Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
Vom Netzwerk:
marschiert ein Patient nach dem anderen in seine Praxis und beantwortet
ein paar oberflächliche Fragen, bevor Fenwick ihm ein Rezept ausschreibt und 140 Pfund berechnet. Wenn sie über Symptome sprechen wollen, will er über Medikamente reden. Und wenn sie über Nebenwirkungen klagen, setzt er die Dosis herunter.
    Das Seltsame ist, dass seine Patienten ihn lieben. Sie kommen, weil sie Medikamente wollen , welche, ist ihnen egal. Je mehr Tabletten, desto besser. Vielleicht denken sie, dass sie so einen Gegenwert für ihr Geld kriegen.
    Menschen zuzuhören, gilt heutzutage als altmodisch. Auch meine Patienten erwarten, dass ich eine Zauberpille zücke, die alles heilt. Wenn ich ihnen erkläre, dass ich bloß reden will, wirken sie enttäuscht.
    »Morgen, Margaret. Freut mich, dass Sie es schaffen konnten. «
    Sie hebt die Boje hoch.
    »Über welche Brücke sind sie gekommen?«
    »Über die Putney Bridge.«
    »Das ist eine gute solide Brücke. Steht schon seit Jahren.«
    Sie leidet an Gephyrophobie – der Angst, Brücken zu überqueren. Zu allem Überfluss wohnt sie am Südufer des Flusses und muss jeden Tag die Themse überqueren, um ihre Kinder zur Schule zu bringen. Sie trägt eine Rettungsboje für den Fall, dass die Brücke einstürzt oder von einer Flutwelle weggerissen wird. Ich weiß, dass das irrational klingt, aber so funktionieren einfache Phobien.
    »Ich hätte in die Sahara ziehen sollen«, sagt sie, nur halb im Scherz.
    Ich erzähle ihr von Eremikophobie, der Angst vor Sand oder Wüsten. Sie glaubt, ich denke mir das nur aus.
    Vor drei Monaten ist Margaret mitten auf einer Brücke in Panik geraten, als sie ihre Kinder zur Schule brachte. Erst nach einer Stunde hat irgendeiner etwas gemerkt. Die Kinder hielten noch immer ihre Hände gefasst und weinten. Sie war vor Angst
erstarrt, unfähig zu sprechen oder auch nur zu nicken. Passanten dachten, dass sie ein »Springer« sein könnte, während Margaret in Wahrheit die Brücke mit schierer Willenskraft aufrecht gehalten hat.
    Seither haben wir viel gearbeitet und versucht, den Gedankenzirkel zu durchbrechen, der ihre irrationale Angst begleitet.
    »Was wird Ihrer Meinung nach passieren, wenn Sie die Brücke überqueren?«
    »Sie wird einstürzen.«
    »Warum sollte sie einstürzen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Woraus ist die Brücke gebaut?«
    »Stahl, Nieten und Beton.«
    »Wie lange steht die Brücke schon?«
    »Seit vielen Jahren.«
    »Ist sie je eingestürzt?«
    »Nein.«
    Jede Sitzung dauert fünfzig Minuten, und ich habe zehn Minuten Zeit, mir Notizen zu machen, bevor mein nächster Patient eintrifft. Meena, meine Sekretärin, ist wie eine Atomuhr, akkurat bis auf die Sekunde.
    »Ein verlorene Minute ist für immer verloren«, sagt sie und tippt auf die Uhr, die sie sich an die Brust geheftet hat.
    Sie ist indischer Abstammung, aber englischer als Erdbeeren mit Sahne. Sie trägt knielange Röcke, praktische Schuhe und Strickjacken und erinnert mich an Mädchen aus meiner Schulzeit, die süchtig nach Jane-Austen-Romanen waren und ständig davon träumten, ihren Mr. Darcy zu treffen.
    Leider werde ich sie bald verlieren. Sie macht sich mit ihren Katzen auf, um in Bath eine Bed & Breakfast-Pension zu eröffnen. Ich kann es mir genau vorstellen – Spitzendeckchen unter jeder Vase und die Toasthalter in Reih und Glied neben den Drei-Minuten-Eiern.
    Meena organisiert die Bewerbungsgespräche für eine neue
Sekretärin. Sie hat die Zahl der Kandidatinnen auf eine kurze Liste reduziert, aber ich weiß, dass mir die Entscheidung trotzdem schwer fallen wird. Ich hoffe immer noch, dass sie ihre Meinung ändert. Wenn ich nur schnurren könnte.
    Am Nachmittag werfe ich einen Blick ins Wartezimmer. »Wo ist Bobby?«
    »Er ist noch nicht da.«
    »Hat er angerufen?«
    »Nein.« Sie versucht, meinem Blick auszuweichen.
    »Können Sie versuchen, ihn zu erreichen? Es ist jetzt zwei Wochen her.«
    Ich weiß, dass sie den Anruf nicht machen will. Sie mag Bobby nicht. Anfangs dachte ich, es läge daran, dass er Termine versäumt, aber es ist mehr als das. Er macht sie nervös. Vielleicht ist es seine Größe oder seine schlechte Frisur oder seine Reizbarkeit. Sie kennt ihn eigentlich gar nicht. Aber wer kennt ihn schon?
    Beinahe wie aufs Stichwort taucht er mit seinem seltsam trippelnden Gang und einem besorgten Gesichtsausdruck in der Tür auf. Er ist groß und übergewichtig mit flachsfarbenem Haar und einer Brille mit Stahlfassung. Sein riesiger Pudding von einem

Weitere Kostenlose Bücher