Adler schießen nicht
Scotch.
»Ich möchte nicht sagen, daß ich mit ganz leeren Händen aus Makao zurückgekommen bin. Ich habe einen Auftrag, der zwanzigtausend Dollar bringt.
US-Dollar.«
Ihre Augen wurden eine Idee
größer. »Jetzt redest du endlich vernünftig. Schieß los !«
»Es ist reiner Selbstmord .« Ich berichtete kurz von Carmen Diaz und ihrem Problem.
Als ich zu Ende gesprochen
hatte, schüttelte sie den Kopf. »Was ist denn daran Selbstmord ?«
»Du kennst Mao nicht«, erklärte
ich ihr. »Sein Palast ist von einer drei Meter hohen Steinmauer umgeben.
Außerdem hat er eine Privatarmee von Killern, die ihr Handwerk verstehen. Man
hat keine Chance hineinzukommen, von Herauskommen gar nicht erst zu reden .«
»Dein Fehler ist, daß du es
noch nicht richtig durchdacht hast, Andy«, tadelte sie nachsichtig. »Aber jetzt
hast du ja mich zur Hilfe«, setzte sie großzügig hinzu.
»Was braucht der Mensch noch
mehr ?« murmelte ich.
»Jeder Mensch hat Schwächen.
Maos Schwäche herauszufinden ist unsere Aufgabe. Also, wo könnten wir einhaken ?«
»Er hat keine Schwächen .«
»Du willst sagen, du kennst sie
nicht .« Sie hob die Stimme: »Charlie !«
Charlie trat ins Zimmer. »Ja,
Miss ?« fragte er, und seine Augen wurden tellergroß.
»Du kennst doch Mao, den
Millionär ?«
Charlie grinste. »Jeder in
Hongkong kennt Mao. Er sehr reich, reichster Mann der Kolonie.«
»Kennst du seine Schwächen ?« erkundigte sie sich. »Ich meine seine Leidenschaften. Was
mag er am liebsten ?«
Charlies Grinsen wurde breiter,
ein sicheres Zeichen, daß ihm etwas peinlich war.
»Du brauchst kein Blatt vor den
Mund zu nehmen, Charlie«, versicherte ich. »Miss Donovan ist keine Dame .«
»Erinnere mich bitte, daß ich
das gelegentlich zurückweise«, meinte Tess. »Also, Charlie?«
»Frauen«, knirschte Charlie
verlegen. »Er liebt Frauen... Mädchen, am liebsten er haben weiße .«
»Danke, Charlie«, sagte Tess.
Er nickte und verschwand eilig
in der Küche.
»Weshalb er nur immer diesen
stieren Blick kriegt, wenn er mich ansieht«, wunderte sich Tess laut. »Bei dir
kenne ich den Grund ja, aber bei Charlie ?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein,
nein, das ist es nicht. Charlie ist zwar westlich orientiert, aber nur nach
außen hin. Im Grunde denkt er noch genauso wie seine Landsleute, das heißt wie
die unverbildeten Chinesen. Er glaubt immer noch fest daran, daß wir Weiße in
Wirklichkeit auch gelb sind und Gesicht und Hände nur so oft waschen, bis sie
weiß werden. Wenn er nun jemand sieht, der überall hell ist, fasziniert ihn das
natürlich .«
Tess wurde unwillig. »Was soll
das heißen: überall? Ich habe doch schließlich was an, oder ?«
»Tatsächlich ?« fragte ich beiläufig. »Ist mir noch gar nicht aufgefallen .«
»Vielleicht sollten wir lieber
wieder vom Geschäft reden«, sagte sie eisig. »Hast du gesehen? Ein paar Worte
von Charlie, und der Auftrag ist absolut nicht mehr so
hoffnungslos. Mao liebt weiße Mädchen. Damit kann ich dienen. Wenn er ein
bißchen Geschmack hat, bin ich schon so gut wie drin in seinem Palast .«
»Sicher, hinein kommst du,
aber, wie ich schon sagte, das Herauskommen könnte
dir schwerfallen .«
»Aber es ist einen Versuch
wert«, erklärte Tess energisch. »Wir müssen es probieren .«
»Wer, wir?«
»Du bist unmöglich«, schnauzte
sie mich an. »Wenn du Angst hast, werde ich eben...«
Der Türsummer unterbrach ihren
Monolog. Ich hörte, wie Charlie die Haustür öffnete.
Ein paar Sekunden später kam er
ins Wohnzimmer. »Boss, es möchte Sie jemand sprechen .«
»Wer?«
»Ein großer Fetter mit Bart und
einer Dame.«
»Wie sieht die Dame aus ?«
»Wie Miss Tess«, antwortete er.
»Nur rote Haare.«
»Hört sich interessant an«,
meinte ich. »Bring sie herein .«
Der Bursche war groß und
kräftig. Mit seinem dichten schwarzen Haar und dem Kinnbart sah er aus wie ein
Spion. Das Monokel, das er sich ins rechte Auge geklemmt hatte, unterstrich
diesen Eindruck bis zur Lächerlichkeit.
Das Mädchen war rothaarig, wie
Charlie so richtig bemerkt hatte. Der Rest aber — tja, Charlie blieb eben, was
Frauen anlangt, ein Banause. Sie hatte den blassen Teint der Rothaarigen, aufregende Figur — mit einem Wort, sie übertraf meine
kühnsten Träume.
»Bitte entschuldigen Sie die
Störung«, begann der Bursche mit öliger Stimme. »Aber unsere Angelegenheit ist
äußerst dringend .«
»Bitte sehr«, sagte ich und
winkte in die Richtung, in der Tess mit ausdruckslosem
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