Ackerbau und Unzucht
alt, hatte ein höfliches, intelligentes Gesicht mit einem
höflichen, intelligenten Lächeln. Doch hinter den Brillengläsern befanden sich
die Augen einer toten Kröte.
»Mr. Boyd?« fragte er bei
meinem Eintritt mit farbloser Stimme. »Sie scheinen ja recht erfolgreich zu
sein — vorausgesetzt, die Einrichtung ist bezahlt?«
Ich überging diese taktlose
Bemerkung. »Warten Sie schon lange?«
»Fünfunddreißig Minuten«,
antwortete er gekränkt.
»Das wäre ja direkt zu
überlegen, ob ich Sie nicht an der Miete beteiligen sollte«, meinte ich
nachdenklich.
Plötzlich kam er zur Sache.
Bedachtsam, um seine Bügelfalten nicht zu gefährden, schlug er die Beine
übereinander. »Mein Name ist Houston«, sagte er. »Ich bin Rechtsanwalt.«
»Irgendeinen Beruf muß ja
schließlich jeder haben«, tröstete ich ihn. »Ich hatte Sie eigentlich für einen
Kirchendiener gehalten.«
»Ich vertrete Galbraith
Hazelton. Sie haben natürlich schon von ihm gehört.«
»Sie meinen doch nicht etwa den Galbraith Hazelton, den Damenimitator?«
»Ich schlage vor, wir hören mit
der Komödie auf und kommen zur Sache«, erklärte er kurz. »Es wird für uns beide
das beste sein, einverstanden?«
»Vorausgesetzt, daß uns beide
dieselbe Sache interessiert.«
»Sie haben sich heute mit
Martha Hazelton in einer Bar in der Neunundvierzigsten Straße getroffen und
sich ungefähr eine halbe Stunde mit ihr unterhalten. Das stimmt doch?« Seine
scheußlichen Augen blickten mich forschend an. Ich mochte ihn immer weniger
leiden, zuckte nur die Schultern und schwieg.
Houston lächelte leicht. »Sie
tranken zwei Gin-Tonic, Miss Hazelton einen Whisky.
Ich habe das alles schriftlich - doch lassen wir das. Ich nehme an, sie hat Sie
engagieren wollen.«
»Das hört sich ja an, als sei
ich ein Callboy oder so.«
»Ich möchte Sie warnen«, sagte
er mit der Stimme eines Irrenarztes. »Martha Hazelton ist nicht sie selbst.«
»Ach, Sie meinen, sie war es
gar nicht? Es war die ganze Zeit der alte Hazelton? Der hat mich aber schön
reingelegt. Wie er so die Bluse füllte — toll! Sah aus wie echt.«
Er wurde jetzt etwas grau im
Gesicht. »Ihre Witze sind unangebracht, Mr. Boyd, und Sie wissen das auch«,
rügte er mich. »Miss Hazelton ist krank. Sie leidet an Wahnvorstellungen. «
»Genau wie ich«, sagte ich
kopfschüttelnd. »Ihnen bin ich neulich in einem gräßlichen Alptraum begegnet,
und jetzt bilde ich mir doch tatsächlich ein, Sie sitzen in meinem Sessel.«
Das war zuviel für ihn, er
reagierte fast menschlich. Dann holte er tief Luft und hatte sich wieder in der
Gewalt. »Wir wollen doch für einen Augenblick den Unsinn lassen und endlich zur
Sache kommen. Alles, was Martha Ihnen erzählt hat, entspringt ihren
Wahnvorstellungen, und Sie wären gut beraten, wenn Sie die Finger davon
ließen.«
»Das gebotene Honorar war aber
keine Wahnvorstellung«, bemerkte ich sehr richtig.
»Ach ja — das Geld!« Er ließ
sich zurücksinken und machte es sich wieder bequem in meinem weißen Sessel. Nun
redete ich die Sprache, die ihm geläufig war. »Geld, natürlich, ich vergaß. Mr.
Hazelton findet es nur fair, wenn er Ihnen die Zeit vergütet, die Sie seiner
Tochter widmeten. Genügen fünfzig Dollar?«
»Die können Sie sich an den Hut
stecken«, erwiderte ich gelassen.
Fünf Sekunden lang blickte er
mich starr an, die Kontakte in seinem Computergehirn knackten. »Sie schätzen
Ihre Zeit hoch ein, Mr. Boyd«, sagte er endlich. »Was stellen Sie sich unter
einer vernünftigen Entschädigung vor?«
»Zweitausend Dollar.«
»Das ist absurd!«
»Also arbeite ich weiter für
Miss Hazelton.«
Er streichelte nachdenklich
seine Nase, dann stand er abrupt auf, hatte seine Entscheidung getroffen. »Wir
wollen nicht streiten«, sagte er. »Tausend Dollar. Nehmen Sie sie, oder lassen
Sie es sein.«
»Ich lasse es sein.«
»Das werden Sie noch bereuen«,
erwiderte er giftig. »Sie werden sich in große Schwierigkeiten bringen.«
»Vielleicht sollte ich mir
einen guten Anwalt nehmen?« überlegte ich laut. »Wissen Sie zufällig einen?«
2
Immer wenn ich Sehnsucht nach
Landluft und freier Natur habe, unternehme ich einen ausgedehnten Spaziergang
im Central Park. Da finde ich den Landfrieden, wie ich ihn erträume, und wenn
ich müde werde, kann ich mich in einem Gartenlokal bei einem Martini erholen
oder ich nehme mir ein Taxi.
Das Schlimme an Neuengland ist,
es hat so viel Natur, es ist direkt überladen damit. Nicht
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