustand nicht wirklich fahrtüchtig war, kümmerte ihn nicht. Im Gegenteil, er legte die Strecke nach Rasting in Rekordtempo zurück.
Seine Haushälterin grüßte verdattert und starrte ihn mit großen Augen an.
Ich muss ja furchtbar aussehen, schloss Friese aus ihrer Reaktion auf seinen Anblick.
»Ich bring Ihnen gleich ein Frühstück, Herr Professor«, sagte Martina Donabaur und sah zu, dass sie in der Küche verschwand.
Als sie gleich darauf mit frischem Kaffee wiederkam, wies Friese sie an, ihm einen Koffer für einige Tage zu packen, nahm die Tasse und ging hoch ins Bad.
Nachdem er sich dort wieder in einen gesellschaftsfähigen Zustand versetzt und umgezogen hatte, ignorierte er das aufgetischte Frühstück, packte in der Küche Lebensmittel in einen Karton, trug ihn zusammen mit dem Koffer zum Auto, fuhr nach Passau zurück und tauchte in seiner Praxis ab.
***
Petra Gerstmann hatte auf ihrem Weg in ihr Büro in der Nibelungenstraße an einer Ampel mitten in Passau neben Walter Friese gestanden. Sie hatte keine Notiz von ihm genommen. Einerseits, weil sie sein Auto nicht kannte, andererseits, weil sie, während die Ampel Rot zeigte, das Ergebnis ihres vormittäglichen Friseurbesuchs im Rückspiegel studierte. Weshalb sie für den Mann am Steuer des Wagens auf der rechten Spur, den sie doch dringend in einem Verhörzimmer auszuquetschen wünschte, keinen Blick übrig hatte.
Als sie endlich im Büro einlief, fand sie auf ihrem Schreibtisch einen Hauspost-Stapel und obenauf Hammers einzeiligen Rapport.
Sie hob ab wie ein Eurofighter mit Nachbrenner. Was bildeten sich diese beiden Plattfüße eigentlich ein? Sie hatte die ganze Zeit schon das Gefühl, dass die ihrer Ermittlungsarbeit nur mit angezogener Handbremse nachgingen. Jetzt konnten sie nicht mal diesen Professor Friese auftreiben! Und überhaupt, wo waren die beiden? In ihrem Büro jedenfalls nicht.
Sie griff nach den Akten des Falls, notierte daraus die Personal-Daten von Walter Friese, ging dann auf die Internetseite von dessen Praxis, wo sie ein aktuelles Bild von ihm fand. Mit Bild und Daten erstellte sie am Computer einen Fahndungsaufruf und schickte ihn los. Wenn dieser Friese jetzt irgendwo auftauchte, hätte sie ihn binnen Kurzem im Vernehmungsraum. Der Kerl war ja auffällig wie eine Plakatwand. Sie brannte darauf, diesen Mann höchstpersönlich weichzukochen. Dafür reif würde er nach den vorangegangenen Tagen schon sein, war sie sicher.
Als Nächstes veranlasste sie einen Rundruf an die Funkstreifen, sie sollten nach Hammer und Assauer Ausschau halten und die zwei zu ihr ins Büro schaffen – wenn nötig mit Gewalt. Unter den diensttuenden Streifenbeamten löste diese Order allgemeine Heiterkeit aus. Sie wussten, dass Hammer und Assauer die Unglücklichen, die das versuchten, unter Passaus Innenstadt hindurch vom Inn zur Donau kielholen würden.
Drei Stunden später entdeckte die Besatzung eines Streifenwagens die beiden an einer Wurstbude beim ›Ermitteln‹. Die Grünberockten stiegen aus und gingen zu ihnen hin.
»Eine gewisse Frau Dr. Gerstmann hat Sehnsucht nach eurem lieblichen Anblick«, sagte der Ältere.
»Mach ein Foto mit dem Handy und schick’s ihr«, wies ihn Hammer mit vollem Mund an.
»Die besteht aber auf persönlichem Erscheinen.«
»Das kann dauern.«
»Seh’ ich auch so. Wir müssen euch zwei ja erst finden.«
»Gar nicht leicht in so einer Stadt mit vielen Flüssen und wenigen Brücken.«
»Und Suchen macht verdammt hungrig, da muss man auch ab und zu was essen.«
»Noch zwei Bratwürst’ mit Kraut für die Kollegen!«
»Übrigens, dieser Professor Friese ist zur Fahndung ausgeschrieben seit heute Mittag«, sagte der Ältere der Uniformierten.
»Unterste Priorität«, wies Assauer ihn an. »Allerunterste. Kapiert?«
»Ich geb’s weiter an die Kollegen.« Der Grüne ging zum Auto und sprach ins Funkgerät.
Sie vertilgten ihre Bratwürste, tauschten darüber den neuesten Kollegentratsch aus und lachten herzhaft über ein paar aufgewärmte Österreicher-Witze.
Nachdem die
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