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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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laufenlassen.«
    »Mit Absicht? Er ist nicht geflohen? Hat sich nicht selbst befreit?«
    »Nein, Sir, hat er nicht.« Und so leise, daß er nicht sicher war, ob Dalgliesh ihn verstand, setzte Daniel hinzu: »Aber jetzt, jetzt ist er frei.«
    Dalgliesh wandte sich ab und ging zum Haus zurück. Er hatte alles Nötige erfahren. Niemand sonst kam in Daniels Nähe. Er fühlte sich isoliert, wie in moralischer Quarantäne, als er da am Rand des Moores stand, am Rand der Welt. Ihm war, als sähe er ein flackerndes Licht, hell wie Phosphor, zwischen den Dünengrasbuckeln und den schwarzen Brackwassertümpeln hin und her hüpfen. Er konnte nicht erkennen, wie die Brandungswellen sich an der Küste brachen, aber er hörte das Meer, ein leises, ewiges Seufzen wie von allumfassender Trauer. Und dann riß die Wolkendecke abermals, und der Mond, der fast voll war, ergoß sein kaltes Licht über das Sumpfland und die ferne, zusammengebrochene Gestalt weit draußen. Er spürte, wie jemand auf ihn zukam. Als er sich umdrehte, stand Kate vor ihm. Überrascht und mitleidig sah er, daß sie geweint hatte.
    »Ich hatte nicht vor, ihm zur Flucht zu verhelfen«, sagte er. »Ich wußte ja, daß es für ihn kein Entrinnen gab. Aber ich konnte den Gedanken nicht ertragen, daß man ihn in Handschellen abgeführt und ins Gefängnis gesteckt hätte. Ich wollte ihm wenigstens die Chance geben, seinen eigenen Weg nach Hause zu finden.«
    »Daniel, du Idiot«, sagte sie. »Du verdammter Idiot.«
    »Was wird er jetzt machen?«
    »AD? Was glaubst du wohl? Ach Gott, Daniel, du hättest so gut sein können! Nein, du warst es schon.«
    »Etienne konnte sich nicht mal an ihre Namen erinnern. Er wußte kaum noch, was er getan hatte. Keine Schuldgefühle, keine Reue, nichts. Eine Mutter und zwei kleine Kinder. Für ihn existierten sie überhaupt nicht. Als ob sie keine Menschen gewesen wären. So gedankenlos hätte er nicht mal einen Hund erschossen. Aber er hat sie eben nicht als Menschen betrachtet. Sie waren überflüssig. Sie zählten nicht. Es waren halt nur Juden.«
    »Und Esme Carling?« rief sie beschwörend. »Eine einsame alte Frau, häßlich, kinderlos. Keine besonders gute Schriftstellerin. War sie deshalb überflüssig? Zugegeben, viel hatte sie nicht. Eine Wohnung, das Kind einer anderen Frau, mit dem sie die Abende verbrachte, ein paar Fotos, ihre Bücher. Aber wer gab ihm das Recht zu entscheiden, daß ihr Leben nicht zählte?«
    Er versetzte bitter: »Du bist dir so sicher, nicht wahr, Kate? So überzeugt davon, daß du weißt, was richtig ist. Es muß schön sein, moralisch nie in die Zwickmühle zu geraten. Das Strafrecht und die Dienstvorschriften – die geben dir alles, was du brauchst, stimmt’s?«
    »Bei ein paar Dingen bin ich mir sicher, ja«, sagte sie. »Zum Beispiel wenn es um Mord geht. Wie könnte ich sonst auch Polizistin sein?«
    Dalgliesh kam noch einmal zurück. Mit einer Stimme, so ruhig und gelassen, als handele es sich um ein kollegiales Gespräch in der Einsatzzentrale in Wapping, sagte er: »Die Essexer Polizei wird vor Tagesanbruch nichts unternehmen, um die Leiche zu bergen. Ich möchte, daß Sie Kate nach London zurückfahren. Trauen Sie sich das zu?«
    »Ja, Sir. Ich bin absolut fahrtauglich.«
    »Schön, andernfalls lassen Sie sich von Kate ablösen. Mr. de Witt und Miss Peverell nehme ich im Hubschrauber mit zurück. Die beiden wollen sicher so rasch wie möglich heim. Euch erwarte ich dann später in Wapping.«
    Er stand mit Kate am Rande der Wiese, bis die drei Gestalten zu dem Piloten in den Hubschrauber geklettert waren. Der Motor heulte auf, und die Rotorblätter setzten sich schwerfällig in Bewegung. Erst drehten sie sich langsam, wurden aber rasch schneller, so daß man bald bloß noch schattenhaft ihre Umrisse erkennen konnte, und endlich waren sie nur mehr ein schemenhaftes Flirren in der Luft. Torkelnd erhob sich der Helikopter vom Boden und schraubte sich in den Himmel. Auf einmal standen auch Etienne und seine Haushälterin am Rand der Freifläche und blickten der rasch kleiner werdenden Maschine nach. Daniel dachte verbittert: Sie sehen aus wie Touristen. Ein Wunder, daß sie nicht hinterher winken.
    »Ich hab’ drinnen was liegengelassen«, sagte er zu Kate.
    Die Haustür stand offen. Sie ging mit ihm über den langen Korridor bis ins Arbeitszimmer, hielt sich aber ein paar Schritte zurück, damit er sich nicht wie ein Häftling unter Bewachung vorkam. Im Zimmer brannte kein Licht, doch das

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