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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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ein Mensch, dessen Verstand, so findig, durchtrieben, ja verschlagen sie auch war, doch seine Grenzen hatte. Weder dachte sie klar logisch, noch war sie sehr intelligent.
    Wie mochte Dauntsey sie wohl zu jenem Treffen überredet haben? Ob er behauptet hatte, Etiennes Mörder zu kennen oder zumindest einen bestimmten Verdacht zu hegen, einen, dem sie gemeinsam nachgehen könnten, um, wenn der Fall gelöst war, auch einen gemeinsamen Triumph zu feiern? Hatten sie vielleicht eine vorläufige Abmachung getroffen und sich darauf geeinigt, daß Esme weiterhin Stillschweigen bewahren und daß er ihr Manuskript und Brief zurückgeben und dafür sorgen würde, daß der Verlag ihr Buch druckte? Immerhin hatte sie ja der kleinen Daisy Reed erzählt, Peverell müsse ihren neuen Roman nun doch verlegen. Wer, wenn nicht einer der Gesellschafter hätte ihr eine solche Zusicherung geben können? Hatte Dauntsey sich bei jenem Telefonat als ihr Ritter und Retter aufgespielt, oder hatte er den Mitverschwörer gemimt? All das würden sie nie erfahren, es sei denn, Dauntsey selbst erzählte es ihnen.
    Eines war indes sicher: Esme Carling war ganz arglos zu der Verabredung gefahren. Sie hatte keine Ahnung, wer Etiennes Mörder war, aber sie war der Überzeugung, daß sie wisse, wer zumindest nicht als Täter in Frage kam. Sie war ja in Etiennes Büro gewesen, als der telefonisch ins Archiv bestellt wurde, und nachdem Gerard hinaufgegangen war, hatte sie vermutlich zunächst auf ihn warten wollen. Erst als er gar zu lange wegblieb, war sie ungeduldig geworden und beschloß, selbst nachzusehen. Und just in dem Moment, als sie aus Miss Blacketts Vorzimmer kam und zur Treppe wollte, entdeckte sie Dauntsey, wie der mit dem Staubsauger davonhuschte. Oben vor dem Eingang zum Archiv hatte sie dann die Schlange liegen sehen und durch die Tür eine Stimme gehört. Drinnen sprach jemand, kein Zweifel. Die Tür war nicht sonderlich dick, und vermutlich erkannte sie, daß es nicht Etiennes Stimme war. Und als die Leiche gefunden wurde, stand für sie fest, daß zumindest Dauntsey unschuldig war. Sie hatte ja mit eigenen Augen gesehen, wie er die Treppe herunterkam, als Etienne noch am Leben war und oben im kleinen Archiv mit seinem Mörder sprach.
    Und wie hatte Dauntsey sich das Alibi für den Mord an Esme Carling beschafft? Aber ja, natürlich! Er und Bartrum waren ein paar Minuten allein mit der Leiche gewesen, bevor die Polizei erschien. War es nicht sogar Dauntsey gewesen, der vorgeschlagen hatte, de Witt solle die Frauen ins Haus begleiten, während er und Bartrum bei der Toten warten würden? Und in der kurzen Zeit mußte er sich dann sein Alibi gesichert haben. Verwunderlich war bloß, daß Bartrum sich darauf eingelassen hatte. Ob Dauntsey ihm versprochen hatte, sich dafür einzusetzen, daß er seine Stellung behielt? Hatte er ihm gar eine Beförderung in Aussicht gestellt? Oder war da eine frühere Gefälligkeit im Spiel, für die er bei Bartrum noch etwas guthatte? Was auch immer der Grund sein mochte, Bartrum hatte ihm jedenfalls sein Alibi geliefert. Und das Pub, in dem sie sich in Wahrheit eine halbe Stunde später getroffen hatten, als sie der Polizei zu Protokoll gaben, war für Dauntseys Zwecke trefflich gewählt. Niemand im Sailor’s Return war imstande gewesen, präzise Angaben darüber zu machen, wann zwei bestimmte Gäste die weitläufige, überfüllte und ohrenbetäubend laute Kneipe betreten hatten.
    Der Mord an sich hatte vermutlich kaum Schwierigkeiten bereitet, und gefährlich war für den Täter eigentlich nur der Moment, in dem er die Fähre umsetzen mußte. Aber das war nun einmal unumgänglich. Er brauchte das Boot, denn nur im sicheren Schutz der Kabine konnte er sein Opfer unbeobachtet von Fluß und Land aus töten. Esme Carling war eine zierliche Person und sicher nicht schwer gewesen, aber Dauntsey war ein Mann von sechsundsiebzig Jahren, und für ihn war es allemal leichter, sein Opfer von der Fähre aus zu erhängen, als es, tot oder lebendig, die schlüpfrige, von der Flut überspülte Ufertreppe hinunterzuschleppen. Und solange er den Motor drosselte, war auch das Bootsmanöver einigermaßen ungefährlich. Schließlich wohnte nur Frances in der Nähe, und Dauntsey wußte aus eigener Erfahrung, wie wenig man von ihrem Wohnzimmer aus hören konnte, wenn Vorhänge und Fensterläden geschlossen waren. Und selbst wenn sie einen Bootsmotor gehört hätte, wäre sie dann tatsächlich hinuntergelaufen, um nachzusehen?

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