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Ackerbau und Unzucht

Ackerbau und Unzucht

Titel: Ackerbau und Unzucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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stöhnte auf. »Ich habe dir
verboten, so etwas zu sagen!« Wie eine Furie kam sie auf mich zu, die Flasche
als Lanze vor sich.
    Aber wenige Schritte von mir
entfernt verfingen sich ihre nackten Füße im Teppich und brachten sie zu Fall.
Sie schrie laut auf und umklammerte fest den Flaschenhals. Wie gelähmt
beobachtete ich den Sturz, sah die spitzen Flaschensplitter glitzernd in die
Höhe ragen und sich in den schlanken weißen Hals bohren. Ich mußte mich
abwenden, mir wurde schlecht. Eine ferne Stimme sagte: »Hier Fernamt. Hier
Fernamt.«
    Mit unendlicher Mühe riß ich
mich zusammen, hob den Hörer auf und sagte schwerfällig: »Es geht um Leben und
Tod! Verbinden Sie mich mit Direktor Warden im
Zuchthaus Sing-Sing in Ossining .«
    »Kennen Sie die Kodenummer?«
fragte sie geschäftsmäßig.
    Ein Blick auf meine Uhr
steigerte meine Ungeduld ins Unerträgliche.
    »Ich habe keine Zeit,
stundenlang mit Ihnen zu diskutieren. Es ist drei Minuten vor Zwölf. Um
Mitternacht ist es zu spät.«
    »Sie irren sich«, sagte sie
sanft. »Die genaue Uhrzeit ist drei Minuten nach zwölf, Sir.«
    »Das darf nicht wahr sein! Sind
Sie sicher?«
    »Genau drei Minuten, zehn
Sekunden nach zwölf. Bleiben Sie am Apparat, ich verbinde.«
    Benommen vernahm ich die
klickenden Geräusche in der Leitung, dann meldete sich eine Stimme: »Büro
Direktor Warden — Zuchthaus Sing-Sing.«
    »Bitte, hören Sie mich an, es
ist dringend, ich...«
    »Das Lied kennen wir«, sagte
der Mann. »Ihr Zeitungsleute seid doch alle gleich, immer ist alles dringend.
Gregory Houston bestieg Punkt zwölf Uhr den elektrischen Stuhl — eine Minute
nach zwölf wurde der Tod offiziell festgestellt. Er hat seine Schuld bis zum
letzten Augenblick abgestritten. Das ist alles, was wir sagen können, junger
Mann. Okay?«
    Unendlich langsam ließ ich den
Hörer sinken. Verstört blieb ich stehen und starrte vor mich hin, mein Kopf war
leer.
    Endlich erinnerte ich mich der
Dinge, die jetzt zu tun waren. Ohne Hast erledigte ich, was nötig war. Ich
wischte meine Fingerabdrücke vom Telefon, warf mein Glas in den Kamin zu den
anderen Scherben. Dann holte ich meinen Mantel.
    Ehe ich ging, warf ich noch
einen letzten Blick auf Martha Hazelton. Sie hatte mich die ganze Zeit zum
Narren gemacht, und ich war darauf hereingefallen, das schmerzte, und mein
Selbstbewußtsein war leicht getrübt.
    Als ich auf die Straße trat,
begann es zu schneien, mir fiel ein, daß in zehn Tagen Weihnachten war und daß
ich meine Post noch nicht aufgegeben hatte. Während der Motor warmlief, rauchte
ich nachdenklich eine Zigarette.
    Wegen Houston fühlte ich keinen
Kummer — er war nicht der Mensch, um den man trauerte.
    Martha Hazelton mußte zur
gleichen Sekunde gestorben sein, als er den elektrischen Stuhl bestieg. Wohin
sie jetzt auch kamen, ich wünschte ihm, daß er Martha auf diesem Wege nicht zu
begegnen brauchte.

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