Adieu, Sir Merivel
immer tat –, um mich zu begrüßen. Doch in seinem Gesicht las ich sofort eine große Ängstlichkeit, und als ich aus der Kutsche stieg, kam er auf mich zu, nahm meine beiden Hände in seine, und in seinen Augen schimmerten Tränen.
»Will«, sagte ich, »was ist geschehen?«
»Ach, Sir Robert«, sagte Will, »ich wage kaum, es zu sagen. Es ist Miss Margaret, Sir. Sie ist sehr krank. Und niemand weiß Rat.«
Keine Nachricht hätte schrecklicher sein können als diese – nur die Nachricht von Margarets Tod. Steif von der Reise, merkte ich, wie ich schwankte und beinahe niedergesunken wäre, wo ich gerade stand, vor meiner eigenen Haustür. Will, krumm wie er war, konnte mich halten und half mir ins Haus, wo ich auf einer hölzernen Truhe in der Halle zusammenbrach.
»Wo ist denn Margaret?«, konnte ich gerade noch fragen. »Ist sie nicht weit weg in Cornwall?«
»Nein, Sir. Sir James und seine Familie konnten gar nicht nach Cornwall fahren. Miss Margaret wurde am Vorabendihres Aufbruchs krank. Sie war nicht in der Lage zu reisen. Sie pflegen sie in Shottesbrooke und hoffen und beten …«
»Welche Krankheit ist es denn, Will?«
»Alles, was ich weiß, ist, dass sie das Bett schon seit mehr als dreißig Tagen hütet. Und es gibt keine Zeichen der Besserung. Ich habe Tabitha hingeschickt, damit sie bei der Pflege hilft. Wir hätten sie sehr gern hier auf Bidnold gepflegt, Sir Robert, aber Lady Prideaux hielt es für das Beste, sie nicht auf die Reise zu schicken. Und so wusste ich nicht, was ich sonst noch hätte tun können …«
Ich saß zusammengesunken auf der Truhe, Will stand über mich gebeugt, und ich konnte seinen gepressten Atem hören und sehen, wie er seine knotigen alten Hände in Verzweiflung rang. Und dann bemerkte ich, dass Cattlebury und einige andere Dienstboten in die Halle gekommen waren und schweigend um mich herumstanden.
»Wir sind sehr traurig, Sir Robert«, hörte ich Cattlebury sagen. »Ich habe verschiedene Brühen mit auserlesensten Markknochen gekocht und sie persönlich nach Shottesbrooke gebracht. ›Deine Brühen, Cattlebury, halten Margaret am Leben, denn sie mag nichts anderes zu sich nehmen …‹, sagt Lady Prideaux.«
»Dank dir, guter Mann«, sagte ich. »Das ist sehr aufmerksam.«
Ich blickte mich um, sah meinen versammelten Haushalt, die stummen Gesichter, die mich alle mit großem Mitgefühl anschauten, und diese Treue, für die ich eine große Dankbarkeit empfand, half mir, mich zu sammeln. Ich erhob mich ohne Wills Hilfe und verkündete: »Ich werde unverzüglich nach Shottesbrooke fahren. Bring mir einen Becher Alicante, Will. Lass den Wein ein wenig mit Nelken und Zimt köcheln, damit er mich wärmt. Ich werde ihn in der Bibliothek trinken. Dann werde ich aufbrechen.«
»Ihr solltet auch etwas zu essen mitnehmen, Sir Robert.«
»Ich habe keinen Appetit.«
»Ich bringe Euch etwas Brühe«, sagte Cattlebury. »Die wird Euch beleben.«
Ich dankte Cattlebury und den anderen Dienstboten für ihr Mitgefühl und ging langsamen Schritts in die Bibliothek, wo zu meiner großen Freude ein Feuer brannte.
Will half mir in einen Sessel. Als er mir meinen Umhang abnahm und die neuen Bänder entdeckte, die in die Rocksäume eingenäht waren, konnte er nicht anders als zu fragen: »Was sind das für seltsame Verzierungen, Sir? Solcherlei ist mir noch nie begegnet.«
»Mir auch nicht, Will«, sagte ich, »bevor ich nach Versailles kam. »Und kostspielig waren sie, doch ein sehr großes Glück haben sie mir gebracht. Aber das zählt jetzt alles nicht. Wird meine Tochter sterben?«
Will machte großes Aufhebens um meinen Reiserock, den er umständlich faltete und über seinen Arm legte und immer wieder glatt strich, bis es nichts mehr zu glätten gab.
»Ich weiß es nicht, Sir Robert«, sagte er.
Es war späte Nacht, als ich in Shottesbrooke Hall ankam.
Sir James und seine Gemahlin kamen in ihren Nachtgewändern herunter, begrüßten mich und wiesen einen Dienstboten an, mir ein Bett herzurichten. Dann schlang Arabella Prideaux die Arme um meinen Nacken und weinte.
»Es ist unsere Schuld, Merivel!«, schluchzte sie. »Wir besorgten von Lowestoft einige gekochte Garnelen, um Margaret einen Vorgeschmack auf das Essen in Cornwall zu geben. Sie mochte sie nicht, aber Mary und Penelope drängten sie, trotzdem noch welche zu kosten … Und in der Nacht wurde sie sehr krank, erbrach alles, was sie gegessen hatte, es folgten hohes Fieber und starke Kopfschmerzen, und der Magen
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