Adelshochzeit 2
dann so …“ „Mark, geh bitte nach Hause“, riet Jason ihm mit sanfter Stimme.
Mark bemerkte ein gefährliches Glitzern in Jasons Augen und zuckte die Achseln. Er wusste aus Erfahrung, wann es am vernünftigsten war, seinen Bruder in Ruhe zu lassen. Also schlenderte er leise pfeifend zur Tür.
Jason lehnte den Kopf zurück und blickte finster zur Decke. Sein untrüglicher Spürsinn hatte seinen Bruder schon richtig darauf gebracht, dass eine Frau der Grund für seinen Aufruhr sein musste. Nur irrte er sich, was deren Identität anging.
Helen Marlowe war ganz unerwartet wieder in sein Leben getreten, und er konnte sie nicht aus seinen Gedanken verbannen. Er wünschte, dass er ihre Bekanntschaft früher erneuert hätte – was kein Problem für ihn gewesen wäre, weil er ihr bis vor ein paar Jahren oft auf gesellschaftlichen Zusammenkünften begegnet war. Nichts wäre natürlicher gewesen, als sich zu ihr zu begeben und sie zu fragen, wie es ihr ging. Aber der Streit mit George hatte einen Keil zwischen sie getrieben, da war Helen noch ein Schulmädchen gewesen. Als sie später als junge Witwe wieder in die Stadt kam und bei ihrem Vater gelebt hatte, schien zu viel Zeit vergangen zu sein, um die Bekanntschaft aufzufrischen, und so waren sie jetzt kaum mehr als Fremde.
Es waren mehr als zehn Jahre vergangen, seit seinem Zerwürfnis mit George Kingston. Doch von dem Augenblick an, als sie ihm die Tür von Westlea House geöffnet und versucht hatte, sich dahinter zu verstecken, war Jason seiner Ruhe beraubt. Er befand sich in einem Zustand, den er nicht gewöhnt war und den er nicht besonders begrüßte.
Und dennoch ließ er sich ständig Ausreden einfallen, um sie wiederzusehen. Der Wunsch danach war nicht allein uneigennütziger Natur, und genau das quälte ihn. Er wollte Helens Lebensumstände verbessern, aber er begehrte sie auch, und sie wusste es.
Jason lächelte selbstvergessen, als er daran dachte, wie sie sich schützend vor ihn gestellt hatte, als der Händler angriffslustig geworden war. Nie gekannte Gefühle der Zärtlichkeit hatten ihn erfüllt, so liebenswert war sie gewesen in ihrer Entschlossenheit, für ihn zu kämpfen. Außerdem hatte er keine geringe Erleichterung empfunden, denn sie hatte ihm dadurch gezeigt, dass sie nicht völlig gegen ihn eingestellt sein konnte. Sie war ihm ohne eigene Schuld verpflichtet und wusste, dass sie ihm dadurch ausgeliefert war. In der kurzen Zeit seit ihrer Wiederbegegnung hatte sie Verstand, Mut und Würde bewiesen. Ihrem selbstsüchtigen Bruder gegenüber legte sie mehr Loyalität an den Tag, als George je wiedergutmachen konnte. Doch zu Jasons Unmut änderte die Tatsache, dass Helen die besten Qualitäten besaß, nichts an seinem Verlangen nach ihr.
Er hatte eine völlig zufriedenstellende Mätresse. Warum sollte er sich die Mühe machen, eine wohlerzogene Dame zu verführen, die ihn für einen Wüstling hielt und ihm keine anständige Regung zutraute? Und noch etwas störte ihn. Jason wusste, dass er George Kingston erlaubte, ihn zu manipulieren, aber er konnte nichts dagegen tun. George wollte natürlich, dass jemand die Kosten für den Lebensunterhalt seiner Schwestern übernahm – ob nun Jason oder jemand anders, spielte dabei keine Rolle –, und er erreichte sein Ziel mit größter Leichtigkeit. Jason trug keine Verantwortung dafür, dass die Speisekammer in Westlea House gefüllt war und die Bewohner des Hauses nicht frieren mussten, und doch hatte er die Aufgabe auf sich genommen – genau wie George es erwartete. Der Schurke hatte darauf spekuliert, dass ein Treffen zwischen Jason und Helen ihm große Gewinne bringen würde, und er hatte recht behalten. Nun schwelgte George im Bewusstsein seines Sieges und forderte Jason unverhohlen heraus, zwischen Stolz und Begehren zu wählen.
Er würde nicht umhinkommen, eine Entscheidung zu treffen, bevor der Klatsch begann. Helen und ihre Schwester aus dem Haus zu werfen kam nicht infrage, aber er musste damit rechnen, dass schon bald allgemein bekannt wurde, dass Westlea House ihm gehörte. Die naheliegende Lösung war, eine wie auch immer geartete Position für Helen in seinem Leben zu finden.
Gattin oder Geliebte? George Kingston wäre das eine genauso recht wie das andere. Wenn ich sie zu meiner Mätresse mache, hätte die feine Gesellschaft Anlass, ein, zwei Wochen lang über sie zu klatschen, dachte Jason. Aber der ton wird sie nicht aus seinen Kreisen verbannen . Helens Ruf war durch ihren
Weitere Kostenlose Bücher