Achtzehnprozentiges Grau: Die Flucht (German Edition)

Helm. Dyson hatte seinen abgenommen. Matt war zu Boden gegangen und Laslo nahm an, dass der Mann, der sich über ihn beugte, sein neues Boy Toy war. Oder vielleicht eher, dass Matt dessen neues Boy Toy war.
    Und dann war da noch eine schreiende Frau, die wild umhersprang und ihre Hände schüttelte. Konnte das die Nonne sein? Die hysterischste Nonne, die er je gesehen hatte. Sollte sie nicht beten oder so was?
    Aber darüber konnte er jetzt nicht nachdenken, er musste zusehen, dass er Dyson den Arsch rettete. „Neutralisiere den Kerl bei Dyson“, sagte er zu Sabine und sie schoss dem Kerl so schnell ins Genick, dass er sich ziemlich sicher war, dass sie schon auf ihn gezielt und nur auf den Befehl gewartet hatte. Oder auch nicht. Wahrscheinlich hatte er es nur gerade noch so geschafft, den Befehl zu erteilen, bevor sie schoss.
    Dann schoss sie noch einmal. Diesmal war Laslo definitiv zu langsam gewesen. Der andere RIA Soldat auf dem Boden hatte sich kaum bewegt. Laslo sah Sabine an und hob eine Augenbraue. Sie lächelte fröhlich und konzentrierte sich dann auf den anderen, scheinbar bewusstlosen RIA-Soldat in der südöstlichen Ecke.
    Der teilweise verdampfte Mann musste wohl eher nicht überwacht werden. Anscheinend fehlte ihm der Kopf. Und der Großteil seines rechten Brustkorbs. Oder vielleicht war es eine Frau…war eine Frau gewesen.
    Laslos Blick wanderte gerade noch rechtzeitig zu Dyson, um zu sehen wie er beide Daumen hob. Die Nonne (?) hatte aufgehört zu schreien und lief jetzt auch zu Matt hinüber.
    Dysons Com funktionierte offensichtlich nicht, denn Laslo hatte schon drei Mal versucht, ihn anzufunken. Dyson ging auf Matt und seinen Anhang zu und beugte sich nach unten, um mit dem Kerl zu reden, der Matt in den Armen hielt. Der Skimmer war so leise, dass Laslo beinahe Dysons Worte hören konnte, obwohl er sich 20 Meter über ihnen befand. Dyson hatte dem Mann eine Hand auf die Schulter gelegt und redete leise aber eindringlich auf ihn ein. „Wie heißt der noch mal?“, fragte Laslo Sabine.
    „Das ist wirklich armselig”, antwortete Sabine.
    „Dass ich mir einen Namen nicht merken kann?”
    „Er ist unser Extraktionsziel. Und Matts neuer Freund.“
    Laslo zuckte zusammen. Wahrscheinlich war das der Grund, warum er den Namen vergessen hatte. Weil er dann auch an Matt denken musste. Er hasste es, zu sehen wie sein Cousin sich an einen einzigen Kerl kettete, wo es doch so viele andere heiße Typen gab, die sich nach ihm verzehrten.
    „Wie heißt er?”, grollte er in seiner einschüchterndsten Kommandostimme. Sabine streckte ihm die Zunge heraus. Alle Frauen in ihrer Familie hatten einen schlimmen genetischen Defekt: Sie waren immun gegenüber der Kommandostimme. „First Lieutenant James Ayala”, sagte sie in pampigen Tonfall.
    „Wenn du nicht meine Schwester wärst ...” Laslo wusste, dass die Drohung wirkungslos war. Sabine grinste in ihr Zielfernrohr.
    „Wir brauchen da unten einen hydraulischen Korb und einen Sanitäter”, befahl er in seinen Com. Damit war Bollinger gemeint. Sie hatten keinen Sanitäts-Bot. Laslo hasste die verdammten Dinger und hatte es „versäumt“, einen mitzunehmen.
    „Gehe ich da runter, Major?”, fragte Jude.
    „Nein, ich gehe”, antwortete Laslo und war davon selbst überrascht. Er hatte es hauptsächlich deswegen gesagt, weil er an Judes Stimme erkennen konnte, dass er gerne gehen wollte. Jude zu ärgern, bereitete Laslo immer großes Vergnügen.
    „Und Leondri. Du erkundest die nähere Umgebung. Jude, du bleibst mit Sabine hier und machst Meldung. Die Aufklärungs-Drohne gibt die Daten direkt an die BrainLinks weiter. Und bleibt wachsam, Leute. Die Feinde sind in der Nähe.” Der Skimmer oder die Drohne sollten normalerweise in der Lage sein, alles wahrzunehmen, was sich ihnen näherte, aber manchmal funktionierten Geräte nicht richtig. Oder wurden überlistet.
    Sie wussten, dass sie eine Direktübertragung von Daten via Satellit an ihre BrainLinks nicht möglich war, das ging nur über die Aufklärungsdrohne, die sie ausgeschickt hatten. Jude hatte eBomben installiert, die alle Verstärker ausschalteten, um die Langstrecken–Kommunikation der RIA zu stören. Nachdem Van feindliche Aktivitäten gemeldet hatte, hatte Laslo Befehl gegeben, sämtliche eBomben und auch die altmodischen Sprengkörper am Brownlee Damm zu zünden. Die Station war erfolgreich außer Gefecht gesetzt und dem Erdboden gleichgemacht worden.
    Lance Corporal Jude Barlow-Kell war