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Ackermann tanzt

Titel: Ackermann tanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders
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verblassten Hinkelkästchen, die jemand mal aufs Pflaster neben der Treppe gemalt hatte. Himmel und Hölle – so was spielte doch heutzutage kein Mensch mehr!
    Auch innen im Gebäude war die Zeit stehen geblieben. Grünes Linoleum, dunkelbraune Türen, kaum Licht. Es roch wie in einer alten Turnhalle.
    Am besten ging er erst mal zum Direktor. Schulleitung stand an der Tür rechts.
    Ackermann nahm seine Schultern zurück, räusperte sich einmal kräftig und streckte die Hand zum Klopfen aus, aber da ging die Tür schon auf.
    »Ich dachte doch, ich hätte was gehört.« Vor ihm stand eine stämmige Frau mit einer grauen Pottfrisur und kleinen Augen und musterte ihn von oben bis unten.
    Ackermann sah an sich herunter. Ja gut, sein T-Hemd war ein bisschen labberig und die Jesuslatschen hatten auch schon bessere Tage gesehen, aber die Jeans waren frisch und die Füße hatte er sich auch gewaschen.
    Modell Drachen, dachte er, da packst du besser mal dein feinstes Hochdeutsch aus.
    »Tach! Ackermann mein Name. Kripo Kleve. Ich wollte zum Rektor.«
    »Das bin ich. Kripo? Worum geht es denn?«
    »Haben Sie einen Schüler, der Gregor Weller heißt?«
    Die Rektorin nickte schnell. »Ach, diese böse Geschichte. Kommen Sie herein.«
    Sie ließ Ackermann an sich vorbeigehen und schloss dann sorgfältig die Tür. »Bitte sehr, nehmen Sie Platz. Ich habe den Vorfall ordnungsgemäß behandelt. Hier, der Unfallbericht.«
    »Ach wat! Dat ... das bezweifele ich gar nicht, dass Sie alles richtig gemacht haben. Ich wollt über den Jungen reden und sehen, ob es nicht doch vielleicht Zeugen gibt und solche Sachen.«
    »Nun, da sprechen Sie am besten mit Gregors Klassenlehrerin. Ich selbst unterrichte nämlich dieses Jahr nicht im vierten Schuljahr. Einen Moment, ich glaube, die Kollegin ist noch da.«
    Sie ging zu einer gepolsterten Verbindungstür und rief in den Nebenraum: »Frau Rouenhoff, haben Sie einen Augenblick Zeit?«
    Mensch, dachte Ackermann, sind denn hier alle Pauker so alte Schrullen? Aber dann freute er sich. Die zahlreichen Falten in Frau Rouenhoffs Gesicht waren ohne Zweifel Lachfalten. Die war bestimmt nicht so verschroben.
    »Ich lasse Sie dann allein«, meinte die Rektorin, froh, dass sie endlich verschwinden konnte. »Frau Rouenhoff, Sie dürfen sich ruhig auf meinen Platz setzen.«
    Ackermann erklärte noch einmal, warum er gekommen war. »Ich möchte von Ihnen wissen, ob et sein könnt’, dat der Vater den Jungen selbst so zugerichtet hat«, fragte er, ohne lange um den heißen Brei herumzureden.
    Frau Rouenhoff war nicht überrascht. »Ich verstehe, dass Ihnen der Gedanke gekommen ist, wenn Sie Herrn Weller mit seinem Sohn kennen gelernt haben. Aber nein, er hat das Kind sicherlich nicht misshandelt, körperlich, meine ich.«
    »Hör ich da wat zwischen de Zeilen?«
    Sie war sehr ernst. »Gregor ist ein schwieriges Kind, unzugänglich, aggressiv. Er hat große Probleme, sich an Absprachen zu halten, und sein Sozialverhalten lässt sehr zu wünschen übrig. Es ist schwer zu sagen, wo die Ursachen dafür liegen. Sehen Sie, Gregor ist nicht Wellers leibliches Kind. Als das Ehepaar ihn adoptierte, war er schon zwei Jahre alt.«
    »Dat kann doch nich’ wahr sein!«, ereiferte sich Ackermann. »So jemand darf Kinder adoptieren? Hat denn keiner mitgekriegt, wat dat für ’n Typ is’?«
    »Die Eltern sind beide Lehrer, also quasi Fachleute für Erziehung. Und solche Leute werden bei Adoptionen sogar bevorzugt.« Man hörte deutlich das Bedauern in ihrer Stimme. »Besonders Herr Weller hat sehr klare Vorstellungen von der Erziehung seines Sohnes, und wenn Sie mich fragen, das tut dem Jungen gar nicht gut. Warten Sie mal, ich zeige Ihnen was.«
    Sie lief ins Nebenzimmer und kam mit einer Liste zurück. »So eine bekomme ich von Wellers zu Beginn eines jeden Halbjahres.«
    Ackermann nahm ihr den Zettel ab und staunte. Da stand:

Gregor bezahlt sein Milchgeld pünktlich. Sollte er das Geld vergessen haben, wird ihm die Summe nicht vorgestreckt.
Gregor erledigt seine Hausaufgaben pünktlich und vollständig. Sollte das einmal nicht der Fall sein, geht umgehend eine Benachrichtigung an die Eltern.
Gregors Hefte sind sauber und ordentlich geführt, seine Blei- und Farbstifte stets angespitzt und vollzählig. Sollte das nicht der Fall sein, s. unter 2.
Gregor ist in der Lage, seinen Turnbeutel von der Halle mit zurück in den Klassenraum zu nehmen. Der Beutel wird ihm nicht hinterhergetragen.

    In dem Ton ging es

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