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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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ausgeht?«
    »Dass mich ein Monster kriegen würde.«
    »Hast du dieses Monster je gesehen?«
    »Nein. Mum sagt, es gibt keine Monster.«
    »Sie hat Recht. Es gibt wirklich keine Monster. Woher ist dein Monster also gekommen?«
    »Von hier oben.« Ich tippte mir an die Stirn.
    »Genau. Ich habe auch ein Monster. Ich weiß, dass es dieses Monster angeblich gar nicht gibt, aber es geht nicht weg.«
    »Wie sieht dein Monster aus?«
    »Es ist über drei Meter groß und hat ein Schwert. Wenn ich versuche, das Haus zu verlassen, schlägt es mir den Kopf ab.«
    »Denkst du dir das aus?«
    Sie lachte und versuchte, mich zu kitzeln, doch ich schob ihre Hände weg. Ich wollte eine ehrliche Antwort.
    Sie wurde der Unterhaltung überdrüssig, kniff die Augen fest zu und steckte ein paar lose weiße Strähnen in ihren festen Dutt. »Hast du je einen dieser Horrorfilme gesehen, in denen der Held fliehen will und der Wagen springt nicht an? Er dreht den Zündschlüssel und tritt aufs Gaspedal, doch der Motor hustet nur und säuft ab. Und man sieht den Schurken schon kommen. Er hat eine Pistole oder ein Messer. Und man will schreien: ›Mach, dass du weg kommst! Los! Er kommt immer näher!‹«

    Ich nickte mit großen Augen. »Na, stell dir diese Angst vor«, sagte sie, »multipliziere sie mit hundert, und dann weißt du, wie ich mich fühle, wenn ich nur daran denke, rauszugehen.«
    Sie stand auf und verließ das Zimmer. Die Diskussion war beendet. Ich habe das Thema nie wieder zur Sprache gebracht. Ich wollte sie nicht traurig machen.
    Ich weiß nicht, wovon sie gelebt hat. Es trafen regelmäßig Schecks aus einer Anwaltskanzlei ein, doch Gracie stellte sie auf den Kaminsims, wo sie sie täglich anstarren konnte, bis sie abgelaufen waren. Ich vermute, dass sie Teil ihrer Erbschaft waren, doch sie wollte nichts mit dem Geld ihrer Familie zu tun haben. Den Grund kannte ich nicht – noch nicht.
    Sie arbeitete als Näherin – sie nähte Brautkleider und Brautjungfernkleider. Häufig war das Wohnzimmer mit Seide und Organza dekoriert und eine zukünftige Braut stand auf einem Hocker vor Gracie, die eine Reihe Stecknadeln im Mund hatte. Es war kein Ort für kleine Jungen – es sei denn, sie wollten als Modell Kleider anprobieren.
    Die Zimmer im ersten Stock waren voll gestopft mit dem, was Gracie ihr »Sammelsurium« nannte. Damit meinte sie Bücher, Modezeitschriften, Stoffballen, Garnspulen, Hutschachteln, Säcke voller Wolle, Fotoalben, Stoffspielzeug und eine Fundgrube unerschlossener Schachteln und Truhen.
    Die meisten Stücke ihres »Sammelsuriums« waren gebraucht oder per Postversand bestellt. Die Kataloge lagen stets aufgeschlagen auf dem Couchtisch, und jeden Tag brachte der Postbote etwas Neues.
    Gracies Weltsicht war verständlicherweise ziemlich begrenzt. Die Fernsehnachrichten und aktuellen Sendungen schienen Konflikte und Leiden mit einem Vergrößerungsglas zu betrachten. Sie sah kämpfende Menschen, sterbende Natur, fallende Bomben und verhungernde Länder. Und auch wenn das nicht die Gründe für ihre Flucht vor der Welt waren, so stellte das alles keinerlei Anreiz dar, dorthin zurückzukehren.

    »Es macht mir schon Angst, wenn ich nur sehe, wie klein du noch bist«, erklärte sie mir. »Dies sind keine guten Zeiten, um Kind zu sein.« Sie blickte aus dem Erkerfenster und schüttelte sich, als könnte sie ein schreckliches Schicksal sehen, das dort draußen auf mich wartete. Ich sah bloß einen überwucherten und ungepflegten Garten, in dem weiße Schmetterlinge zwischen den knorrigen Ästen der Apfelbäume hin und her flatterten.
    »Willst du nie rausgehen?«, fragte ich sie. »Willst du nie die Sterne betrachten oder am Flussufer entlanggehen und die Gärten bewundern?«
    »Ich habe vor langer Zeit aufgehört, darüber nachzudenken. «
    »Was vermisst du am meisten?«
    »Nichts.«
    »Irgendwas muss es doch geben.«
    Sie überlegte einen Moment. »Ich habe den Herbst geliebt, wenn die Blätter sich verfärben und abfallen. Wir sind immer in die Kew Gardens gegangen, und ich bin über die Wege gerannt, habe mit den Füßen die Blätter aufgewirbelt und versucht, sie zu fangen. Die zusammengerollten Blätter segelten von einer Seite zur anderen wie winzige Boote in der Luft, bis sie in meinen Händen gelandet sind.«
    »Ich könnte dir die Augen verbinden«, schlug ich vor.
    » Nein.«
    »Und wenn ich einen Karton über deinen Kopf stülpe. Du könntest so tun, als wärst du drinnen.«
    »Lieber nicht.«
    »Ich

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