Achtzehnprozentiges Grau: Die Flucht (German Edition)
gebrechliche, alte Nonne öffnete gerade das künstlich gealterte hölzerne Tor. Drei Mitglieder der Miliz schwebten auf Ein-Mann-Skimmern herein. Matt spürte mehr, als dass er sah wie James’ Aufmerksamkeit sich verschärfte. Aber alle behielten ihre langsame Geschwindigkeit bei.
„Ha!”, rief Carmella leise aus. „Ich könnte gehen und versuchen, diese Jungs ein bisschen abzulenken, aber Schwester Mary Dementia ist die beste Verzögerung, die wir uns wünschen können.“
„Wer ist Schwester Mary Dementia?“
„Die verrückte, alte Fledermaus, die das Tor aufgemacht hat“, antwortete James. Matt sah ihn überrascht an.
„Ich habe sie schon mal getroffen.“ James verdrehte die Augen. Matt war sich sicher, dass es dazu eine Geschichte gab. Er machte sich im Geist eine Notiz, James später danach zu fragen.
Carmella führte sie in die Küche und dann in einen großen Lagerraum, wo es bewegliche Regale für die Vorräte gab. Das letzte Regal war unbeweglich und stand direkt an der Wand, bis Carmella einen versteckten Mechanismus auf der Oberseite auslöste. Das Regal schwang nach vorne und eine Höhle kam zum Vorschein. Benigna wartete schon auf sie. Ihren Habit und ihren Schleier hatte sie gegen Allwetterkleidung und Stiefel getauscht. „Hallo!“ Sie lächelte Matt und James fröhlich an.
Matt konnte ein Stöhnen gerade so unterdrücken. Scheiße. Er hatte sie komplett vergessen. Plötzlich freute er sich nicht mehr so sehr auf die Reise.
„ M ACHO , selbstgerechter Idiot”, murmelte Matt, als James aus dem Versteck schlüpfte und ihn dort zurückließ.
„Warum geht er?“, flüsterte Benigna. Laut.
Er hatte ihn hier mit Benigna zurückgelassen. Verdammt, wen interessierte schon die körperliche Sicherheit? Seine geistige Gesundheit war in Gefahr. „Benigna, was habe ich gesagt –“
„Nenn mich Beni. Ich bin jetzt Beni“, beharrte sie zum x-ten Male an diesem Abend.
„Flüstern kann man hören!“, flüsterte Matt nachdrücklich.
„Warum flüsterst du dann?“, fragte sie mit sehr leiser Stimme. Sie hatte fast heraus wie man subvokalisierte.
Er würde sie umbringen. „Sei einfach still“, murmelte er. Beleidigt lehnte sie sich an die Wand. Aber sie war still.
James, der Mistkerl, war gegangen. Um sie zu schützen. Glaubte er etwa, dass Matt nicht in der Lage war, sich selbst zu schützen? Wenn die Kerle, die die Küche mit Chip-Strahlungs-Sensoren absuchten, sie hinter dieser Wand fanden, würde er es ihnen notfalls schon zeigen. Sein Kampfsporttrainer war ein verdammter Ninja. Oder was auch immer das chinesische Äquivalent dafür war.
Benigna war natürlich ein Risiko, das musste er zugeben. Aber vielleicht konnte sie die Soldaten ja bewusstlos quatschen. Bei ihm hatte sie es immerhin auch fast geschafft, bevor er sie überzeugen konnte, die Klappe zu halten.
Matt konzentrierte sich wieder auf James. James, der sie verlassen hatte, weil es die beste Möglichkeit war, sie zu beschützen. Okay, vielleicht hatte er sogar Recht, aber das war nicht der Punkt. Ja, die Miliz hoffte, die Strahlung von James’ rotem Chip auffangen zu können. James konnte die Strahlen mit seinem Geist nicht beeinflussen – zumindest konnten sie davon nicht ausgehen. Aber James hatte die Vermutung geäußert, dass er vielleicht die Sensoren beeinflussen konnte. Und wenn nicht, dann konnte er zuerst angreifen; wenn er nicht hinter dieser Wand gefangen war.
„Verdammter Macho, selbstgerechter Idiot.”
„Ich finde, er verhält sich männlich und mimt den Beschützer.”
„Genau das sage ich ja.” Matt dachte über das Wort „Beschützer” nach. „Beschützer für wen?” Ihn?
„Das schönere Geschlecht. Die Dame in Nöten.”
Matt brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass sie mit der Dame wahrscheinlich nicht ihn meinte. Und auch nicht mit dem schöneren Geschlecht. „Dich?“
„Na, dich beschützt er wohl kaum.“ Benigna zog einen Schmollmund.
„Wenn er dich beschützen will, was tue ich dann hier drin?“
Sie sah ihn an, als ob er bescheuert wäre. „Du beschützt mich, falls sie mich finden. Du bist die letzte Verteidigungslinie. Meine Güte, muss ich dir auch noch sagen wie du gegen sie kämpfen sollst?“
Ihre Stimme wurde lauter, während sie sich in eine Schimpftirade hineinsteigerte. Als Matt sie anstarrte, holte sie tief Luft, als ob sie sich auf einen erneuten Rede-Schwall vorbereiten wollte. Er legte ihr eine Hand über den Mund. „Ich glaube, jetzt suchen sie die
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