Adamas Entscheidung (Nicht von hier) (German Edition)
waren. Er strich ihm über die Bartstoppeln.
„Willst du noch bleiben?“
„Ja, noch keine Lust aufzustehen“, murmelte der Polizist. „Aber du sagst es Modibo, am besten gleich. Ich habe keinen Bock darauf, mir seine Prügel einzufangen, wenn ich dich morgen wieder abhole. Wo wohnst du überhaupt?“
„Rue de Lorraine. Mit Modibo.“
„Oh je“, sagte Jean Luc, doch ob er Bedenken wegen der Wohnlage oder Modibo hatte, konnte Adama nicht ausmachen. Jean Luc hockte sich trotz seiner Schläfrigkeit neben Adama auf die Bettkante.
„War es schön?“, fragte er mit einem Hauch von Verlegenheit.
„Wundervoll“, antwortete Adama und freute sich auf den nächsten Tag. Modibo schob er aus seinen Gedanken fort, wenigstens so lange, bis sie nach einer Katzenwäsche nun doch gemeinsam das Hotel verließen und sich auf dem Platz mit einem Handschlag trennten. Auf dem Weg hinauf zum Sacre Coeur grübelte Adama über die beste Art und Weise, wie er seinem Kameraden einen Schock fürs Leben verpassen konnte, doch jede Möglichkeit und jedes Szenario löste sich in Ungewissheit auf, solange er nicht direkt in Modibos Augen sah. Diese Gelegenheit kam jedoch schneller als erwartet, denn als Adama versonnen die Treppen zur Kirche hinaufstieg und hier und dort einige Bekannte grüßten, die den Touristen kleine Kunststücke vorführten, kam Modibo ihm plötzlich entgegen, das schwarze Tuch wie ein Rucksack über seiner Schultern, und umarmte ihn voller Sorge.
„Adama“, sagte er etwas atemlos. „Wie gut, dass ich dich finde. Wo warst du nur so lange? Hast du ihn gesehen?“
„Ja“, nickte Adama, der wusste, von wem Modibo sprach. „Habe ich. Das ist unglaublich, nicht wahr? Wir hatten gehofft, er wäre hinüber und dann taucht er wieder auf wie ein falscher Fuffziger.“
Eine Weile noch wollte er vorgeben, Jean Luc nach wie vor am liebsten loswerden zu wollen.
„ Merde , so ist es!“ ereiferte sich sein Freund. „Hat er mit dir gesprochen? War er sauer wegen meiner Prügel?“
„Nein, war er nicht. Und bei dir?“
Modibo hob ratlos die Schultern. „Nein, er war wie immer. Vielleicht trägt er es uns gar nicht nach.“
Adama lächelte. „Dann ist doch alles gut, oder? Wir schmieren ihn wie bisher und können weitermachen mit unserem Verkauf hier.“
Sein Kumpel entspannte sich sichtlich und stieg mit ihm die Treppen hinauf. Die Souvenirs in seinem Tuch klingelten und klirrten bei jedem Schritt. Adama wollte sich seine Laune nicht durch sein Geständnis verderben lassen. Er hatte noch Zeit bis morgen. Lieber genoss er die strahlende Augustsonne, die gurrenden Tauben auf dem Rasen und das Klicken der Kameras. Die Kirche erhob sich imposant über ihnen und für einen Moment fühlte Adama sich an den Liebesakt in der dunklen Krypta erinnert. Warum fiel ihm nun wieder Jean Lucs Forderung ein? Er wandte den Blick von der Kirche ab und schlug Modibo auf den Arm.
„He, warum gehen wir wieder hoch? Lass uns Schluss machen für heute.“
Modibo zögerte und Adama war sicher, dass er nun den Umsatz überschlug, den er jetzt noch hätte erzielen können.
„Ach, scheiß drauf, wir haben etwas zu feiern“, sagte er dann und kehrte mit ihm um in Richtung Metro Station Chateau Rouge.
Feiern, eine gute Idee, dachte Adama und wusste, dass sie nun den Umweg zu Gabrielas Café machen würden. Dort konnte er die letzte Stunde noch einmal erleben, tief in Gedanken, während kaltes Bier durch seine Kehle floss. Ob Jean Luc wohl auch Bier mochte? Oder war er Weintrinker? Mit diesen und ähnlich Nichtigkeiten beschäftigte er sich den Rest des Weges, um sich einen Aufschub vor dem Outing zu gewähren. Er wollte nicht daran denken, was Modibo tun und sagen würde. Er konnte auch gar nicht abschätzen, wie sein Freund reagieren würde. Alles war möglich und das Schlimmste wahrscheinlich. Er seufzte, als er in der U-Bahn stand. Die Luft im Wagon war zum Schneiden dick, er konnte kaum atmen. Als er merkte, dass ein junger Bursche in Muskelshirt und Basecap sein Schnaufen beobachtete, riss er sich zusammen. Nach wenigen Minuten verließen sie die Metro. Im Café war die Luft ebenso stickig wie in der Bahn, doch Lachen und Musik dröhnte ihnen entgegen. Sie gesellten sich zu ihren Landsleuten. Als Adama einen Blick durch das Fenster warf, bemerkte er den jungen Mann erneut, der im Vorübergehen die Leuchtreklame des Cafés betrachtete. Adama zuckte die Achseln und bestellte sich ein Bier. Er vermied es, zur Wanduhr zu
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