Ackerbau und Unzucht
kennen Martha?«
»Natürlich. Sie war ein paarmal
mit Ihrem Vater hier, übrigens erst letztes Wochenende.«
»Und Philip? War er in letzter
Zeit auch da?«
»Ja, ebenfalls am Wochenende.«
»Und sie fuhren alle zusammen
zurück in die Stadt?«
»Natürlich. Martha und Mr.
Hazelton fuhren Montag früh. Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, Philip
reiste schon am Sonntagabend ab. Jedenfalls war er am nächsten Morgen nicht
mehr hier. Warum fragen Sie?«
»Man hat ihn letzthin nicht
mehr gesehen«, sagte ich vorsichtig. »War bloß so eine Frage.«
Aus einem der Schweinekoben kam
ein wildes Grunzen, und ich blickte hinein. Ein einzelnes Schwein von
gewaltigem Ausmaß wühlte mit der Nase tief im schwarzen Boden.
»Das hier soll wohl zum
Fleischer und sitzt schon in der Todeszelle, was?« fragte ich.
Sylvia lachte. »Es ist der
Eber, ein alter schlechtgelaunter Bursche, deshalb ist er allein eingesperrt.
Gehen Sie nicht zu nahe heran, diese Hauer sind gefährlich.«
»Das glaube ich gern«, sagte
ich mit Respekt.
»Das Ungeheuer heißt
ausgerechnet Sweet William«, sagte sie lächelnd. »Aber die Schweinedamen
finden ihn hinreißend.«
»Wie er da so mit seiner
Kingsize-Nase im Dreck wühlt, erinnert er mich an einen Klatschkolumnisten«,
erwiderte ich mit Abscheu. »Und dieser mürrische, angriffslustige Ausdruck
gemahnt mich an Pete.«
»Sie tun Pete unrecht«,
verteidigte sie ihn. »Er hat doch nur seine Pflicht getan.«
»Harmlose Besucher gewaltsam
aufzuhalten? Was gibt es denn hier Besonderes, das niemand sehen darf?«
Sie seufzte leicht. »Mr.
Hazelton hat eine Phobie, was die private Sphäre angeht. Er hat Pete
angestellt, damit er dieses Privatissimo schützt. So
einfach ist das.«
»Das ist so einfach, daß ich es
nicht glauben kann. Pete ist ein Profi.«
»Wollen Sie noch mehr sehen von
der Farm, oder können wir zurück ins Haus?« lenkte sie ab. »Es ist beinahe
Essenszeit, und ich könnte einen Drink gebrauchen.«
»Können Sie Gedanken lesen?«
Sylvia wandte sich ab und ging
eilig Richtung Haus davon. Ich wollte ihr gerade folgen, als die unanständigen
Laute von Sweet William in ein alarmierendes Crescendo übergingen. Es
hörte sich an, als sei er auf Gold gestoßen bei seiner Graberei ,
und die Gefahr nicht scheuend, beugte ich mich über das Gatter, um nachzusehen,
was ihn so in Aufregung versetzt hatte.
Der Eber schaufelte so besessen
im Dreck, als sei er als Bagger engagiert. Er hatte bereits eine lange Grube
von fünfzehn Zentimeter Tiefe gebuddelt, wühlte sich mit Eifer immer tiefer und
grunzte dabei unaufhörlich.
Fasziniert sah ich zu, bis mich
der Grund seiner Begeisterung erschauern ließ. Im ersten Augenblick wollte ich
nicht glauben, was er da vor meinen Augen zutage förderte. Ich beugte mich
tiefer und sah noch einmal genau hin — dann mußte ich mich schnell abwenden.
Sweet William hatte Daumen und Zeigefinger
einer menschlichen Hand freigelegt. Er blickte stolz zu mir auf, sein Kinn
mahlte langsam in friedlichem Rhythmus, dann stieß er einen befriedigten
Grunzlaut aus. Ich warf noch einen letzten Blick in die Grube, die er in den
schwarzen Schmutz gewühlt hatte und schluckte hart. Das letzte Glied des
Zeigefingers fehlte.
Wenn Philip Hazelton am
Sonntagabend das Farmhaus verlassen hatte, so war er nicht weit gekommen.
3
Clemmies Augen strahlten, als
ich wieder ins Wohnzimmer trat. »Ich freue mich, daß Sie noch ein wenig bleiben
wollen, Mr. Boyd«, sagte sie.
Sylvia hantierte an der Bar und
fragte: »Was soll es sein, Scotch, Rye oder Wodka?«
»Scotch auf Eis wäre
wunderbar«, brachte ich mühsam heraus und zündete mir eine Zigarette an. Sie
schmeckte wie Heu. Der Schreck war mir doch ziemlich in die Glieder gefahren.
Clemmie hatte die Hände um die
Knie geschlungen und lächelte zu mir auf.
»Das Essen wird ein wenig
improvisiert sein, hoffentlich macht es Ihnen nichts aus, Mr. Boyd«, sagte sie.
»Auf alle Fälle haben wir frischen Schinken von eigenen Schweinen und selbst
geräuchert«, sagte sie fröhlich.
Mir drehte sich der Magen um.
»Machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen«, brachte ich hervor. »Ich habe
keinen Hunger.«
Sylvia reichte mir genau im
richtigen Augenblick das Glas, und ich schluckte dankbar meinen Scotch. Im
Bemühen, nicht mehr an Essen und Schweineschinken zu denken, widmete ich mich
ganz dem Whisky.
»Clemmie sagt, Sie sind
Privatdetektiv«, sagte Sylvia. »Sind Sie deswegen so mißtrauisch?«
»Ihr
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