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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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berechnenden Augen befindet. Er ist tatsächlich wie eine Gestalt in ihren Büchern, aber kein Held, sondern ein Gestaltwandler, ein Dämon, der weiß, dass er am leichtesten in die Seele normaler Menschen eindringen kann, wenn er als das erscheint, was sie sich am innigsten wünschen; wenn er sie glauben lässt, dass er sie so sieht, wie sie gesehen werden wollen. Auf diese Weise hatte er Linda in die Falle gelockt. Er brachte sie dazu, an ihre geheimsten Fantasien über sich selbst zu glauben, lange genug, bis sie sich ihm willig hingab, um dann die Maske fallen zu lassen.
    Die Schrecken jener Nacht haben sich Lindas Seele wie Narbengewebe eingeprägt. Binnen weniger Minuten begriff sie, auf was sie sich eingelassen hatte, und irgendetwas in ihrem Innern verdorrte für alle Zeit. Es geschah in diesem Zimmer, einem höhlenartigen Raum in den Tiefen der Magnolia Queen . Es ist eines von nur zwei Zimmern auf dem Casinoschiff, in denen es keine Sicherheitskameras gibt. Linda arbeitet oben in der Bar namens The Devil’s Punchbowl, die »Schüssel des Teufels«, aber die Frauen auf der Queen bezeichnen dieses verbotene Zimmer als die wahre Teufelsschüssel. Denn hier kümmert sich der Dämon um alle Geschäfte, die vom Tageslicht verschont werden müssen. Hierher bringt er Kartenzähler und andere Unruhestifter, um sie auf den Stuhl zu schnallen, der in der Mitte des Zimmers am Boden festgeschraubt ist. Hierher bringt er die Frauen, die das Gleiche ertragen müssen wie Linda in jener Nacht, als die Maske gefallen war.
    Nachdem er sich davongemacht hatte und Linda sich wieder zurechtmachte, so gut es ging, schwor sie sich, das Schiff zu verlassen. Aber sie hatte nie den Mut aufgebracht. Zum Teil lag es natürlich am Geld und an der Versicherung. Hinzu aber kam die Fähigkeit des Geistes, sich selbst zu belügen. Eine vertraute Stimme flüsterte ihr ein, dass sie sich geirrt habe, dass sie einige jener Dinge, die er getan hatte, falsch verstanden habe. Dass sie im Grunde um diese Dinge gebeten habe – wenn nicht ausdrücklich, dann durch ihr Tun. Aber jeder neue Besuch des Dämons bestätigte ihren warnenden Instinkt, und ihre Furcht war gewachsen. Sie wollte unbedingt aufhören, wollte runter von der Queen und aus der Stadt flüchten, aber sie tat es nicht. Der Dämon schien eine seltsame Macht über sie zu haben – nein, er besaß diese Macht wirklich –, weshalb Linda Angst hatte, jemandem ihre schreckliche Lage anzuvertrauen. In Augenblicken der Klarheit geriet sie deshalb außer sich. Das war ein Fall schlimmster sexueller Belästigung. Natürlich könnte er dagegenhalten, dass die Beziehung einvernehmlich gewesen sei. Sie war ihm – scheinbar begeistert – sexuell gefügig gewesen, und abgesehen von seinem Büro und diesem Zimmer wird jeder Zoll des Casinos von Überwachungskameras abgedeckt, sogar die Toiletten, obwohl das gesetzlich verboten war.
    Linda hat darüber nachgedacht, ob sie ein paar von den anderen Mädchen, mit denen er es treibt, bitten soll, zusammen mit ihr einen Anwalt aufzusuchen. Aber das wäre noch riskanter, als ihr ganzes Geld auf einen der Spieltische auf dem Oberdeck zu legen. Die Gewissheit, dass der Mann, der nun in ihr ist, das Gleiche mit diesen vielen anderen Frauen getan hat, lässt Linda schaudern, doch sie schreit nicht auf und versucht nicht, ihn wegzustoßen. Zwar würde die Heldin in einem ihrer Romane so handeln und ihm im »Augenblick der größten Leidenschaft« eine Hutnadel oder einen Dolch in den Rücken stechen, aber das wirkliche Leben ist anders. Im wirklichen Leben kommt dieser Augenblick und verstreicht, und wenn der Kerl sich dann von ihr rollt, hat Linda das Gefühl, dass ihre Seele mitsamt den blutigen Wurzeln herausgerissen wurde und nur noch eine leere Hülle von ihr übrig ist.
    In diesem Zustand war Linda gewesen, als ihr wahrer Prinz auf der Bühne ihres Lebens erschien. Er ritt nicht auf einem weißen Ross und trug kein Wams und kein Zauberergewand, sondern die Uniform eines Blackjack-Dealers. Seine Augen waren ganz anders gewesen als die, die jetzt über ihr lodern; sie waren sanft, gütig und unendlich verständnisvoll gewesen. Irgendwie hatte sie geahnt, dass er ihre Qual durchschaute, bevor er sie ansprach. Allerdings kannte er die Einzelheiten nicht; dann wäre er ein toter Mann gewesen, denn er ist dem Gestaltwandler nicht gewachsen. Außerdem ist er zu gut für seine Arbeit – und auch zu gut für Linda. Doch dieser Meinung schließt er sich nicht

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