Ackerbau und Unzucht
daß es schlecht aussieht,
wenn im Sonnenschein die roten Blätter des Ahorn purpurn leuchten und die
Birken golden schimmern, es ist eben zuviel von allem da. Für meinen Geschmack
ist das einfach primitiv, wie eine Wohnung ohne Warmwasser und Zentralheizung.
Es war gerade Mittag, als ich
die Hazelton-Farm fand. Neben dem Tor stand in großen Lettern High Tor, also war ein Irrtum ausgeschlossen. Das Tor stand offen, und ich fuhr direkt
zum Farmhaus durch, das ein paar hundert Meter von der Straße entfernt lag.
Als ich hielt, sah ich, daß ich
schon erwartet wurde. Ein schwerer, mittelgroßer Bursche, dessen aufgekrempelte
Hemdsärmel dicke Muskelpakete freigaben, blickte mir entgegen. Das schwarze
Hemd stand am Hals offen, die braunen Hosen steckten in blankgeputzten
Stiefeln.
Ich blieb abwartend sitzen und
zündete mir eine Zigarette an, während er heranschlenderte. Das schwarze Haar
trug er sorgfältig aus der Stirn gekämmt, die dadurch aber auch nicht höher
wurde. Jemand hatte ihm irgendwann einmal die Nase platt geschlagen, und über
den Augenbrauen hoben sich kleine weiße Narben ab.
Er lümmelte sich ins offene
Seitenfenster und sah auf mich herunter. Auch aus der Nähe betrachtet, wurde
sein Gesicht nicht schöner.
»Wollen Sie was verkaufen?«
fragte er mit seltsam hoher Stimme.
»Aber nein, ich will nur einen
ganz privaten Besuch abstatten«, belehrte ich ihn.
»Sind Sie hier bestimmt
richtig, Kumpel?«
»Na, Sie schließen ja schnell
Freundschaft«, sagte ich. »Ich bin richtig.«
»Irrtum.« Er schüttelte den
Kopf. »Sie sind an der falschen Adresse. Hier kommt niemand zu Besuch.«
»Vielleicht bis heute. Ich bin
eben der Anfang einer neuen Ära. Ich möchte Miss Clemmie Hazelton sprechen.«
»Sie wird aber niemanden
sprechen. Wirklich jammerschade, Kumpel.«
»Mich wird sie sprechen«,
beharrte ich. »Warum sind Sie nicht ein richtiger Kumpel, Kumpel, und fragen
sie mal?«
Er seufzte. »Sie ist für
niemanden zu sprechen — so lautet die Order. So, und nun seien Sie ein braver
Junge und hauen Sie ab. Wir wollen doch keinen Streit, nicht?«
»Wenn sie schon niemand
sprechen wird, dann vielleicht hören?« schlug ich vor und drückte mit aller
Kraft auf die Hupe. Sie verursachte einen Höllenspektakel, bis er meine Hand
wegstieß.
»Das war falsch, Kumpel«, sagte
er gekränkt. »Nun muß ich leider grob werden.«
Seine Finger umklammerten mein
Handgelenk wie ein Schraubstock, er hatte sich vorgebeugt, und sein Kopf
steckte jetzt im Wageninnern. Mit meiner freien Hand fuhr ich ihm blitzschnell
ins Gesicht und klemmte seine Nase zwischen meine Finger. Ruckartig zog ich daran
seinen Kopf auf und ab, so daß er einmal gegen das Dach und einmal auf den
Türrahmen prallte. Ein toller Gag, wie aus einem alten Stummfilm. Er fand das
aber gar nicht so lustig, denn als ich ihn nach einem Weilchen losließ,
verschwand er sang- und klanglos aus meinem Blickfeld.
Ich stieg aus, und da lag er
auf Händen und Knien am Boden und schüttelte benommen den Kopf. Aber er war
hart im Nehmen und kam schnell wieder zu sich. Ehe er mich erneut angreifen
konnte, tippte ich ihm mit der Schuhspitze kurz über sein rechtes Ohr, da gab
er Ruhe. Vorsichtig stieg ich über ihn hinweg, denn wer möchte schon gern auf
einen Kumpel treten?
Die Tür öffnete sich, noch ehe
ich das Haus erreicht hatte, und ein junges Mädchen trat in den Hof, ihre Augen
leuchteten neugierig.
»Ich habe die Hupe gehört«,
sagte sie atemlos. »Ist was passiert?«
»Aber ganz und gar nicht«,
beruhigte ich sie. »Sie sind Clemmie Hazelton?«
»Ja. Wollen Sie zu mir?«
»Danny Boyd«, stellte ich mich
vor. »Ich bin ein Freund von Martha. Sie hat mich zu Ihnen geschickt.«
»Sehr erfreut«, sagte sie und
lächelte so, als ob sie das wirklich ehrlich meinte. »Die Freunde meiner
Schwester sind auch meine Freunde.«
»Vielen Dank«, erwiderte ich
höflich und verbeugte mich.
»Hat Pete Sie denn nicht hupen
gehört?«
»Pete?« fragte ich
scheinheilig.
»Er ist unser Faktotum hier
draußen.« Ihr Lächeln vertiefte sich, als sie mich eingehend musterte. »Wollen
Sie nicht hereinkommen?«
»Danke, gern. Ich bringe eine
Nachricht von Martha.«
Ich folgte ihr in das große
Wohnzimmer, das im frühen Kolonialstil eingerichtet war, nur etwas zu überladen
für meinen Geschmack.
»Darf ich Ihnen etwas
anbieten?«
»Danke, nicht jetzt.«
Sie hatte weder die Eleganz
ihrer großen Schwester noch ihre Arroganz, aber sie hatte die
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